Umsatzförderung Umsatzförderung: Mehr Gäste durch regionale Produkte

Bad Mergentheim/dpa. - «Sie war zwar sündhaft teuer, aber sie war frisch gefangen und schmeckte einfach so spektakulär, wie das hier zu Lande selbst bei noch so kurzen Transportwegen nicht möglich ist», erinnert sich der Hotelier aus Bad Mergentheim im Main-Tauber-Kreis. Zugleich sei ihm der Irrsinn bewusst geworden, solche Leckerbissen aus der ganzen Welt tagelang zu verschicken, nur um daheim Edelprodukte anbieten zu können. «Da stand für mich fest, den Versuch mit frischen einheimischen Erzeugnissen zu starten», sagt Geisel. Das war vor einem Jahr.
Zurück in der Heimat boten Geisel und sein Sternekoch Hubert Retzbach in ihrem Gourmetrestaurant nur noch regionale Produkte an. Krebse aus heimischen Flüssen statt Hummer aus dem Mittelmeer, Ochsenfleisch von Wiesen an der Jagst statt Entrecote aus Frankreich, Kapaun aus Hohenlohe statt Geflügel aus der Bresse standen fortan auf der Karte. «Für uns war dies eine spannende Kiste mit zwei entscheidenden Fragen: Können wir den Michelin-Stern halten ohne Gänseleber und Trüffel, und wie reagieren unsere Gäste auf den konsequenten Verzicht fremder Produkte?», erklärt Geisel.
Nach einem Jahr zieht das Vorstandsmitglied des Hotel- und Gaststättenverbandes eine positive Bilanz: «Wir haben mehr Gäste als zuvor und verbuchen ein für die Branche untypisches Umsatzplus von neun Prozent.» Auch die Sterne-Touristen, die möglichst viele Sterne- Restaurants im Jahr abklappern, hätten überhaupt nicht komisch reagiert. Zudem behielt Retzbach nicht nur seinen Stern, sondern verbesserte sich in der Rangliste der deutschen Spitzenköche vom 43. auf den 38. Platz.
Retzbach stammt aus der Region und kennt die meisten Lieferanten persönlich. Anders als viele Kollegen, die von Expressdiensten versorgt werden, holt der Sternekoch im Main-Tauber- und Hohenlohekreis oft die Produkte selbst ab. «Es gibt immer mehr erstklassige Bauern, die Erzeugnisse von hervorragender Qualität anbieten», sagt der Küchenmeister. «Wenn ein Express früher Aktionen hatte, gab es von Flensburg bis Garmisch Kenia-Böhnchen oder Loup de Mer», erinnert sich Geisel. Mit der Besinnung auf regionale Produkte hat der Hotelier begonnen, eigene Rinder auf die Weide zu stellen: «So wissen wir, was die Tiere zu fressen bekommen. Zudem ist Ochsenbrust eine saftige Angelegenheit.»
Die heimischen Erzeuger brauchten sich nicht zu verstecken, sagt Retzbach. Viele wüssten nicht, dass Lammfleisch oder das legendäre Boeuf de Hohenlohe nach Frankreich verkauft und später wieder nach Deutschland importiert würden. «Wir haben einen Forellenzüchter, der liefert zwei Jahre alte und ausgewachsene Tiere, da brauchen wir den Gästen keinen Zuchtsteinbutt aus Holland vorsetzen», sagt Geisel. Billiger seien regionale Produkte nicht immer. «Ein Flusskrebs ist teurer als Scampis.»
Die Übersättigung an Luxus-Kulinarien, die skeptische Haltung vieler gegenüber der abgehobenen Sterneküche seien ihm entgegen gekommen, sagt Geisel: «Wir hatten Glück, unsere Entscheidung in einer Zeit des Besinnens getroffen zu haben.» In letzter Konsequenz hätten er und Retzbach den Verlust des Sterns in Kauf genommen. «So aber haben wir den Stern behalten, ein Umsatzplus erzielt und regionale Erzeuger gestärkt.» Und Schuld daran war nur die frische Languste auf Korsika.