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Wege zum eigenem Grün Wege zum eigenem Grün: Kleingärten, Grabeland oder «Selbsternte»

Von Helga Daberkow 08.08.2003, 17:14
Selbst geschaffenes Paradies - ein Kleingarten dient der Erholung und ermöglicht Stadtkindern den Kontakt mit der Natur. (Foto: dpa/BDG)
Selbst geschaffenes Paradies - ein Kleingarten dient der Erholung und ermöglicht Stadtkindern den Kontakt mit der Natur. (Foto: dpa/BDG) BDG

Bonn/dpa. - Im Sonnenschein in der Hängematte liegen, den Duft von Rosen und Lavendel schnuppern, ein paar Beeren naschen - das ist Gartenglück. Rund die Hälfte aller Bundesbürger hat nach Angaben des Bundesministerium für Verbraucherschutz in Bonn Zugang zu einem Garten. Aber was ist mit all den anderen? Bleibt der Wunsch nach dem eigenen Grün für sie ein unerfüllbarer Traum?

Das muss nicht sein. Zum privaten Grün gibt es viele Alternativen. Kleingärten sind eine davon. Rund 1,3 Millionen dieser Gärten sind bundesweit im Angebot. Die früher lange Liste der Interessenten ist auf ein verträgliches Maß geschrumpft. Meist geht heute nach ein bis zwei Jahren Wartezeit der Wunsch nach einem Gärtchen in Erfüllung. Grundsätzlich sollen Familien mit Kindern unter zwölf Jahren Vorrang bekommen, hat die Bundesorganisation der Kleingärtner, der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde in Berlin seinen Mitgliedern vorgegeben.

Aber auch wer nicht in diese Gruppe fällt, hat gute Chancen. Oft hilft ein Gespräch mit dem Kleingartenverein in unmittelbarer Nähe. Klappt es dort nicht, hilft der Stadtverband der Kleingärtner weiter, der einen guten Überblick über das Geschehen in seinen Vereinen hat. Es gibt ihn in fast jeder größeren deutschen Stadt.

Die laufenden Kosten für den Kleingarten sind auch für schmalere Geldbeutel erschwinglich. Je nach Region müssen 50 bis 250 Euro pro Jahr für Pachtzinsen, Vereinsbeitrag und Versicherungskosten aufgebracht werden. Hinzu kommen die einmaligen Kosten für die Übernahme des Gartens. Im Regelfall verlangt der vorherige Besitzer eine angemessene Entschädigung für Ausstattungen wie Laube oder Gehölze. Mindestens 2000 Euro sollten dafür einkalkuliert werden. Glücklicherweise sind Kleingärten im Regelfall Daueranlagen und im Flächennutzungsplan der Gemeinde festgeschrieben. So darf man sicher sein, dass sich die Investitionen bei Übernahme oder Neuausstattung des Gartens auf Dauer auszahlt.

Für denjenigen, der keine geeignete Kleingartenparzelle für sich findet, können Mietergärten eine Alternative sein. Zwar gibt es sie noch relativ selten, aber die Fläche dafür ist fast immer vorhanden. «Abstandsgrün», so genannt nach den vorgeschriebenen Abständen zwischen den einzelnen Baublocks, umgibt nahezu alle nach dem 2. Weltkrieg entstandenen Wohnhaussiedlungen. Rasenflächen, ein paar Bäume, Teppichklopfstange und Sandkiste gehören zur Ausstattung des meist wenig geschätzten und kaum genutzten Grüns.

Dass es auch anders geht, machen Siedlungen beispielsweise in Kassel, Hannover oder Berlin deutlich. Dort stehen Teile des Abstandsgrüns den Mietern als Gärten zur Verfügung. Meist lehnen sich diese Gärten direkt an die Häuser an, vor allem dann, wenn die Parterrewohnungen direkten Zugang zu ihnen haben. Die Gärten können sich aber auch auf den Teil der Grünflächen konzentrieren, der von der Besonnung und Zugänglichkeit her besonders geeignet erscheint.

Die Bundesgartenschau Düsseldorf 1987 hatte sich des Themas angenommen. Ihre Muster-Mietergärten mit je 60 Quadratmetern waren damals im Handumdrehen vergeben und werden bis heute intensiv genutzt. Ein kleiner Sitzplatz, von einer Pergola überspannt, gehört zu den Gärtchen. Gepflanzt werden Obst, Gemüse, Sommerblumen und Blütenstauden. So oder so ähnlich ließen sich viele kleine Paradiese um Mietshäuser herum anlegen, sofern nur jemand die Initiative dazu ergreift. Mit Mut, Überzeugungskraft und ein paar Gleichgesinnten unter den Mitmietern lässt sich beim Vermieter viel erreichen.

Stößt man mit dem Wunsch nach Mietergärten auf Granit, kann Grabeland die Sehnsucht nach eigenem Grün stillen. Im Gegensatz zum Kleingarten besteht für Grabeland kein Bestandsschutz. Oft sind es Flächen, die später bebaut werden sollen. Damit sie nicht brach liegen, vermieten oder verpachten sie Gemeinde oder privater Eigentümer oft gegen geringe Gebühr. Informationen darüber gibt es bei den Gemeinden. Der Besitzer eines unbewirtschafteten Grundstücks kann auch direkt gefragt werden. Schaden entsteht ihm aus der vorübergehenden Gartennutzung in keinem Fall.

Eine weitere Alternative, die ihren Ursprung in Österreich hat, wird seit einigen Jahren von der Universität Kassel, Fachgebiet Ökologischer Landbau, auf dem Gelände der Hessischen Staatsdomäne Frankenhausen praktiziert. «Selbsternte» ist das Stichwort, unter dem sie 80 Quadratmeter große Parzellen einen Sommer lang zum Preis von 140 Euro abgibt. Die Parzellen sind Ausschnitte aus einem Stück Land, das im Frühjahr bearbeitet und in langen Reihen mit 20 bis 25 verschiedenen Gemüsearten, mit Kräutern und Blumen bepflanzt wird. Auf jeder Parzelle wächst das komplette Programm heran.

Von Mitte Mai an übernehmen Familien, Gruppen, Einzelpersonen die vorbereiteten Parzellen. Von diesem Zeitpunkt an jäten, hacken und gießen sie in eigener Regie und ernten schließlich. Damit auch Unerfahrene zurecht kommen, gibt es fachkundige Beratung. Geräte und Gießwasser stehen gleichfalls zur Verfügung. Sind die frühen Gemüsearten abgeerntet, wird nachgesät und gepflanzt bis die Fläche Ende Oktober wieder an die Universität zurückgeht.

Neben jungen Familien sind es vor allem ältere Menschen, die das Angebot nutzen. Sie schätzen besonders, dass ihnen die schwere Bodenbearbeitung abgenommen wird. In Seminaren informiert die Uni über das Projekt und hat bereits einige Ökolandbau-Betriebe von der Idee überzeugt. Gartensüchtige freuen sich bereits in Essen, Singen und im bayerischen Werneck an frischem Gemüse aus «Selbsternte».