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Teenager Teenager: Sturmfreie Bude

Von Johanna uchtmann 08.12.2011, 12:25

fürth/dpa. - Die Eltern sind weg - das muss gefeiert werden! So denken sicher viele, wenn sie einmal sturmfrei haben. Es kann aber schnell Ärger geben, wenn Jugendliche am Wochenende das erste Mal allein zu Hause sind und gleich heimlich eine wilde Party steigen lassen. Denn wenn dabei der Wohnzimmerteppich ruiniert wird und die HiFi-Anlage zu Bruch geht, gibt es am nächsten Morgen ein böses Erwachen. Für Teenager ist es daher eine Vertrauensprobe und ein Crashkurs im Erwachsenwerden, wenn Eltern ihnen das Haus überlassen. Sie müssen beweisen, dass sie Verantwortung übernehmen und den Haushalt auch allein schmeißen können.

Damit Eltern nicht auf die Idee kommen, zu Hause einen nervigen Aufpasser einzuquartieren, müssen Kinder Vorarbeit leisten, sagt Ulrich Gerth von der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung. "Sie sollten nicht vorher die ganze Zeit unzuverlässig sein und dann plötzlich sagen: ,Ich will jetzt aber zwei Wochen alleine sein.‘" Stattdessen heißt es: Ausgehzeiten einhalten, Vereinbarungen erfüllen oder auch mal die Freunde nach Hause einladen, um sie den Eltern vorzustellen. "Damit die Eltern wissen, mit wem man es zu tun hat."

"Ein großes Startkapital an Argumenten" nennt Jutta Stiehler vom Dr.-Sommer-Team der Jugendzeitschrift "Bravo" so eine Vorarbeit. Daran dürfe man die Eltern dann auch ruhig erinnern, etwa so: "Du siehst, wie zuverlässig ich mich um den Garten kümmere, ich brauche doch kein Kindermädchen." Dabei müssten sie aber immer ehrlich sein: Wer die sturmfreie Zeit mit falschen Versprechen aushandelt und den Putzplan auf der ersten Party verbrennt, hat spätestens beim nächsten Urlaub der Eltern alle Chancen auf eine sturmfreie Bude verspielt.

Besonders unruhigen Eltern müssten Jugendliche ein bisschen entgegenkommen: Fürs erste Mal sollten sie ihnen daher zugestehen, dass ab und zu ein Aufpasser vorbeikommt, sagt Gerth. "Das ist besser, als gleich das volle Programm durchkriegen zu wollen." Wenn dann alles gut klappt, ist die sturmfreie Bude für den nächsten Urlaub so gut wie sicher. Ob sie allein bleiben können, hänge allerdings immer von ihrer Selbstständigkeit ab, sagt Stiehler. Es gebe 14-Jährige, die in der Lage sind, sich selbst zu organisieren. Genauso gebe es 17-Jährige, die dazu noch nicht bereit sind.

Wer genug Vertrauen genießt, sollte aber nicht nur die Vorteile davon einheimsen und in den Tag hineinleben, warnt Beate Friese vom Kinder- und Jugendtelefon Nummer gegen Kummer. Jugendliche sollten die Zeit auch nutzen, um Selbstständigkeit zu lernen. Das heiße auch, einmal andere Wege auszuprobieren und nicht alles so zu handhaben, wie Mama und Papa das immer machen. "Man kann endlich mal nach eigenem Gutdünken leben und vielleicht erkennen: So geht es ja auch."

Ohne Geld geht allerdings nichts. "Es ist selbstverständlich, dass Eltern ihren Kindern Haushaltsgeld dalassen, wenn sie in den Urlaub fahren", sagt Friese. Gemeinsam ein festes Budget zu vereinbaren, ist dabei laut Gerth am einfachsten. "Aber nicht sagen: ,Ich brauche so und so viel Euro‘, sondern: ,Lasst uns mal zusammensetzen und schauen, was ich so brauche.‘"Der größte Streitpunkt ist die heimliche Hausparty. Dabei sollte Folgendes beachtet werden: "Eine Party geht nur, wenn man mit den Freunden ganz klare Regeln ausmacht", warnt Stiehler. Zum Beispiel sollten Elternschlafzimmer oder Büro als Party-Location tabu sein. "Das ist immer auch eine Frage gegenseitigen Respekts." Auch die üblichen Hausregeln müsse jeder Gast einhalten, wie draußen zu rauchen oder im Haus keine Straßenschuhe zu tragen. Schlauer sei es laut Gerth, die Eltern vorher einzuweihen: "Auf jeden Fall nicht heimlich. Das mag zwar ein Thrill sein, aber das kann auch schiefgehen." Lassen die Eltern nicht mit sich reden und verbieten das Fest ausdrücklich, müssten sich die Hausherren auf Zeit auch daran halten. Bewähren sie sich in der ersten elternfreien Phase, könnten sie die Bitte beim nächsten Mal erneut bringen: "Lieber eine Nummer kleiner, dann eröffnen sich Chancen." Geht die Rechnung auf, und die Offenheit kommt bei den Eltern gut an, ist das aber noch lange kein Freifahrtschein für einen Exzess. "Es sind noch nicht die eigenen vier Wände, sondern die der Eltern", betont Friese.