Teenager Teenager: Sex auf Nummer sicher
Halle (Saale)/MZ. - Auf die erste Umarmung folgen der erste Kuss und die ersten Zärtlichkeiten - spätestens jetzt wird es Zeit, sich über Verhütungsmittel Gedanken zu machen. Leider sind die Eltern oft nicht gerade begeistert, wenn das Thema aufkommt. Selbst wenn die Freundinnen ihren Termin beim Frauenarzt bereits hinter sich haben und seitdem die Pille nehmen, stehen Mama und Papa dem Thema manchmal skeptisch gegenüber. Dabei sei es sinnvoll, die Ängste der Eltern ernst zu nehmen, rät der Sexualtherapeut Michael Sztenc aus Saarbrücken. "Sie haben Angst, dass die Tochter ab dem Moment, in dem sie zum ersten Mal die Pille nimmt, auch regelmäßig Sex hat - und das vielleicht betrunken auf irgendeiner Party", erläutert der Experte. Das sei die Horrorvorstellung vieler Eltern.
Er empfiehlt, den Eltern klarzumachen, dass man selbst schon viel weiß über Verhütung, Geschlechtskrankheiten und das erste Mal. "Gute Karten hat, wer den Eltern glaubhaft versichern kann, dass der Freund nicht nur lieb und nett, sondern auch verantwortungsbewusst ist."
Marthe Anna Kniep vom Dr.-Sommer-Team der Jugendzeitschrift "Bravo" in München hört von jungen Mädchen oft, dass sich die Eltern mit dem Thema Pille schwertun. Auch sie hat beobachtet, dass viele der vermeintlichen Logik folgen: Keine Pille - kein Sex. Diese Rechnung geht so natürlich nicht auf. Umgekehrt zeigt der Wunsch nach der Pille aber schon, dass sich etwas anbahnt. "Für Mädchen wird das Thema wichtig, wenn sie den ersten Freund haben und glauben, dass ihr erstes Mal bald passieren wird. Darauf wollen sie vorbereitet sein", sagt Marthe Anna Kniep.
Wenn es um Liebe und Sex geht, können die Eltern durchaus hilfreiche Gesprächspartner sein. Sich mit Gleichaltrigen auszutauschen ist gut und schön, aber der Erfahrungsschatz der Erwachsenen ist nicht zu verachten. Jedes Mädchen könne aber selbst entscheiden, ob es den Eltern vom Vorhaben, bald die Pille zu nehmen, erzählen will, erklärt Kniep. "Ab 14 Jahren kann man auch alleine zum Frauenarzt gehen und sich die Pille verschreiben lassen. Bis zum 18. Lebensjahr werden die Kosten dafür von der Krankenkasse übernommen."
Sagen Mädchen den Eltern nichts, bräuchten sie kein schlechtes Gewissen zu haben, findet Kniep. "In diesem Moment sind sie viel erwachsener und verantwortungsbewusster als die Eltern, die nicht wollen, dass ihre Tochter die Pille nimmt." Wegen der Schweigepflicht des Arztes bestehe auch kein Risiko, dass die Eltern davon erfahren. Wer auf Nummer sicher gehen will, könne das Thema mit dem Arzt aber noch einmal besprechen.
Weil die Pille zwar vor einer Schwangerschaft, nicht jedoch vor der Übertragung von Geschlechtskrankheiten schützt, sollte man am besten immer auch ein Kondom dabeihaben. "Ob HIV, Hepatitis C, Tripper oder andere sexuell übertragbare Krankheiten - mit all dem kann man sich schon beim ersten Mal anstecken", warnt der Mediziner Keikawus Arasteh vom Auguste-Viktoria-Klinikum in Berlin. Inzwischen gebe es zwar immer bessere Medikamente, die etwa bei Aids helfen können. "Das heißt aber nicht, dass man weiterleben kann, als wäre nichts passiert. Jedes Medikament hat seine Nebenwirkungen, die einem das Leben schwermachen können", erklärt der Aids-Experte. Um solchen Erkrankungen vorzubeugen, müssten Jugendliche lernen, offen über Verhütung zu sprechen, sagt Kniep. Das erfordere viel Übung und koste Überwindung. "Kondome sind für Jungs das einzige Verhütungsmittel, das ihnen Sicherheit gibt. Gerade am Anfang einer Beziehung sollten sie nicht darauf vertrauen, dass die Freundin die Pille nimmt - selbst, wenn sie es sagt." Trotzdem gebe es immer wieder Jungs, die sich einredeten, Sex mache mit Kondom weniger Spaß. Michael Sztenc rät allen Mädchen, ihrem Freund klarzumachen, dass Verhütung eine gemeinsame Sache ist. Das Argument, Kondome seien auch ein Kostenfaktor, lässt der Sexualpädagoge nicht gelten.