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Volles Programm: Wochenendväter wollen viel bieten

Von Bettina Levecke 12.11.2008, 08:05

Hamburg/dpa. - Steigende Scheidungszahlen und außereheliche Geburten: Immer mehr Kinder in Deutschland wachsen ohne den Vater als feste Bezugsperson auf.

Er wird bestenfalls zum Wochenendpapa, der in zwei Tagen nachholen möchte, was andere ständig haben: Nähe zum Kind, Vertrautheit, Spaß. Ständiges Programm ist dafür eher kontraproduktiv. Auch beim Vater sollte ein Stück Alltag herrschen.

Meistens muss der Vater nach einer Trennung den Möbelwagen bestellen. Nach einer Studie des Bremer Soziologen Gerhard Amendt haben viele Väter große Probleme mit der Trennung von ihren Kindern. «Fast 60 Prozent der befragten Männer gaben an, fix und fertig gewesen zu sein. Viele von ihnen wussten nicht, wie es in ihrem Leben weitergehen soll», fasst Amendt das Ergebnis zusammen.

Das Papa-Wochenende ist für viele getrenntlebende Väter die einzige Chance, die Beziehung zu ihren Kindern aufrechtzuerhalten. Doch wie schafft man es, keinen Stress mit der Ex-Frau zu bekommen und eine gute Zeit mit den Kindern zu verbringen? «Nach einer Trennung ist es von zentraler Bedeutung, für beide Seiten zufriedenstellende Besuchsregeln zu finden», sagt Ursula Kodjoe, Diplom-Psychologin aus Gundelfingen in Baden-Württemberg, die auch als Mediatorin bei Scheidungen schlichtet.

Ganz wichtig sei, die Probleme aus der Welt der Erwachsenen von den Kindern fernzuhalten. «Das ist nichts für Kinderohren!», sagt Kodjoe. Wer im Beisein der Kinder über den Ex-Partner herzieht oder die Kinder auf seine Seite ziehen will, schafft Probleme: «Kinder wollen auf beide Eltern stolz sein.» Im Lästern über den anderen Elternteil erlebten Kinder eine Abwertung ihrer eigenen Person.

Wie oft dürfen Väter ihre Kinder sehen? «Die Häufigkeit der Besuche sollte alters- und ortsabhängig entschieden werden», sagt Thomas Prünte, Diplom-Psychologe aus Hamburg. In der Regel dürfen Väter ihre Kinder alle zwei Wochen treffen. «Wenn die Anfahrt allerdings sehr weit ist, muss man die Belastung für die Kinder realistisch einschätzen.» Besser sei es dann, statt jedes zweite Wochenende nur jedes vierte zu nutzen und dafür die Ferien stärker auf den Vater auszulegen.

Freitag Ankunft, Sonntag Abfahrt: So ein Wochenende geht blitzschnell vorbei. Die Erwartungen und Wünsche von beiden Seiten sind dann hoch. «Überfrachten Sie das Wochenende nicht mit zu viel Programm», rät Kodjoe. Gerade im Wunsch, ein toller Vater zu sein, würden viele Männer nun alle Register ziehen. Doch die Bonbonpädagogik überfordere die Kinder. «Wochenendväter sollten versuchen, mit den Kindern ein Stück Alltag zu leben», rät Prünte.

Auch wenn der Vater in der näheren Umgebung wohnt: «Kinder brauchen Zeit und Ruhe, um erstmal anzukommen», sagt Kodjoe. Am Freitag verlassen die Kinder die Mutter, am Sonntag schon wieder den Vater: «Das sind richtige kleine Trauerphasen, die die Kindern immer wieder durchmachen müssen.» Leichter fällt der Wechsel Kindern, die auch beim Vater ein eigenes Zimmer haben. «Oder zumindest eine kleine Ecke mit persönlichen Sachen», sagt Prünte.

«Wochenendväter haben häufig das Gefühl, etwas nachholen oder beweisen zu müssen», sagt Prünte. Doch das sei in zwei Tagen überhaupt nicht machbar, ergänzt Kodjoe. «Geben Sie Ihrem Kind lieber das, was es wirklich braucht: Zuwendung, Liebe und Anerkennung.»

Jedes zweite Wochenende den Papa ganz für sich alleine haben - das genießen viele Kinder. «Wenn dann plötzlich eine neue Frau im Leben des Vaters auftaucht, kann das für Kinder ein richtiger Schock sein», sagt Thomas Prünte, Diplom-Psychologe aus Hamburg. Väter sprechen das Thema daher besser vorsichtig an: «Fallen Sie nicht mit der Tür ins Haus, erzählen Sie Ihren Kindern zunächst nur, dass Sie eine Frau kennengelernt haben.» Je nachdem, wie die Kinder darauf reagieren, könnten nächste Schritte folgen. «Sie sollten die Frau auf jeden Fall erst dann vorstellen, wenn Ihr Kind bereit dazu ist.»