Vorsorge und Betreuung Vorsorge und Betreuung: Wie kann man für den Ernstfall vorbeugen?

Halle (Saale) - Jeden kann es treffen: Nach einem Unfall oder bei einer plötzlich auftretenden Krankheit ist man nicht mehr in der Lage, selbst über sein Leben zu bestimmen. Wer regelt dann die persönlichen Angelegenheiten? Mit einer Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung kann man für diesen Ernstfall vorbeugen. Notare haben Fragen dazu beantwortet:
Warum eine notarielle Vollmacht Vorteile hat
Horst K., Köthen: Meine Frau und ich haben Formulare zu Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht aus dem Internet und beide darauf unterschrieben. Für zwei unserer vier Kinder haben wir die Vollmacht bereits ausgefüllt. Muss ich das für die beiden anderen auch noch oder können alle in eine Urkunde geschrieben werden?
Wenn Sie sicher gehen wollen, dass Ihre Vollmacht so gilt und ausgeübt wird, wie Sie es möchten, ist eine notarielle Beurkundung empfehlenswert. Beim Notar können Sie alle Bevollmächtigte in eine Urkunde schreiben und individuell regeln, wer von ihnen beispielsweise Hauptbevollmächtigter sein soll. Sie können die Kinder, die weiter weg wohnen, als Ersatzbevollmächtigte einsetzen. Zudem prüft der Notar, ob der Vollmachtgeber bei Unterschrift geschäftsfähig war.
Das ist wichtig, dass aus diesem Grund privatschriftliche Vollmachten oder Formulare aus dem Internet in einigen Fällen nicht anerkannt werden, zum Beispiel vom Grundbuchamt, vom Handelsregister oder auch von Banken. Wichtig in Ihrem Fall ist auch, dass der Notar durch seine Verwahrung der Originalurkunde die Möglichkeit hat, verlorene oder zerstörte Vollmachtsdokumente wiederherzustellen.
Jürgen K., Bad Kösen: Ich werde 72, bin geschieden und habe einen Sohn. Ich habe mir eine Mappe mit verschiedenen Formularen zugelegt. Muss ich die beglaubigen lassen oder reicht meine Unterschrift?
Grundsätzlich sagt der Gesetzgeber, dass eine Vollmacht oder Verfügung schriftlich abgefasst sein muss. Bei Vordrucken muss man immer aufpassen, dass das Kreuz an der richtigen Stelle gesetzt wird. Und wenn Sie nur auf der letzten Seite unterschreiben, könnte angezweifelt werden, ob die zweite Seite auch zur dritten gehört. Außerdem könnten nachträglich noch Kreuze gesetzt oder sogar ganze Seiten ausgetauscht werden. Eine notarielle Vollmacht hingegen ist über diese Zweifel erhaben und erfasst alle Probleme. Sie ist Beweis für sich, dass die Person auch geschäftsfähig war zur Zeit des Ausstellens. Außerdem liegt das Original, die Urschrift, beim Notar. Sollte die Vollmacht verloren gehen, haben Sie stets die Möglichkeit, sich weitere Originalurkunden ausfertigen zu lassen. Geht eine handschriftliche Vollmacht verloren, ist sie weg.
Was passiert, wenn die Familie keine Vollmacht aufsetzen will?
Andrea G., Zöberitz: Ich habe mit Diagnose einer schweren Krankheit selbst eine Vorsorgevollmacht aufgesetzt. Unsere Söhne sind beide über 18 Jahre alt. Der eine fährt täglich Motorrad, der andere Auto. Ich möchte gern, dass beide eine Vollmacht aufsetzen. Sie wollen aber nicht. Was kann ich tun?
Die beiden sind volljährig und müssen selbst eine Vollmacht einrichten. Reden Sie mit beiden und zeigen Sie ihnen Ihre Vollmacht. Erklären Sie ihnen, wie wichtig es ist, jetzt festlegen zu können, wer beispielsweise nach einem Unfall für sie entscheiden darf. Wenn den beiden etwas passiert, haben Sie als Elternteil gar keine Entscheidungsbefugnis mehr. Kann ein Volljähriger seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbst erledigen, erhält er einen gerichtlich bestellten Betreuer. Weder Eltern, Ehegatten noch andere nahe Verwandte sind vom Gesetz dazu berufen, Sie zu vertreten. Mit einer Vorsorgevollmacht können Ihre Söhne eine solche Betreuung verhindern.
Wie funktioniert ein Widerruf von Vollmachten?
Elke L., Halle: Wir haben vor einiger Zeit Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung erstellt. Von der Generalvollmacht gibt es zwei Originale und eine Abschrift. Diese hat ein Familienmitglied ausgehändigt bekommen. Das Verhältnis hat sich mittlerweile zerschlagen, wir haben die Abschrift zurückgefordert, aber leider ohne Erfolg. Kann derjenige damit Missbrauch betreiben?
Sie müssen ganz schnell gegenüber dem Notariat die alte Vollmacht widerrufen und möglichst eine neue aufsetzen. Dann kann nichts mehr passieren. Zumal es sich nur um eine Abschrift handelt. Der Notar weist zudem in seinem Widerruf auf die strafrechtliche Komponente bei Anwendung der nicht mehr gültigen Vollmacht hin.
Wenn der Bevollmächtigte auch handlungsunfähig ist
Carla G., Annaburg: Meine Mutter ist seit drei Jahren im Pflegeheim, inzwischen hat sie Pflegegrad fünf. Als Bevollmächtigter ist ihr Lebensgefährte eingesetzt, mit dem sie 20 Jahre zusammen gewohnt hat. Dieser ist aber selbst kränklich. Wir fragen uns, was wird, wenn er als Bevollmächtigter ausfällt, meine Mutter ist ja nicht mehr handlungsfähig.
Sie sollten mit dem Lebensgefährten Ihrer Mutter sprechen. Er könnte die Vollmacht an Sie weitergeben, indem er Untervollmachten erteilt. Die Berechtigung zur Erteilung von Untervollmachten müsste bereits in der Vorsorgevollmacht enthalten sein. Damit könnten Sie verhindern, dass im Ernstfall ein amtlich bestellter Betreuer eingesetzt wird.
Bernd K., Bernburg: Ich hatte mit meiner verstorbenen Frau eine Vollmacht beim Notar erstellt und unsere Söhne als Ersatzbevollmächtigte eingesetzt. Wie erfahren sie davon, wenn ich nicht mehr handlungsfähig bin?
Sie sollten bereits zu Lebzeiten mit Ihren Söhnen besprechen, ob sie überhaupt einverstanden sind, die Vollmacht auszuführen. Wenn jeder Sohn eine Ausfertigung der Vollmacht bekommt, kann jeder von ihnen als Bevollmächtigter handeln.
Rita V., Saalekreis: Ich will in der Vorsorgevollmacht meine Tochter einsetzen. Ist damit ausgeschlossen, dass ein Fremder als Betreuer eingesetzt wird?
Solange Ihre Tochter die Betreuung ausüben kann, also selbst handlungsfähig ist, kann man ausschließen, dass ein amtlicher Betreuer mit der Aufgabe betraut werden würde. Da es aber immer möglich ist, dass auch die als Bevollmächtigte eingesetzte Person zum Beispiel schwer krank wird und die Aufgabe nicht mehr ausüben kann, sollten Sie besser noch eine zweite Person bevollmächtigen, sofern es sich auch bei dieser um eine Person handelt, die ebenso vertrauenswürdig ist.
Machen Notare auch Hausbesuche?
Helga K., Halle: Wir sind beide über 70 Jahre alt. Mein geschiedener Mann lebt im betreuten Wohnen und ist leicht dement und gehbehindert. Wir haben eine Vorsorgevollmacht entworfen, die wir nun beglaubigen lassen wollen. Kommt der Notar auch ins Haus?
Grundsätzlich muss zunächst geklärt sein, dass ihr Ex-Mann geschäftsfähig ist. Am besten lassen Sie vom Arzt ein Attest ausstellen. Mit dieser ärztlichen Bescheinigung beantragen Sie bei einem Notar einen Hausbesuch. Der kommt ins betreute Wohnen und beglaubigt die Urkunde vor Ort. Sollte Ihr Ex-Mann nicht mehr geschäftsfähig sein, wird eine gesetzliche Betreuung angeordnet.
Gibt es auch Vollmachten für Unverheiratete?
Ingelore W., Bad Bibra: Kann ich auch meinen Lebenspartner in eine Vollmacht einsetzen?
Sie entscheiden ganz allein, welche Person Sie benennen wollen. Dabei können Sie auch jemanden einsetzen, unabhängig davon, ob dieser zur Familie gehört. Entscheidend ist allerdings, dass derjenige Ihr uneingeschränktes Vertrauen genießt. Sie können in der Vollmacht auch mehrere Personen benennen und bestimmen, ob jede Person alleine für Sie handeln darf oder ob gemeinschaftlich entschieden werden muss.
Warum eine Vollmacht kein Testament ersetzt
Diana F., Bitterfeld-Wolfen: Ich betreue den Onkel meines Mannes, der mich als Bevollmächtigte in seine Vorsorgevollmacht eingetragen hat, die über den Tod hinaus gilt. Er hat keine Kinder. Er will, dass ich alles erbe und auf die Familie verteile. Reicht eine Festlegung in der Vorsorgevollmacht?
Die Erbschaft wird nicht mit der Vorsorgevollmacht geregelt. Hierzu muss ein Testament aufgesetzt werden. Zumal in Ihrem Fall der Bevollmächtigte offenbar nicht der gesetzliche Alleinerbe ist.
Gerda Z., Saalekreis: Mein Mann ist gestorben. Wir haben ein notarielles Berliner Testament von 1984. Ich habe eine Patientenverfügung und Vollmachten. Brauche ich die alle? Im Testament steht ja unser Sohn als Alleinerbe.
Das Testament regelt Ihre Angelegenheiten nach Ihrem Tod. Die Vorsorgevollmacht ist für den Fall, dass Sie zu Lebzeiten nach einem Unfall oder bei Krankheit nicht mehr in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen. In der Regel ist eine Vorsorgevollmacht sehr weitreichend und umfasst als Generalvollmacht alle Angelegenheiten des Vollmachtgebers, in denen eine Stellvertretung zulässig ist.
Was regelt eine Betreuungsverfügung?
Monika S., Eisleben: Mein Mann und ich sind über 60 Jahre alt und Eigenheimbesitzer. Wir haben noch keinen Vorsorgeplan. Welchen Zweck hat die Betreuungsverfügung?
Besitzen Sie ein Grundstück, ist es ratsam, dass Sie sich beim Notar ihrer Wahl einen Entwurf einer Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung geben lassen. Soll der Notar für Sie die entsprechenden Urkunden aufsetzen, errichtet er eine Vorsorgevollmacht, in der eine Patientenverfügung und eine Betreuungsverfügung enthalten sind.
Sollte nach dem Gesetz eine Betreuung vorgeschrieben sein oder wollen Sie bestimmt Personen von einer etwaigen Betreuung ausschließen, können Sie in einer Betreuungsverfügung dem Gericht Vorschläge hinsichtlich der Person des Betreuers machen. Nach dem Gesetz ist der Richter bei seiner Entscheidung für den Betreuer grundsätzlich an den Wunsch des Betreuten gebunden. (mz)