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Urheberrecht im Internet Urheberrecht im Internet: Noch immer drohen Abmahnungen

Von Steffen Könau 03.08.2013, 19:43
Wenn die Abmahnung kommt, ist es meist zu spät.
Wenn die Abmahnung kommt, ist es meist zu spät. DPA Lizenz

Halle/MZ - Es war nur ein Spaß, nichts weiter. Bei Länderspielen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft hatte Gordon B. aus Halle immer dieselbe Fahne am Spielfeldrand bemerkt. „Halle/S.“ stand darauf - für den Computerspezialisten der Anstoß, der Fahne nun regelmäßig zu folgen. Seine Jagd dokumentierte B. mit Bildern auf einer Internetseite - eigene Fotos vom Fernseher wurden dabei ergänzt von Bildern, die ihm andere Jäger schickten. Und von Fotos, die er im Netz gefunden hatte.

Gordon B. hielt die Regeln ein. Gefundene Bilder hatte er mit einem Hinweis auf die Originalquelle und einem Link dorthin versehen. Dennoch ereilte ihn der große Abmahnhammer: Nach einem MZ-Bericht über die Fahnenjagd des Hallensers meldete sich ein Berliner Fotograf, der mehrere Fahnenbilder auf B.s Internetseite als die seinen erkannt hatte. Nun forderte er eine hohe vierstellige Summe als Honorar.

Kein Einzelfall, wie die Berliner Musikerin Scarlett O jetzt erkennen musste. Sie hatte eine Zeitungsrezension zu einem ihrer Konzerte auf ihrer eigenen Internetseite veröffentlicht - vor vier Jahren und mit Erlaubnis des Journalisten, der sie geschrieben hatte, wie sie sagt. Jetzt bekam sie dennoch Post: Sie sollte 1 900 Euro für jedes Jahr der unberechtigten Nutzung des Textes überweisen, dazu 869 Euro Anwaltskosten. Das wären 8 469 Euro. Falls sie nicht zahle, drohe eine Klage, denn sie habe durch „die Veröffentlichung das Urheberrecht des Mandanten“ verletzt, so dass dem Mann „ein Schadens- und Unterlassungs- sowie ein Auskunftsanspruch“ zustehe. Neuland, wie Kanzlerin Angela Merkel das Internet kürzlich nannte, vor Gericht. Zwar hat der Gesetzgeber schon im März einen Gesetzentwurf gegen solche unseriösen Geschäftspraktiken verabschiedet, der Abmahnkosten im Streit mit Privatpersonen auf nicht mehr als 155,30 Euro plus Schadenersatz begrenzt. Doch das Gesetz muss erst noch im Bundesrat beschlossen werden und gilt deshalb noch nicht.

Für Betroffene wie Gordon B. ist das bitter. Seine Seite Parkverein.de hat der Hallenser bereits nach der ersten Anwaltspost geschlossen, die von dem Berliner Fotografen kritisierten Bilder waren schon zuvor entfernt worden. Dennoch seien die Beträge, die er zahlen sollte, immer weiter gestiegen - bis auf mehr als 20 000 Euro inzwischen - für zwei, drei Fotos auf einem privaten Blog.

B. hatte angeboten, Geld für die Fotonutzung zu zahlen. Große deutsche Zeitungen hatten privaten Nutzern das Nutzungsrecht für einzelne Bilder und Artikel in der Vergangenheit nachträglich für einige hundert Euro gewährt. Doch bei den jetzt geforderten Beträgen, sagt Gordon B., müsse er es auf einen Prozess ankommen lassen.

Auch Scarlett O hat ihren Zahlungstermin verstreichen lassen. Ob ein Gericht eine Klage annehmen wird, steht nicht fest. Der Vorsatz des Abkassierens sei offensichtlich, glaubt die Sängerin. Gerichte haben Abmahner schon auflaufen lassen. Sie haben ihnen aber auch schon Recht gegeben. Obwohl die Absicht deutlich war.