Techniktrends Techniktrends: Frischer Wind aus der Wolke
Halle (Saale)/MZ. - Weniger ist mehr, weniger ist vor allem leichter und langsam auch immer schneller. Was so verwirrend klingt, ist das Geheimnis von "Cloud Computing", einem Begriff, mit dem Technik-Gurus die Zukunft des mobilen Internet beschreiben. Wie immer klingt der Fachbegriff komplizierter als der Sachverhalt ist, den er erklären will. Cloud Computing betreibt im Grunde jeder, der ein Online-Konto führt, denn sein Computer daheim öffnet ihm nur den Zugang zum Server seiner Bank. Alle Daten über Kontostand, Überweisungslimits oder Abbuchungen aber finden sich nicht auf dem Laptop im Wohnzimmer. Sondern weit weg, im Rechenzentrum der Bank.
Es ist einfacher so und sicherer ist es auch. So lange der Online-Bankkunde seine Zugangsdaten schützt, kommt niemand an sein Konto heran - selbst wenn der Nutzer sein Handy verliert, bei ihm zu Hause eingebrochen wird oder das Laptop zu Bruch geht.
Argumente, die ebenso überzeugend für die Auslagerung von Daten aller anderen Arten aus den eigenen vier Wänden sprechen. Statt Urlaubsbilder auf externen Festplatten zu speichern, die sich irgendwann wie früher Bücher und DVDs im Regal stapeln werden, sollen Computernutzer künftig auf Speicherkapazitäten anderswo zurückgreifen. Selbst Anwendungsprogramme zur Fotobearbeitung, zum Schreiben von Texten oder zur Terminplanung liegen in dieser Zukunft nicht mehr auf dem Rechner, vor dem der User sitzt. Sondern weit weg in einer gigantischen Serverfarm von Google, der Deutschen Telekom oder 1und1.
Nur auf den ersten Blick wirkt es umständlich, wenn Daten erst auf ferne Server hochgeladen werden sollen, um später von dort wieder abgerufen zu werden. Statt sie wie bisher auf dem eigenen Computer zu lagern. Doch bei genauerer Betrachtung überwiegen die Vorteile: Wenn PC, Notebook und Handy nur noch die Tür zu dem Rechner öffnen müssen, auf dem die wirkliche Arbeit stattfindet, benötigen sie weniger Programme, weniger Festplattenkapazität, weniger Rechenleistung. All das wird ersetzt durch eine möglichst schnelle Internetverbindung, wie sie vielleicht schon in drei, vier Jahren mit der neuen Mobilfunk-Generation LTE überall verfügbar sein wird. Dann, so spekuliert die Industrie, wird es völlig gleichgültig sein, ob jemand seine Urlaubsbilder daheim mit einer Software bearbeitet, die er im Laden gekauft und auf seinem PC installiert hat. Oder ob er sich auf eine Parkbank setzt, einen Online-Dienst wie Picnik oder Pixlr aufruft und seine Fotos so verschönert, wie er seine Bankgeschäfte betreibt: Ein Strom von Bits und Bytes, die irgendwo in einer Serverfarm in Amsterdam oder Kalifornien umherflitzen.
Ein Modell, das Google mit seinem Angeboten "Text & Tabellen" oder Organizeurself mit einem Online-Kalender benutzen. Schon mit der Einführung seines Gmail-Dienstes hatte Google versucht, Konteninhaber zur Nutzung auf den Google-Servern zu bewegen - da der Speicherplatz für jedes Postfach täglich weiter wächst, gibt es kaum Grund, Mails herunterzuladen oder gar zu löschen. Windows zog inzwischen nach, auch der Softwareriese, der eigentlich vom Verkauf von Anwendungsprogrammen lebt, hat nahezu seine gesamte Software über die Datenwolke verfügbar gemacht. Ähnlich wie Adobe, Hersteller des erfolgreichen Fotoprogrammes Photoshop - eine abgespeckte Version gibt es kostenlos zur Nutzung im Netz. "Cloud Computing ist IT der nächsten Generation" glaubt Thomas Schenk, Direktor Windows Commercial bei Microsoft Deutschland. Statt sich ständig darum kümmern zu müssen, die eigene Software auf dem neuesten Stand zu halten, sollen Privatnutzer und Unternehmen ihre Daten künftig in riesigen Rechenfarmen von Drittanbietern ablegen und bei Bedarf dort bearbeiten. Das geht dann irgendwann von überall her, zu jeder Zeit, sogar am Strand im Thailandurlaub könnte jeder Cloud-Nutzer mit dem Handy oder dem Tablet-Computer Musik hören, die er beim Speicheranbieter seines Vertrauens hinterlegt hat oder Briefe zu Ende schreiben, die er vor dem Abflug nicht mehr fertig bekommen hat. Google denkt inzwischen sogar über ein Betriebssystem nach, das auf so ziemlich alles verzichtet, was ein Betriebssystem heute ist. "Chrome OS" ist vor allem für kleine Netbooks gedacht, es gestattet keine Installation von Programmen, fährt dafür aber in Sekunden hoch und erlaubt vollen Zugriff auf die ganze Datenwolke.