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Umwelt Umwelt: Jäger und Sammler im Garten

Von Arnd Petry 14.07.2005, 10:12

Berlin/Heidelberg/dpa. - Geplünderte Vogelnester schreibt mancher Gartenbesitzer dann denKrähen oder Elstern zu, nicht aber den putzigen Nagern mit den langenPinselohren. Die meiste Zeit des Tages verbringen Eichhörnchen, diezur Gattung der Baumhörnchen gehören, mit der Suche nach Futter: Vorallem früh morgens uns spät abends sind sie aktiv. Und sind die zweibis fünf Jungen aus dem Nest, suchen auch sie Samen, Nüsse, Obst oderKnospen.

Weil sie keinen Winterschlaf halten, vergraben Eichhörnchen einenTeil der Nahrung in Depots. Doch nicht immer finden sie alleVerstecke wieder: «Wenn im Wald eine kleine Fichte direkt neben einerkleinen Eiche steht, dann war das ein Eichhörnchennest», erklärtChristiane Köhler vom NABU. Ein Förster würde die Bäume niemals sodicht nebeneinander pflanzen.

Dank ihrer langen Krallen können Eichhörnchen ausgezeichnetklettern. Ihr buschiger Schwanz ist fast genauso lang wie der Rumpfund dient bei den bis zu fünf Meter weiten Sprüngen als Steuer. InAcht nehmen müssen sich Eichhörnchen dabei vor allem vor Raubvögelnwie dem Habicht und vor Mardern. Zum Schutz vor Räubern habentypische Eichhörnchennester - «Kobel» genannt - neben einemHaupteingang immer auch einen Notausgang. Kommt der Marder von vorn,macht sich der Nager hinten aus dem Staub. Zur vollkommenenVerwirrung der Räuber hat jedes Eichhörnchen neben dem Hauptnest nochNebennester, in denen es ab und an schläft.

Ihren Gattungsnamen verdanken die Baumhörnchen langen Haarbüschelnan den Ohren, die als Hörnchen bezeichnet werden und im Winter längersind als im Sommer. Das Fell kann von schwarzbraun bis fuchsrotgefärbt sein. Wissenschaftlich heißen die Nager Sciurus vulgaris.

Eigentlich ist das «Oachkatzl» - so der bayerische Name - eintypischer Waldbewohner. Als so genannter Kulturfolger ist dasEichhörnchen dem Menschen aber in die Städte gefolgt, wo es jetztGärten, Friedhöfe und Parks bewohnt. In der Nachbarschaft zumMenschen werden die Nager mitunter sogar so zahm, dass sie sich ausder Hand füttern lassen.

Streicheln ist dann allerdings nicht ratsam: Die Tiere könnenschmerzhaft zubeißen, heißt es auf den Internetseiten der StiftungNaturschutz Berlin. Wie andere Wildtiere sind auch EichhörnchenÜberträger von Tollwut. Generell fehlende Scheu vor Menschen solltedaher ein Warnsignal sein.

Als Wildtiere stehen Eichhörnchen unter Schutz. Es ist daherverboten, sie in Gefangenschaft zu halten. Wer ein offensichtlichverletztes Tier findet, sollte unbedingt Lederhandschuhe tragen. Eineandere Möglichkeit ist es, ein Handtuch oder eine Decke über das Tierzu werfen und es damit einrollen, rät die Stiftung Naturschutz.

NABU-Expertin Köhler rät, in einem solchen Fall einen Tierarztaufzusuchen. Verletzte, missgebildete und junge Eichhörnchen, die inBerlin gefunden und bei einem Tierpark oder Tierheim abgegebenwerden, landen häufig in den Händen von Jürgen Wagner. Der Pensionär,der sich selbst als Eichhörnchen-Papa von Berlin bezeichnet, hat dankamtlicher Genehmigung derzeit 30 der Nager in seiner Obhut.

Hannibal, Insulinde und die anderen leben in Wagners Haus: «Dieübernachten auf dem Schrank und hinter dem Fernseher. Sie gehen aberauch regelmäßig aufs Katzenklo.» Durch Löcher in der Hauswand könnensie nach draußen in eine geräumige Voliere. Auswildern will Wagnerdie zahmen Tiere nicht: «Die sind nicht mehr natürlich - die laufenja zur nächsten Katze und wollen mit der spielen.»

Wer den Eichhörnchen in seiner Nachbarschaft unbedingt etwas Gutestun möchte, sollte nach Ansicht von NABU-Expertin Christiane Köhlerein Futterdepot mit Haselnüssen einrichten. Notwendig sei dies jedochnicht: Eichhörnchen sind als Art nicht gefährdet und sollten ambesten völlig in Ruhe gelassen werden.

Berichte, denen zufolge die heimischen Eichhörnchen Opfer derGlobalisierung werden könnten, kann Köhler nicht bestätigen: AusAmerika eingeschleppte Grauhörnchen machten den europäischenEichhörnchen nicht den Garaus. Das habe sich in Großbritanniengezeigt. Allerdings machten sich die Grauhörnchen dort in Parkanlagenbreit, während sich die Eichhörnchen in die Wälder zurückziehen.

Informationen: Stiftung Naturschutz Berlin, Potsdamer Straße 68,10785 Berlin (Tel.: 030/26 39 40)