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«Übersehenes Knabenkraut» ist Orchidee des Jahres

Von Sabine Ränsch 22.10.2007, 08:12

Eisenach/Frankfurt/dpa. - Es blüht im Verborgenen und blieb - wie der Name schon sagt - lange unentdeckt: Das «Übersehene Knabenkraut» (Dactylorhiza praetermissa) ist «Orchidee des Jahres 2008».

Bei ihrer Herbsttagung in Wolfsburg-Unkeroda bei Eisenach stellten die Arbeitskreise Heimischer Orchideen (AHO) Deutschlands die Pflanze am Samstag vor. Die bis zu 70 Zentimeter große Orchidee mag es sonnig, stickstoffarm und nass. Sie wächst unter anderem auf Feuchtwiesen. Ihr dichter Blütenstand kann bis zu 80 blassviolett-purpurne Blüten tragen. Wie alle rund 40 heimischen Orchideen stehe das «Übersehene Knabenkraut» auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten, sagte Jutta Haas vom hessischen AHO.

Erst Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckte der englische Botaniker George Claridge Druce (1850-1932) die Art - daher der Name «praetermissa» (lateinisch: übersehen). Hauptvorkommen sind in England, Nordfrankreich, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden und Dänemark. In Deutschland sind Funde aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland bekannt.

Gefährdet ist das «Übersehene Knabenkraut» nach Darstellung der Naturschützer durch intensive Landwirtschaft, aber ebenso durch Vernachlässigung der Flächen. Werden die feuchten Wiesen trockengelegt und gedüngt, stimmen die Bedingungen nicht mehr, und die Pflanze verschwindet. Wenn die Flächen nicht mehr gemäht werden, droht Verbuschung, was der Orchidee ebenfalls nicht bekommt.

Folgen des Klimawandels seien inzwischen auch bei den heimischen Orchideen sichtbar, sagte Jutta Haas. Südliche, wärmeliebende Arten wie die «Bienenragwurz» oder die «Bocksriemenzunge» gelangten seit Jahren immer weiter nach Norden. Andere hätten zunehmend Probleme, auch wegen der unnatürlich hohen Stickstoffeinträge aus den Verkehrsabgasen. In den Kiefernwäldern der südhessischen Bergstraße beispielsweise hat die Zahl der zierlichen «Netzblatt-Orchidee» nach Beobachtungen der Naturschützer stark abgenommen, nachdem am Waldboden immer mehr Brombeeren wuchern.

Die Arbeitskreise Heimischer Orchideen setzen sich für den Erhalt der natürlichen Vorkommen ein. Seit 1988 stellen die Vorstände der ehrenamtlich arbeitenden Länderarbeitskreise auf ihrer Jahrestagung eine Orchidee des Jahres vor. In den vergangenen Jahren waren unter anderm das «Brandknabenkraut», die «Grüne Hohlzunge» als Vertreter der Bergwiesen-Flora sowie die «Fliegen-Ragwurz» ausgewählt worden. Im vergangenen Jahr war es das «Schwarze Kohlröschen».