«Teddy in Munich»: Auch Stofftiere brauchen Urlaub
München/dpa. - Zugegeben: Es gehört ein bisschen Mut dazu, an einem sonnigen Spätsommertag wie diesem mit einem blauen Wollschal um den Hals in den Münchner Olympiapark aufzubrechen. Aber Johannes interessiert es nicht die Bohne, was die Leute sagen.
Er macht diese Woche zum ersten Mal in seinem Leben Urlaub - und überhaupt: Er hat ein dickes Fell. Ein 08/15-Tourist ist er sowieso nicht. Johannes ist ein Teddybär. Und wie er gerade vorbei an Fernsehturm und Olympiahalle fliegt in seiner Reisebox, festgezurrt auf dem Gepäckträger von Christopher Böhms Fahrrad, sieht er eigentlich ganz zufrieden aus mit sich und der Welt.
«Ist es nicht an der Zeit, Ihrem Teddy Danke zu sagen? Schenken Sie ihm ein wenig Abwechslung und schicken Sie Ihr Stofftier in den Urlaub!» heißt es im Internet auf der Homepage von «Teddy in Munich». Drei Jahre ist es her, dass Christopher Böhm und seine Lebensgefährtin Elke Verheugen ihre ungewöhnliche Geschäftsidee in die Tat umsetzten. Für 99 Euro stecken Stofftier-Besitzer ihren Liebling in ein Paket via München. Dort geht es nicht nur im Bollerwagen zur Frauenkirche, ins Hofbräuhaus und auf den Viktualienmarkt. Auch Bungee-Jumping, Angeln und ein Malkurs stehen auf dem Programm. Eine Woche später ist der Teddy zurück - mit einem Urlaubsalbum voller Erinnerungsfotos. «Ein Wagnis», sagt Christopher Böhm heute. «Aber als die ersten fünf Bären mit der Post kamen, wusste ich: Es funktioniert.»
Um die 300 Teddys und Stofftiere waren inzwischen zu Besuch in München. Manche von ihnen reisen um die halbe Welt, denn längst ist die Homepage auch ins Englische übersetzt und ins Chinesische. Ein Koreaner brachte seinen Teddy auf einer Geschäftsreise persönlich vorbei aus Angst, er könnte unterwegs verloren gehen. Eine Hannoveraner Familie startete ein formelles Nominierungsverfahren, um herauszufinden, welche Teddys in Urlaub fahren durften - keine leichte Entscheidung bei 830 Sammlerstücken. Und Plüschhase Lothar aus Bremen schreibt heute noch gern eine Karte, wenn er mit seinem Besitzer auf Reisen geht.
Johannes ist aus dem Mainzer Umland nach München gekommen. Ulrike Brunk hat lange gebraucht, bis sie sich dazu durchringen konnte, den Teddy aus der Hand zu geben. «Das war fast so wie früher, wenn ich die Kinder ins Zeltlager geschickt habe», sagt die 51-Jährige. Johannes hat sie vor elf oder zwölf Jahren von ihrer Mutter geschenkt bekommen. Als sie starb, ist ihr der Teddy zum Ansprechpartner geworden. Heute will sie ihm etwas zurückgeben dafür, dass er sie immer und überallhin begleitet, sagt sie. «Er ist einfach ein Teil von mir.» Jetzt freut sich Ulrike Brunk auf Johannes - und auf das Fotoalbum: «Wenn ich das in Händen halte, dann werde ich das Gefühl haben, dass es die richtige Entscheidung war.»
Christopher Böhm hat Johannes und seine Reisegefährten inzwischen im Rucksack verstaut. «Seien wir ehrlich: Teddys malen keine Bilder, Teddys gehen nicht angeln, Teddys machen auch kein Bungee-Jumping», sagt er gerade. «Alles ist eine Art Spiel. Und wenn der Kunde diese Reise bucht, nimmt er das Spiel an.» Dass sie alle Plüschtiere mögen, «die einen Charakter und eine Seele haben», haben sie im Werbetext auf ihrer Homepage geschrieben, und dass sie jedem Teddy Tag für Tag liebevoll Gute Nacht sagen. Aber als hauptberuflicher TÜV- Spielzeugprüfer weiß Christopher Böhm besser als jeder andere: «Er hat Watte im Kopf, er wird's nicht hören.»
Urlaub für Stofftiere: www.teddy-in-munich.de