«Wacken Open Air 2007»: Heavy-Metall-Fans feiern ihre Kultur
Wacken/dpa. - Seit mehr als einer halben Generation bauen sie dort auf den abgeernteten Feldern eine Zeltstadt, um gemeinsam drei Tage lang musikalisch und kulturell in ihrer eigenen Welt zu leben. Zu dem «Wacken Open Air 2007» (WOA) werden mehr als 50 000 Besucher erwartet. Das Festival ist schon seit Wochen ausverkauft. Nicht-Kennern der Szene ist das Spektakel möglicherweise durch den Film «Full Metal Village» bekannt, der sich mit Dorf Wacken und dem WOA auseinandersetzt, und mit zahlreichen Preisen prämiert wurde.
Menschen, die mit den Beatles, Rolling Stones und The Who aufgewachsen sind, wenden sich vom Heavy Metal meist mit Grausen ab: Das sei keine Musik, sondern nur Gewalt verherrlichender Krach von langhaarigen Dilettanten im schwarzen Schlabber-Look, die mit dumpfen Melodien und kreischendem Gesang dem Satan huldigen und schwarze Messen feiern, lautet die vorherrschende Meinung. Dabei waren gerade Bands wie Beatles, Rolling Stones und The Who wichtig für die Entstehung des Heavy Metal, heißt es in einer Untersuchung der Frankfurter Johann Wolfgang Goethe-Universität: «Nicht die musikalische Ausrichtung dieser Musiker, sondern ihr damaliges «Image, sich von gesellschaftlichen Konventionen und Bevormundungen zu lösen».
Trotz der zum Teil äußerst aggressiv formulierten und Gewalt verherrlichenden Texte gilt das WOA Polizeiangaben zufolge als «zumeist ausgelassen und friedlich». Die Einsatzkräfte mussten seit den Anfängen des jährlichen Spektakels 1990 lediglich bei Streiterein und Schlägereien unter Betrunkenen eingreifen. Auch Wackens Dorfbewohner sind nach 16 Jahren Festival-Erfahrung von der Friedfertigkeit der kriegerisch anmutenden «Metaller» überzeugt. Streitereien oder handfeste Schlägereien liegen auf dem WOA deutlich unter dem «normalen» Zeltfest-Durchschnitt, so ihr Fazit.
Die musikalischen Wurzeln des Heavy Metal liegen im Hard-Rock Ende der 60er Jahre. Als eigentlicher Begründer des Metal gilt die Band «Black Sabbath». Sie entwickelte ab 1969 mit Elementen des Blues, des Jazz und der Klassik eine riffbetonte Art der Musik. Ihr auf Okkultismus basierendes Image beeinflusste den damals noch nicht erfundenen Musikstil «Heavy Metal» maßgeblich.
Während die Hippies mit ihrer Flower-Power-Bewegung an die «Macht der Liebe» glaubten, widmeten sich die Heavy-Metal-Musiker mehr den Schattenseiten menschlichen Lebens. Sie experimentierten nicht nur mit neuen Melodie-Gerüsten und Sound-Collagen, sondern auch mit der Spiel-Geschwindigkeit: Das so genannte Power Metal gilt auch heute noch als Heavy Metal in seiner ursprünglichsten Form.
Eine rohere, Variante dieser «High Speed»-Spielweise ist der Thrash Metal(to thrash = dreschen). Hier wurde besonders der Gesang so entfremdet, für ungeübte Ohren außer Grunzen und Röcheln kaum etwas zu hören war. In der 80er Jahren war die Geburtsstunde des Glam Metal. Deren Anhänger gaben sich mit Schminke und Haarspray eine besondere Note. In den 90er Jahren splitteten sich weitere Sub- Stile ab: Unter anderem Death Metal, Doom Metal, Folk Metal, Gothic Metal, Industrial Metal, Melodic Metal, Nu Metal, Progressive Metal, Stoner Metal, Grindcore und Metalcore - mit meist untereinander fließend Übergängen.
Zwei weitere Kategorien konnten nur über ihre Texte zugeordnet werden: Der White Metal und der Black Metal. Während der White Metal eher christliche Botschaften transportierte, waren die Texte im Black Metal satanisch gehalten. Heute denkt kaum ein Jugendlicher an Satanismus, wenn er seine Hand zum Hörnerzeichen grüßend empor reckt: Den Daumen und den kleinen Finger abgespreizt, wird der Rest der Hand zur Faust geballt. Selbst Pop-Sänger Bill Kaulitz von Gruppe «Tokio Hotel» zeigte sich schon in dieser «Satano»-Pose.
Festival-Informationen: www.wacken.com