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Nutzungsbedingungen Nutzungsbedingungen: Facebook macht den Schritt zum interaktiven Warenparadies

Von Christine Badke 28.01.2015, 17:55

Köln - Die neuen Geschäftsbedingungen für das soziale Netzwerk Facebook treten an diesem Freitag in Kraft. Das Unternehmen kündigt an, die Grundlagen zum Datenschutz, allgemeine Bedingungen, die Datenrichtlinie und die Cookies-Richtlinie zu ändern. Politik, Datenschutz- und Verbraucherschutz-Organisationen kritisieren die genauere Erfassung des Nutzerverhaltens im Internet und einen möglicherweise deutlich zunehmenden Austausch von Kundendaten innerhalb des US-Konzerns mit Facebook-Töchtern wie dem Nachrichtendienst WhatsApp oder der Anzeigen-Plattform Atlas. Die Änderungen sind so weitreichend, dass sich am Mittwoch sogar ein Bundestagsausschuss damit befasst hat. Der zuständige Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar sagte anschließend, man habe Facebook einen Fragenkatalog zu den neuen AGB übermittelt und eine Frist bis Ende Februar gesetzt. Danach werde über weitere Schritte entschieden werden.

Die Änderungen

Die meisten Anpassungen verfolgen das Ziel, mehr über den Facebooknutzer, seinen Aufenthaltsort, Kaufinteressen und Einstellungen herauszufinden. Eine entscheidende Rolle dabei spielen Cookies, das sind Informationselemente, die über den Browser (also zum Beispiel Mozilla oder Internet Explorer) des Nutzers vom Computer, Tablet oder Smartphone an Facebook übermittelt werden. Diese können an verschiedenen Stellen genutzt werden:

Facebook will Werbung noch stärker auf den Einzelnutzer zuschneiden. Bislang werden die Inhalte der Werbeanzeigen aus „Gefällt mir“-Angaben und anderen Aktivitäten im Netzwerk generiert. Bald sollen auch besuchte Webseiten und genutzte Apps ausgewertet werden. Wer dann etwa online ein Paar Sportschuhe kauft, könnte beispielsweise Anzeigen für Sportkurse oder andere Trainingskleidung sehen. Künftig sollen Facebook-Nutzer Werbeanzeigen auf ihre Relevanz bewerten können. Dazu wird auch sichtbar gemacht, in welche Zielgruppe Facebook die Nutzer einordnet und warum man eine bestimmte Anzeige sieht. Facebook argumentiert, die Werbeanzeigen würden „verbessert“ und den Nutzern mehr Kontrolle ermöglicht.

Bei aktivierten Ortungsdiensten werden Informationen zum eigenen Standort um jenen von Freunden mit Werbeanzeigen verbunden. Wer seinen Standort teilt, kann etwa Informationen über Restaurants in der Nähe oder Neuigkeiten von Freunden angezeigt bekommen. Durch die Verknüpfung mit Ortungsdiensten und Kontakten könnte dem Nutzer in Zukunft also die Werbung für ein Café oder ein Geschäft in der Nähe des Aufenthaltsortes vorgeschlagen werden.

Zusätzlich will Facebook „Kaufen“-Buttons anbieten, mit dem man direkt über Facebook Waren kaufen kann. Damit hätte das Unternehmen nicht nur einen leichteren Zugang zum Konsum geschaffen, sondern eine weitere Kontrollmöglichkeit und Zugriff auf Einkaufsgewohnheiten und Zahlungsdaten der Kunden.

Facebook will es Nutzern leichter machen, zu entscheiden, wer ihre Inhalte sieht. Dazu soll es nach der Aktualisierung interaktive Anleitungen und auch Möglichkeiten geben, die Analyse von besuchten Seiten und Apps zu kontrollieren.

Rechte der Nutzer

Wer ein Profil bei Facebook besitzt, räumt dem Unternehmen weitreichende Rechte ein, was die Speicherung, Verwendung und Weitergabe persönlicher Daten und das Recht an den eigenen Inhalten betrifft. Lehnt man die Änderungen ab, bleibt nur die Löschung des Kontos. Facebook bietet unter dem Menüpunkt „Feedback“ die Möglichkeit an, Kritik zu üben. Kursierende Statusmeldungen, in denen den neuen AGB widersprochen wird, haben keinerlei rechtliche Grundlage oder Einfluss. Die Einrichtung eines Profils mit falschem Namen untersagt Facebook in seinen AGB.

Schutz der Privatsphäre

Datenerfassung durch Facebook lässt sich nicht verhindern, aber reduzieren: Verbraucherschützer empfehlen, möglichst wenig persönliche Informationen anzugeben, die Einstellungen möglichst privat zu halten und wenig auf den Seiten zu interagieren. Facebook verspricht, dass Nutzer ihre Privatsphäre-Einstellungen leichter verwalten können und verlinkt zu detaillierten Anleitungen zu Menüpunkten, in denen man entscheiden kann, welche Informationen man an Facebook übermittelt, ob man Beiträge öffentlich oder nur für bestimmte Kontakte teilt.

Verbraucherschützerin Sabine Petri weist darauf hin, dass der Nutzer hier aktiv tätig werden muss. Neue Funktionen treten automatisch in Kraft, wenn man sie nicht selbst abstellt. Wer keine standortbezogene Werbung erhalten möchte, sollte der mobilen Facebook-App auf seinem Smartphone oder Tablet-Rechner keinen Zugriff auf das GPS-Modul (Ortungsdienst) und damit die Standortübermittlung gewähren.

Die Rechtslage

Facebook hält die deutsche Rechtsprechung nicht für zuständig, sein EU-Sitz liegt in Irland. Dort sind die Datenschutzstandards niedriger als in Deutschland. Der Bundestagsausschuss ist aber überzeugt, dass deutsches Recht hier greife. Auch Rolf Schwartmann, Vorsitzender der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit sieht einen Rechtsverstoß: „Facebook möchte die Daten von Nutzern auch aufseiten von Dritten zur Verfügung stellen. Das ist ohne die Einwilligung der Beteiligten oder gesetzlicher Grundlage unzulässig.“ Eine Einwilligung in die Nutzung müsse ein Akt des Verständnisses und der Freiheit sein. „Wenn ich aber nur weiter mitmachen darf, wenn ich die AGB akzeptiere, dann handelt es sich faktisch um eine abgepresste Erklärung, keine Einwilligung. Für den Nutzer gibt es keine Möglichkeit, sich dem zu widersetzen. Es sei denn, er verlässt Facebook. Dann ist er aber auch von seinem Kommunikationskanal, seinen Bildern und Kontakten abgeschnitten. Das zeigt unsere Abhängigkeit von Facebook“, kritisiert Schwartmann. Das Bundesjustizministerium sagte, es arbeite zurzeit daran, das deutsche Datenschutzrecht durchzusetzen und das europäische Recht zu schärfen. Zudem werde ein Gesetz vorbereitet, das Verbraucherschutzverbänden ein Klagerecht gegen Verstöße einräume.

Reaktionen

Justiz-Staatssekretär Ulrich Kelber (SPD) fordert die Möglichkeit, der Nutzung von Daten punktuell zustimmen oder widersprechen zu können. Die Menschen wollten im Internet aktiv sein, „ohne gleich einen Daten-Striptease zu machen.“ Die NRW-Landesregierung fordert den Bund zum Handeln auf. „Der stetig wachsende Datenhunger von Facebook gefährdet die informationelle Selbstbestimmung“, rügte der Grünen-Sprecher für Netzpolitik und Datenschutz, Matthi Bolte. Die Bundesregierung müsse ihre Blockadehaltung bei der europäischen Datenschutzreform aufgeben.

Geschäftsmodell Facebook

Die Nutzung von Facebook ist kostenlos, Geld verdient das Unternehmen mit dem Zugang zu Informationen über die Mitglieder. Anbieter von Produkten und Dienstleistungen zahlen dem Unternehmen hohe Summen für die Auswertung dieser Daten.