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Der neue Goldrausch Bitcoin: So entstand die virtuelle Währung und so kaufen Sie sie

Von Steffen Könau 07.01.2018, 09:00
14.000 Prozent hat der Bitcoin in den vergangenen fünf Jahren  an Wert gewonnen, allein in den vergangenen zwölf Monaten waren es fast 2.000 Prozent.
14.000 Prozent hat der Bitcoin in den vergangenen fünf Jahren  an Wert gewonnen, allein in den vergangenen zwölf Monaten waren es fast 2.000 Prozent. MZ

Halle (Saale) - Es wäre so unfassbar leicht gewesen, Millionär zu werden, damals im Winter vor sieben Jahren. Denken Sie zurück. Silvester, kleine Party. Schön war es, natürlich.

Aber wirklich schön genug, um auf den ganz großen Reichtum zu verzichten? Der war so nah, so nahe wird er nie wieder sein: Hätten Sie damals nur fünf Flaschen Silvestersekt weniger eingekauft und die gesparten 25 Euro in etwas investiert, das seinerzeit nicht in aller Munde, aber durchaus vorhanden war. Dann hätten Sie heute 125 Bitcoin. Aktueller Gegenwert: 1,4 Millionen Euro.

Sie sind skeptisch. 25 Euro? 1,4 Millionen? Wie soll das gehen? Woher kommt denn das ganze Geld? Und wieso gehört es nun Ihnen?

Tut es ja nicht, denn, Sie erinnern sich - Sie hatten damals lieber den Sekt. Nicht diese unsichtbaren Münzen, die durchs Internet vagabundieren. Könnte man sie festhalten und hineinschauen, sähe eine Programmzeile eines Bitcoin so aus: „Round(a, b, c, d, e, f, g, h, 0x27b70a85, w0 += sigma1(w14) + w9 + sigma0(w1))“. Darauf die Rente setzen? Eher nicht.

Bitcoin: So entstand die Internetwährung, die heute viel Geld wert ist

Als ein Internetnutzer, der sich Satoshi Nakamoto nannte, im Oktober 2008 eine Ausarbeitung über eine elektronische Währung unter Verschlüsselungsexperten verbreitete, interessierte das auch nur echte Freaks.

Auf gerademal acht Seiten beschrieb Nakamoto eine fälschungssichere Elektro-Währung. Der angebliche Japaner, angemeldet mit einer E-Mail-Adresse des deutschen Anbieters GMX, diskutierte seine Vorschläge noch einige Zeit mit. Ein Jahr später dann schritt er zur Tat: Er hatte seinen Computer den ersten sogenannten Block der nun Bitcoin genannten neuen Währung errechnen lassen. 50 Bitcoin schickte er dem amerikanischen Verschlüsselungskollegen Hal Finney. Ein Test.

Mit dem eine neue Ära begann. Unbeachtet von der breiten Öffentlichkeit wurde aus der spleenigen Idee einer Gruppe von Computerfreaks eine weltweite Bewegung. Ein Geld ohne Staat, ohne Zentralbank, ohne Politiker, die die Geldpresse anwerfen, wann immer sie wollen. Nicht nur Technikfans, sondern auch Kriminelle waren von den Möglichkeiten fasziniert.

Bitcoin versprach Anonymität einerseits. Andererseits aber auch eine Begrenzung der verfügbaren Geldmenge auf genau 21 Millionen Bitcoin. Ist diese Anzahl von virtuellen Münzen erst errechnet, wobei der Rechenaufwand mit wachsender Zahl immer weiter steigt, ist Schluss.

Was das für den inneren Wert einer jeden Münze bedeuten könnte, zeigt ein Vergleich: Vom Euro existieren derzeit etwa 12 Billionen Münzen als Bargeld oder Kurzzeiteinlage bei Banken, etwa doppelt so viele wie bei der Einführung des Euro-Bargeldes. Das sind etwa 600 000 mal mehr verfügbare Münzen als beim Bitcoin - und ihre Anzahl steigt immer weiter.

Bitcoin: Die Anzahl der Einheiten bei der Onlinewährung ist begrenzt

Das ist beim Bitcoin nicht möglich. Was nichts anderes bedeutet, als dass jeder Bitcoin 600 000 Euro ersetzen müsste, würde die gesamte Eurozone alle ihre Zahlungen mit Bitcoin abwickeln. Das wird zwar nicht passieren, doch die Euro-Zone ist ja auch nicht die Welt.

Flösse künftig auch nur ein kleiner Teil der weltweiten Vermögen in Bitcoin oder eine der auf Basis der Blockchain-Technologie erschaffenen anderen 1 300 virtuellen Währungen, so spekulieren Anleger, dann muss deren Wert weiter explodieren: Insgesamt sind alle Krypto-Währungen zur Zeit nur 500 Milliarden Euro wert - ein Bruchteil des weltweiten Vermögenswertes von 169 Billionen Euro.

Hier liegt der Grund, warum der Gesamtwert aller Digital-Währungen zusammen seit Anfang letzten Jahres um 3 000 Prozent in die Höhe geschossen ist. Was früher Gold war, eine Immobilie oder der Sparbrief der Hausbank, wird ersetzt vom Glauben daran, dass auch in den nächsten Jahren noch große Mengen vom guten alten Zentralbank-Geld in die neuen virtuellen Währungen strömen muss. So dass deren Kurse einfach weiter steigen müssen, obwohl, wie Kritiker anmerken, den Codeketten kein realer Wert entgegensteht.

Für Bitcoin-Fans kein Problem: Auch Gold oder Silber haben schließlich keinen realen Wert außer dem, dass andere bereit sind, diesen oder jenen Preis dafür zu bezahlen. Weil sie daran glauben, dass ihnen später jemand mehr dafür gibt.

Wenn die Grafiken der Kurse aussehen wie senkrecht in den Himmel schießende Pfeile, ist es zu spät, auf den fahrenden Zug zu springen. Allerdings war es beim Bitcoin immer schon zu spät. Wer im September für 2.500 Euro kaufte, bezahlte 1.500 Euro mehr als der, der schon im Januar zuschlug. Allerdings hatte sich sein Investment schon im Oktober ausgezahlt, denn nun konnte er seine Bitcoin für 4.500 Euro pro Stück wieder abstoßen.

Ein großer Fehler! Denn so billig sind sie seitdem nie wieder gewesen: Anfang Dezember stand der Kurs bei 9.000 Euro und heute liegt er immer noch bei über 11.000.

Bitcoin: So kaufen Sie die virtuelle Währung

Hätte, hätte, Fahrradkette. Da es Bitcoin nicht am Bankschalter gibt, nicht im Warenhaus und nicht einmal beim gutsortierten Online-Broker, trocknen die Tränen über entgangene Millionengewinne desto schneller, je glaubhafter man sich selbst versichern kann, dass es ja keine Möglichkeit gibt, am großen Spiel teilzunehmen.

Das aber ist gar nicht wahr. Bitcoin zu kaufen, ist ein Kinderspiel, das weder Geschick noch große Geldvorräte erfordert.

Längst haben sich Internet-Börsenplätze auf Otto Normalanleger eingestellt, längst werden Teile von virtuellen Münzen gehandelt, und nach Sicherheitsproblemen und geknackten E-Brieftaschen arbeiten Anbieter wie der deutsche Marktplatz bitcoin.de mit Netz, doppeltem Boden und dreifacher Rückversicherung.

Nach einer Anmeldung mit Nutzernamen und Passwort folgt hier ein Gewitter an Bestätigungen und Kurzzeit-Zugangscodes. Die werden später auch jedes Mal versandt, wenn der Nutzer kaufen oder verkaufen will.

Der Rest ist wie bei Ebay: Preise besichtigen, Verkäufer aussuchen, dessen Seriosität anhand seiner Bewertungen prüfen, kaufen, Kaufpreis überweisen und vom Verkäufer Bitcoin in die eigene elektronische Brieftasche geschoben bekommen. Fertig.

Nun könnten Sie bei Matthias Zschoch, der auf Flohmärkten in Sachsen-Anhalt und Sachsen schon seit Jahren Bitcoinzahlungen akzeptiert, mit dem neuen Geld bezahlen. „Aber seit zwei Monaten schon macht das keiner mehr“, sagt der Wolfsburger.

Zu groß sei vielleicht die Angst, Geld auszugeben, das später mal viel, viel mehr wert sein wird. Der erste echte Kauf mit Bitcoin steht hier wie eine Mahnung für alle, die traurig sind über ihren verpassten Reichtum, nur weil damals der Sekt wichtiger war. Falls es tröstet: Andere waren viel näher dran. So kaufte ein ganz früher Bitcoin-Besitzer sich vor sieben Jahren zwei große Pizzen zum Preis von 10 000 Bitcoin. Das sind heute umgerechnet 116 Millionen Euro. (mz)