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Vorstellungsgespräch Vorstellungsgespräch: Werbung in eigener Sache

Von Katlen Trautmann 01.07.2009, 11:28

Heidelberg/dpa. - Die Psychologin Prof. Monika Sieverding von der Universität Heidelberg empfiehlt Bewerbern ausdrücklich, über die eigenen Qualitäten zu reden. Fachliche Qualifikationen spielen nur eine untergeordnete Rolle, wenn man dem potenziellen Arbeitgeber Auge in Auge gegenüber sitzt, hat Monika Sieverding in einer Studie gezeigt. «Die Begeisterung für die Stelle und den Arbeitgeber muss rüber kommen», sagt die Psychologin. «Schon nach einer Viertelstunde entscheidet sich, ob man eine Chance bekommt.»

Das «Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten» sieht auch Cornelia Topf aus Augsburg als Basis des Erfolgs. Die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin berät seit mehr als 20 Jahren zu Karrierefragen. Sich glaubwürdig zu «verkaufen», ist für viele Bewerber die größte Hürde vor dem neuen Job. Besonders Frauen stellen durch unnötige Zurückhaltung oft ihr Licht unter den Scheffel, hat Monika Sieverding nachgewiesen. In Bescheidenheit auf Fragen nach den eigenen Qualitäten zu warten, führt aber zu nichts. «Die Interviewer fragen in der Regel nicht danach», sagt Sieverding.

Ein Gradmesser für Selbstsicherheit ist die Sprechzeit des Bewerbers: «Wer länger spricht und sich keine Nervosität anmerken lässt, gilt als selbstsicher», sagt die Psychologin. Sprachliche Nuancen und nonverbale Signale wiegen schwer: «Sagen Sie 'Ich kann das' statt 'Das habe ich schon gemacht'.» Ein Zeichen für Unsicherheit sind beispielsweise eine zusammengesunkene Haltung oder Nesteln an den Haaren.

Anbiedern verschafft kaum Vorteile. «Je opportunistischer ich mich verhalte, desto farbloser wirke ich und werde vergessen», erklärt Sieverding. Schließlich beschreibt sich jeder Kandidat als «teamfähig« oder «toll». Ein ausgefallenes Hobby bleibt eher im Gedächtnis. «Stehen Sie zu solchen Kanten», rät sie. «Aber reden Sie nicht ungefragt über Schwächen», warnt Cornelia Topf. Persönliche Probleme sind tabu.

Einstellungen wie «Ich arbeite lieber im Detail als am großen Wurf» kann man dagegen guten Gewissens einräumen. Bekenntnisse wie «Ich bin cholerisch» sind jedoch fehl am Platz. Fragen wie «Was tun Sie, wenn unsere Firma Sie ablehnt?» erfordern Diplomatie. Eine sinnvolle Antwort lautet «Ich würde mich noch einmal bei Ihrem Unternehmen bewerben».

Sicheres Auftreten lässt sich trainieren. Monika Sieverding rät, Freunden die Bewerbungsmappe zu zeigen und schwierige Situationen in gespielten Bewerbungsgesprächen zu üben, gern mit Videokamera. Die Bundesagentur für Arbeit bezahlt in Einzelfällen Bewerbertrainings. «Fragen Sie Ihren Berater», empfiehlt BA-Sprecher Lutz Eickemeier.

Gründliches Informieren über den möglichen Arbeitgeber ist ein Muss. «Hören Sie sich in privaten Netzwerken um, wo Sie Mitglied sind», rät Cornelia Topf. Zum Vermeiden unliebsamer Überraschungen empfehlen sich im Internet die anonyme Suche oder die Hilfe von Bekannten als Strohmännern. Denn das Risiko sei groß, dass Bewerber online denjenigen begegnen, denen sie später im Vorstellungsgespräch gegenübersitzen. «Sie können davon ausgehen, dass auch die Personalchefs im Internet unterwegs sind», sagt Cornelia Topf.

Von Recherchen aufs Geratewohl vor dem Werktor sei abzuraten. Man bekomme von den fremden Mitarbeitern kaum ungeschminkte Einblicke in den Firmenalltag, und einen guten Eindruck hinterlässt diese Variante der Informationsbeschaffung keinesfalls. Bewerbungsgespräche sind nichts anderes als Verkaufsgespräche. Den Preis nennt man am Schluss. Im Zweifel sollte die höhere Summe genannt werden.

Mit Absagen sollten Bewerber souverän umgehen, rät Monika Sieverding. «Vieles hängt von den Kandidaten ab, aber nicht alles. Es gibt viele Faktoren, die man nicht beeinflussen kann.»