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Sport-Apps und Fitness-Armbänder Sport-Apps und Fitness-Armbänder: Firmen durchleuchten Mitarbeiter bis in den Schlaf

Von Jasmin Klofta und Jonas Rest 22.04.2015, 16:25

Immer mehr Firmen überwachen die Fitness und sogar die Gemütslage ihrer Mitarbeiter per App. Zum Einsatz kommt dabei auch Smartphone-Software, die auf privaten Handys der Mitarbeiter Telefongespräche auswertet. Dabei wird die Stimmfrequenz auf mitschwingende Emotionen analysiert, auch der Schlaf wird beobachtet.

Ziel der Beobachtung sei die Förderung der Gesundheit, sagte Johann Huber, der Gründer des Start-ups Soma Analytics aus München, der Berliner Zeitung und dem ARD-Magazin „Panorama“. Die Mitarbeiter-Daten sollen Personalabteilungen dabei unterstützen, Anzeichen von Stress und Überforderung früh zu erkennen. Auf diese Weise sollen krankheitsbedingte Ausfälle minimiert werden.

Die deutsche App wird in Großbritannien inzwischen von Anwaltskanzleien, Wirtschaftsprüfern und Telekommunikationsunternehmen eingesetzt. Die Münchener Firma konzentriert sich auf den Markt in Großbritannien. Auch in Deutschland gibt es nach Angaben von Soma Analytics erste Testläufe in einigen Firmen.

Das Angebot aus München richtet sich an einen heiß umkämpften Markt. Führende Fitness-Tracker-Anbieter wie Jawbone und Fitbit haben inzwischen gesonderte Programme, die sich an die Personalabteilungen von Firmen richten. Mitarbeiter werden dabei kostenfrei oder vergünstigt mit smarten Fitness-Armbändern und Smartwatches ausgestattet. Im Gegenzug erhalten die Arbeitgeber Echtzeit-Zugriff auf Gesundheitsdaten von Mitarbeitern. Nach Angaben der Firma Fitbit gibt es dabei starkes Interesse aus Deutschland.

Auch Krankenkassen regen ihre Mitglieder dazu an, Fitness-Tracker einzusetzen. Erste Sondertarife sind in Planung. In Deutschland will die private Versicherung Generali ihren Versicherten 2016 Tarife für eine kontrollierbar gesündere Lebensweise anbieten.

Für Nahles kein Problem

Für Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ist die engmaschige Überwachung der Fitnessdaten durch Arbeitgeber kein Problem, solange sie freiwillig erfolgt. „Die Nutzung solcher Anwendungen und Produkte soll und darf nur im beiderseitigen Einvernehmen und mit Einverständnis des Beschäftigten erfolgen“, sagte ein Nahles-Sprecher. „Die für Deutschland geltenden Regelungen bieten hier aktuell einen geeigneten Rahmen und sichern die Freiwilligkeit ab.“

Datenschützer sehen das allerdings anders. Der frühere Bundesbeauftragte für Datenschutz Peter Schaar hält auch die freiwillige Einwilligung der Mitarbeiter in ein solches Programm für unzureichend. Diese schaffe keine ausreichende rechtliche Grundlage für die Erfassung der Gesundheitsdaten. Das Arbeitsverhältnis sei ein ganz klares Abhängigkeitsverhältnis. „Ich bezweifle, dass eine solche Einwilligung überhaupt wirksam sein kann“, sagte er.

Marit Hansen vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein warnt, dass nicht nur das Liefern der Fitness-Daten an den Arbeitgeber kritisch sei, sondern das Weitergeben an den App-Betreiber. Eine mögliche Gefahr sei nicht nur die Auswertung zu anderen Zwecken durch die Firma – etwa um Mitarbeitern zu kündigen. Auch wenn der Betreiber sie zu anderen Zwecken auswerte, berge dies Gefahren. Diese könnten etwa die Daten an Versicherungen weiterleiten.

Peter Schaar forderte die Datenschutzbehörden auf, sich gegen den Trend zur Durchleuchtung zu stellen. „Wenn ich als Datenschutzaufsichtsbehörde zuständig wäre, würde ich das stoppen.“