Logistiker und Online-Händler Amazon setzt auf Deutschland: 4.000 neue Jobs in einem Jahr
Während Deutschlands Wirtschaft schwächelt und viele Industriekonzerne Jobs abbauen, geht es bei Amazon nach oben: Der US-Konzern stockt in Deutschland kräftig auf und investiert in neue Standorte.

Dortmund - Der Online-Händler und Logistiker Amazon hat in Deutschland deutlich Jobs aufgebaut. „Wir sind sehr stark gewachsen und haben sehr stark investiert in Technologie“, sagte der Deutschlandchef des Unternehmens, Rocco Bräuniger, in einem Amazon-Innovationszentrum in Dortmund. „Wir haben mehr als 4000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt - und es wird weiter so gehen.“ Amazon habe in Deutschland nun schon mehr als 40.000 Beschäftigte, Tendenz weiter nach oben.
Damit hat sich die Anzahl der fest angestellten Amazon-Mitarbeitenden im Vergleich zu Ende 2019 - also vor Beginn von Corona und dem damit verbundenen Online-Boom - verdoppelt. Der US-Handelskonzern hat in Deutschland mehr als 100 Standorte, darunter 23 Logistik-, 9 Sortier- und 60 Verteilzentren. Hinzu kommen unter anderem Forschungs- und Entwicklungsstandorte - in Aachen etwa geht es um Sprachdienste und in Dresden um Cloud-Dienste - sowie Verwaltungen. Die Deutschlandzentrale ist in München, ein weiterer Hauptstandort ist in Berlin.
Hohe Investitionen
Amazon investiert kräftig in Deutschland. In den Umbau des bereits bestehenden Logistikzentrums in Werne (NRW) soll in diesem Jahr ein niedriger dreistelliger Millionen-Euro-Betrag gesteckt werden. Die Beschäftigtenzahl soll dort um bis zu 800 steigen, derzeit sind es etwa 1.400. Das Unternehmen möchte zudem weitere Logistikzentren eröffnen, in Könnern (Sachsen-Anhalt) und Rohr (Bayern). Dort sollen jeweils mehr als 1.000 Arbeitsplätze innerhalb des ersten Betriebsjahres entstehen.
Anwendungen mit künstlicher Intelligenz und andere Innovationen sollen die Abläufe von Amazon künftig verbessern, damit die bestellte Ware möglichst schnell beim Kunden ankommt. Bei der Vorführung neuer Technik in Dortmund stellte Amazon einen etwa drei Meter großen Roboter namens Vulcan vor, der Produkte aus Regalen holt und sie dabei dank Sensoren gut ertasten kann. In einem Logistikzentrum in Winsen an der Luhe kommt er bereits zum Einsatz, in einigen weiteren Standorten sollen im nächsten Jahr weitere Roboter installiert werden. Sie sollen die Arbeit der Beschäftigten erleichtern - diese müssen sich dann weniger strecken und beugen, um Produkte aus Regalen zu holen.
Außerdem stellte Amazon ein Sortiersystem vor, das die Adresslabel von Paketen mit Kameras und Spiegeln von allen Seiten erkennt - selbst wenn das Label auf der Unterseite ist, wenn das Paket über das Sortierband rollt: An einer Stelle des Bandes wird es über eine kleine Lücke geworfen, wodurch es von unten gescannt werden kann. Diese Innovation ist ein weiteres Beispiel, wie Amazon seine Abläufe beschleunigen möchte.
Das sogenannte Same-Day-Delivery, bei dem Kunden eine Bestellung noch am selben Tag erhalten, soll ausgebaut werden. Dies ist in Deutschland bereits in gut 30 Metropolregionen möglich, künftig sollen es mehr werden - so kommt etwa Augsburg hinzu. Insbesondere bei Waren des täglichen Bedarfs erhöhe sich die Nachfrage, wenn sie noch am selben Tag geliefert werden, sagt Amazon-Manager Bräuniger. Dazu gehörten etwa Waschmittel, Beauty-Produkte und Ladekabel. Man biete mehr „Same-Day-Produkte“ an als früher.
Um die CO2-Bilanz seines Geschäfts zu verbessern, setzt der Versandriese zudem stärker auf Stromer. So bestellte er unlängst 200 Elektro-Lastwagen für Europa, von denen mehr als 50 in Deutschland unterwegs sein sollen.
Kritik von Verdi
Amazon ist nicht nur ein Online-Händler, sondern auch Paketlieferant - einen Teil seiner Sendungen fährt das Unternehmen selbst aus, den anderen Teil übergibt es zur Auslieferung an Paketdienstleister wie DHL. Hinter dem Paket-Marktführer ist Amazon inzwischen die Firma mit dem zweitgrößten Sendungsvolumen in Deutschland, noch vor Hermes und DPD. Die Paketboten sind bei Amazon nicht fest angestellt, vielmehr arbeitet der US-Konzern mit Subunternehmern zusammen. Das stößt bei der Gewerkschaft Verdi auf Unmut.
Auch bezüglich des Umgangs mit fest angestellten Mitarbeitenden äußert Verdi Kritik. Bei Amazon gebe es immer noch keine rechtsverbindlichen Tarifverträge, moniert die Gewerkschaft.
Zwar seien durch den Druck der Beschäftigten die Entgelte erhöht und die Arbeitsbedingungen in vielen Bereichen verbessert werden, sagt die Gewerkschafterin Silke Zimmer. Doch die Verweigerung eines Tarifvertrags bedeute, dass die Erhöhungen auch zurückgenommen werden könnten, warnt das Mitglied des Verdi-Bundesvorstands. Sie berichtet zudem von einem enormen Leistungsdruck bei Amazon, einer erschöpfenden Arbeitsverdichtung und einer Überwachung am Arbeitsplatz.
Seit Jahren ruft Verdi immer wieder zu Warnstreiks bei Amazon auf, die Firmenangaben zufolge aber keine Auswirkungen auf Kundenbestellungen haben. Amazon betont, einen fairen Lohn zu zahlen, gute Zusatzleistungen anzubieten und generell auf ein respektvolles Miteinander zu setzen.