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Vater kann zu Besuch bei Sohn nicht gezwungen werden

01.04.2008, 10:02

Karlsruhe/dpa. - Eltern können im Normalfall nicht gegen ihren Willen zu gelegentlichen Besuchen bei ihren Kindern gezwungen werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht im Fall eines Vaters entschieden.

Dieser lehnt jeglichen Umgang mit seinen aus einem Seitensprung stammenden Sohn ab. Nach einem Urteil vom Dienstag (1. April) haben Kinder zwar grundsätzlich einen eigenen Anspruch, ihre anderswo lebenden Eltern zu treffen. Allerdings sei staatlicher Zwang in solchen Fällen «in der Regel» nicht geeignet, eine Beziehung zwischen Eltern und Kindern herzustellen.

In Ausnahmefällen darf das Recht des Kindes auf «Umgang» mit seinen Eltern allerdings doch mit der Androhung von Zwangsgeld durchgesetzt werden. Voraussetzung ist aber, dass dies dem Wohl des Kindes dient, entschieden die Karlsruher Richter. Denkbar ist dies laut Gericht etwa bei Jugendlichen, die psychisch gefestigt sind und ausdrücklich den Wunsch äußern, ihren Vater oder ihre Mutter zu sehen.

Der Erste Senat gab einer Verfassungsbeschwerde des Mannes gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg statt, das vor vier Jahren den Anspruch des inzwischen neunjährigen Jungen auf Besuche seines Vaters durchsetzen wollte und dazu Zwangsgeld bis zu 25 000 Euro angedroht hatte. Der Vater war nach der Affäre zu seiner Ehefrau zurückgekehrt und zahlt Unterhalt für den nichtehelichen Sohn, lehnt aber persönliche Treffen ab. Das OLG muss nun erneut entscheiden. Die Karlsruher Richter sehen hier allerdings kaum Spielraum für einen Umgangszwang. (Az: 1 BvR 1620/04 vom 1. April 2008)

Nach den Worten der Richter gehört zur Elternverantwortung grundsätzlich auch die Pflicht, sich persönlich um die Kinder zu kümmern und nicht lediglich Unterhalt zu zahlen. Der 1998 eingeführte eigene Anspruch von Kindern auf Umgang mit den Eltern sei daher verfassungsgemäß. «Das Kind hat einen eigenen Anspruch auf Pflege und Erziehung durch seine Eltern», sagte Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier bei der Urteilsverkündung.

Dem Wohl des Kindes komme es grundsätzlich zugute, wenn es die Möglichkeit erhalte, Vater und Mutter kennenzulernen und mit ihnen vertraut zu werden. Die Zuwendung der Eltern trage wesentlich dazu bei, «dass sich das Kind zu einer Persönlichkeit entwickeln kann, die sich um ihrer selbst geachtet weiß und sich selbst wie andere zu achten lernt», heißt es in der Entscheidung. Deshalb sei den Eltern - zumindest im Prinzip - ein erzwungener Umgang zumutbar.

Im Regel allerdings, so das Gericht, läuft eine zwangsweise Durchsetzung von Besuchen den Interessen des Kindes zuwider. Denn beim Umgang mit eigenen Kindern werde von den Eltern nicht nur bloße Anwesenheit, sondern auch emotionale Zuwendung erwartet. Der Widerwille des Vaters, seinen Sohn zu sehen, werde vom Kind als Ablehnung seiner Person empfunden. «Dies birgt die große Gefahr, dass das Selbstwertgefühl des Kindes Schaden nimmt», heißt es in der Entscheidung.

Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe: www.bundesverfassungsgericht.de