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Toast-Schnitzel: Deutsche mögen die schnelle Küche

Von Thomas Strünkelnberg 05.06.2008, 11:20

Bielefeld/dpa. - Millionen Menschen kochen sich täglich ihr Essen. Dafür sollte die Flut von Kochsendungen im Fernsehen eigentlich genug Anregungen und Vorbilder bieten.

Doch was die Menschen sich zubereiten, muss immer schneller und auf immer bequemere Weise herzustellen sein. «Convenience Food» heißt das Zauberwort: Dazu zählen tiefgefrorene Fertigprodukte oder ganz allgemein einfach, bequem und schnell herzustellendes Essen, um das Leben leichter zu machen - bis hin zum Schnitzel, das man nur noch in den Toaster stecken muss.

Und doch ist sich Marktforscher Paul Michels von der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle (ZMP) in Bonn sicher: «Es wird nicht so sein, dass wir in 20 Jahren nur noch Convenienceprodukte zu uns nehmen.»

Denn fast die Hälfte seiner Umsätze erzielt der Handel nach Einschätzung des Marktforschers mit frischen Produkten. «Es gibt den Trend zu Convenience, aber er löst nicht die traditionellen Produkte ab», erklärt Michels. Immerhin verbucht das Segment das größte Wachstum. Laut Gesellschaft für Konsumforschung (GFK) in Nürnberg wuchs die Convenience-Sparte zwischen 2002 und 2006 im Schnitt um 8,6 Prozent jährlich. «Es gibt Innovationen, die wirklich gezogen haben, aber es gibt auch genügend Flops», sagt Michels. «Die Leute haben schon Spaß am Kochen, aber sie tun es nur gelegentlich. Der Mensch heute hat das Gefühl, wenig Zeit zu haben.» Wie viel bequemer kann das Kochen - und das Essen - also noch werden?

Viel einfacher als ein Schnitzel zum Toasten - das man laut der Werbung ja nicht Schnitzel nennen soll - wohl kaum. Der Hersteller, Deutschlands größter Fleischverarbeiter Tönnies in Rheda-Wiedenbrück bei Gütersloh, verspricht sich davon nach Angaben von Firmenchef Clemens Tönnies rund 200 Millionen Euro Umsatz jährlich. «Es gibt kein vergleichbares Produkt auf dem Markt», sagt Tönnies. Die Nachfrage liege «weit über dem, was wir uns vorgenommen haben». Weitere Produkte für den Toaster seien bei dem Hersteller «in der Pipeline» - der Trend zum Single-Haushalt und schwindende Küchenkenntnisse machen es möglich. Es gebe sogar Gespräche mit Fastfoodketten.

Weder Imbisse noch Kantinen oder Hersteller von Tiefkühlkost müssen sich also Sorgen machen. Nach Angaben des Deutschen Tierfkühlinstituts in Köln hat jeder Bundesbürger im vergangenen Jahr im Schnitt 38,1 Kilogramm tiefgekühlter Waren gegessen, 400 Gramm mehr als ein Jahr zuvor. Die Tiefkühlbranche erhöhte ihren Umsatz 2007 um 4,5 Prozent auf 10,5 Milliarden Euro. Besonders gefragt waren Fisch, Backwaren und Pizza - der Klassiker des Convenience-Segments.

Die Industrie reagiere auf die Verbraucherwünsche, betont Udo Spiegel, Forschungsleiter Tiefkühlprodukte bei Dr. Oetker. Vor allem die Tiefkühlpizza sei eine «Erfolgsgeschichte». Weniger gefragt seien Biopizzen, die auf dem Gesamtmarkt einen Anteil von einem Prozent hätten. Als Trend nennt er fettreduzierte Pizzen. Im Schnitt sei die Sparte Tiefkühlpizzen und -snacks bei Dr. Oetker in der Vergangenheit jährlich um etwa zehn Prozent gewachsen, 2007 waren es elf Prozent. «Convenience gewinnt weiter an Bedeutung, umso erstaunlicher ist es, dass es oft ein bisschen negativ besetzt ist», sagt Axel Kampmann, Marketingleiter der Sparte Frische mit fertigen Desserts und Joghurt. Dr. Oetker strebe bei Desserts in fünf bis sechs Jahren die Marktführerschaft an. Bundesweit habe das Geschäft mit Desserts ein Volumen von mehr als zwei Milliarden Euro.

Das wirft die Frage auf, was eigentlich alles zu «Convenience Food» zählt. Es ist einiges, von fertig gemischten Salaten im Beutel über geriebenen Käse, Backofenfritten, Joghurt, Fertigpudding und Fertigsoßen bis hin zu fertiger Currywurst und auch SB-Fleisch mit dem Luxus, nicht an der Fleischtheke anstehen zu müssen.

Nur bei Bioprodukten ist Convenience nach Michels' Angaben weniger gefragt. Zwar stehe die Ernährung wieder stärker im Mittelpunkt, vor allem der Gesundheit wegen, aber Convenience «hat das Image, nicht gesund zu sein». Am höchsten sei der Bioanteil mit 59,4 Prozent bei Baby-Glaskost, bei Frischgemüse liege er bei 4,9 Prozent, Tiefkühlgemüse komme immerhin auf 5,8 Prozent. SB-Käse habe dagegen nur einen Anteil von 1,4 Prozent, Frischobst von 3,9 Prozent. «Wir dürfen nicht denken, dass jemand, der Bio kauft, sich nur von Bio ernährt», erklärt der ZMP-Experte.