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Whatsapp Whatsapp: Instant-Messenger ist nach geltendem Recht illegal

Von Steffen Könau 14.05.2016, 18:47
Logo der App des Messengers WhatsApp
Logo der App des Messengers WhatsApp Whatsapp

Google ist ein Gigant, Facebook ein Monster. Auch über Twitter wird viel gesprochen, ebenso über Snapchat und Skype. Doch der wirkliche König aller Könige, der Chef unter den Chefs bei der digitalen Kommunikation, ist dennoch ein ganz anderer. Der Instant-Messenger Whatsapp, vor sieben Jahren von Jan Koum und Brian Acton im kalifornischen Städtchen Santa Clara gegründet, hat nicht nur mehr als eine Milliarde angemeldete Nutzer wie Firmenmutter Facebook. Nein, diese Nutzer schreiben allein in Deutschland tagtäglich auch fast 700 Millionen Nachrichten.

Auf zwei Dritteln aller Handys

Nahezu zwei Drittel aller deutschen Smartphonebesitzer nutzen das Programm, das die gute alte SMS fast im Alleingang aufs Altenteil geschoben hat. Wurden 2012 in Deutschland noch 160 Millionen kostenpflichtige SMS-Nachrichten geschrieben, sind es heute nur noch knapp 40 Millionen. Explodiert ist dafür gleichzeitig die Menge der über kostenlose Messenger wie Whatsapp, Telegram oder Chiffry getauschten Mitteilungen.

Ausgerechnet der Marktführer Whatsapp, der seit 2014 Teil des Facebook-Konzerns ist, gerät nun aber ins Zwielicht. Schuld ist der Datenschutz - und das, obwohl das von Facebook für 19 Milliarden US-Dollar übernommene Programm zuletzt versucht hatte, durch eine durchgehende Verschlüsselung aller übermittelten Nachrichten Bedenken auszuräumen, dass Unbefugte bei privaten Chats zwischen Familienmitgliedern, Freunden oder Kollegen mitlesen könnten.

Dafür gab es viel Lob, gleich darauf aber meldete sich Peter Burgstaller, Professor für IT- und IP-Recht an der Fakultät für Informatik, Kommunikation und Medien der Fachhochschule Oberösterreich in Hagenberg. Burgstaller, ist der Ansicht, dass jeder Whatsapp-Nutzer in der EU illegal handelt und Strafen oder teure Gerichtsverfahren riskiert, weil die Geschäftsbedingungen, denen Nutzer zwingend zustimmen müssen, ehe sie Whatsapp überhaupt auf ihrem Handy installieren können, nicht mit den Datenschutzvorgaben der EU vereinbar sind.

Geschäftsbedingungen? Kaum ein Whatsapp-Neuling liest die. Und wer sie liest, versteht sie nicht. Fakt ist aber, so Burgstaller, dass alle Whatsapp-Nutzer mit dem Klick auf „Installieren“ zustimmen, dass das US-Unternehmen auf alle Kontaktdaten zugreifen darf, die sie in ihrem persönlichen Telefonbuch gespeichert haben. Genau das aber ist nach europäischem Recht verboten: Wer Daten Dritter weitergeben will, benötigt in der EU zuvor die Genehmigung dessen, dem die Daten gehören. Wenn jemand 200 Telefonnummern und Mailadressen in seinem Kontaktspeicher hat, bräuchte er also exakt 200 schriftliche Einverständniserklärungen, ehe er die Whatsapp-App auf seinem Smartphone einrichten darf.

Denn bei Whatsapp greift die Software tatsächlich auf sämtliche Adressen seiner Kunden zu - unter Berufung darauf, dass die dem ja zugestimmt hätten. Das aber können sie gar nicht, weil für eine Weitergabe der Daten laut EU-Datenschutzrecht ausdrücklich die Zustimmung jedes betroffenen Kontaktes erforderlich ist.

Rein theoretisch könne deshalb eigentlich jeder Whatsapp-Nutzer jeden anderen Whatsapp-Nutzer bei der Datenschutzbehörde anzeigen, so Peter Burgstaller. „Ich kenne niemanden, der Whatsapp in der EU legal verwendet“, fasste der IT-Rechtsexperte für das österreichische Fachportal futurezone.at zusammen. Kein Wunder, denn „die legale Nutzung des Messengers in der Europäischen Union ist aufgrund der geltenden Rechtslage de facto unmöglich“.

Das Problem besteht Burgstaller zufolge darin, dass der US-Dienst keine Niederlassung in Europa habe und deshalb US-Vertragsrecht, zugleich aber auch nationales Datenschutzrecht gelte. Das eine ist Grundlage für die Geschäftsbedingungen, die die Nutzer unterzeichnen und die dann aus Sicht von Whatsapp Grundlage der Nutzung sind. Das andere sind die europäischen Datenschutzvorschriften, die es normalen Nutzern, die sie gelesen und verstanden haben, eigentlich verbieten, die Whatsapp-Vorgaben zu unterschreiben.

Seit der Europäische Gerichtshof das bisherige „Safe-Harbor“-Abkommen über den gleichwertigen Datenschutz auf beiden Seiten des Atlantik im vergangenen Jahr für hinfällig erklärt hatte, weil die Daten von EU-Bürgern in den USA nicht ausreichend geschützt seien, ist die Lage noch komplizierter geworden. Für eine Weitergabe von Adressbuch-Daten in die USA wäre Burgstaller zufolge nun sogar noch eine Vorabgenehmigung der zuständigen nationalen Datenschutzbehörde nötig. „Nutzer müssten einen Vertrag mit Whatsapp schließen und diesen bei der Datenschutzbehörde genehmigen lassen.“

Das würde niemand tun, das würde auch die Behörden überfordern - und Whatsapp ebenso. Der bekannte IT-Anwalt Christian Solmecke sieht denn auch kein Problem, Whatsapp weiter zu nutzen, obwohl die Rechtslage den Buchstaben nach für Burgstallers These von der Unvereinbarkeit des US-Dienstes mit europäischen Datenschutzauflagen spricht. Solmecke gibt Nutzern Entwarnung: „Wer

die App zur Kommunikation mit der Familie und Freunden nutzt, hat keine Konsequenzen zu fürchten.“

Nur Whatsapp selbst muss nach Solmeckes Ansicht mit Bußgeldern rechnen, weil die US-Firma Daten ohne Erlaubnis der Betroffenen verarbeite. Diese Praxis sei vergleichbar mit der automatischen Übertragung von Kontaktdaten durch die „Freunde finden“-Funktion von Facebook. Die hatte der Bundesgerichtshof als klaren Datenschutz-Verstoß und wettbewerbsrechtlich unzulässige Werbung beanstandet. Christian Solmecke sieht hier eine große Gefahr für Whatsapp: „Sollten Verbraucherschützer auch Whatsapp verklagen, könnte das das Aus für den Dienst bedeuten, denn anders als bei Facebook ist die Freunde-Finder-Funktion hier kaum wegdenkbar, ohne dass der Dienst eingestellt werden muss.“

Verbot professioneller Nutzung

Dass es so weit noch nicht gekommen ist, liegt Burgstaller zufolge an einem „Gesetz, das auf Grund verschlafener Entwicklungen nicht mehr anwendbar ist“. Und daran, dass deshalb niemand Interesse daran hat, gegen eine womöglich hundertmillionenfach missbräuchliche Nutzung vorzugehen.

Klar sei derzeit deshalb nur, dass Whatsapp ausschließlich für den „personal use“ erlaubt ist, so der Österreicher. Diese private Nutzung habe enge Grenzen: So seien beispielsweise die Kommunikation von Lehrern und Schülern über Hausaufgaben oder Nachrichten von Firmen, Vereinen und Medienhäusern eigentlich nicht erlaubt. Auch Firmen, Vereine und Medienhäuser, die Whatsapp verwenden, verletzten im Grunde genommen die Nutzungsbedingungen. Eigentlich. Aber folgenlos.

Download der App:

www.Whatsapp.com