Süße Plauderei: Richtig Komplimente machen
Berlin/Hamburg/dpa. - Sie sind oft plump oder unangemessen, häufig auch abgedroschen. Und doch steckt meist ein Fünkchen Wahrheit in ihnen. Aber annehmen mag man sie meist nicht - auch wenn man sich ein wenig freut.
Kurzum, es ist eine Krux mit den Komplimenten. Dabei sind sie ein Geschenk. «Die noch im 18. Jahrhundert gängige Umgangsform des Komplimentierens und die süße Plauderei haben heute an Bedeutung verloren», sagt die in der Schweiz lebende Rhetorikerin Gloria Beck. Das ist bedauerlich, denn Psychologen und Flirtexperten sind sich einig: Komplimente setzen positive Energien frei, steigern das Wohlbehagen und wirken stabilisierend auf Beziehungen.
«Ein Kompliment ist wie eine Praline. Sie versüßt das Leben und versetzt den anderen für einen Moment in Euphorie», erklärt Beck. Doch die Fähigkeit, eine solche Nettigkeit ohne Hintergedanken anzunehmen und auch auszusprechen, scheint abhandengekommen zu sein. «Das hat etwas mit unserer Erziehung zu tun, mit der anerzogenen Bescheidenheit und dem Understatement», sagt der Stilberater Jan Schaumann aus Berlin. Dazu komme eine ganze Menge Misstrauen: «Viele überlegen erstmal 'Was will er damit bezwecken'.»
«Grundsätzlich gibt es keine besseren oder schlechteren Komplimente», sagt der Paartherapeut Jörg Wesner aus Hamburg. Dafür seien die Nettigkeiten oft viel zu individuell und persönlich. Doch gerade das könne im beruflichen oder öffentlichen Umfeld zum Problem werden, weil sie entweder unpassend sind oder tatsächlich etwas ganz anderes bewirken sollen.
Gleiten Komplimente ins Persönliche ab - was vor allem zwischen älteren Männern und jungen Frauen vorkommt und dann besonders peinlich wird -, sind sie meist ebenfalls unangemessen, deswegen aber längst noch nicht weniger ehrlich. «Die ältere Generation, und da gerade die Männer, haben noch gelernt, Komplimente zu machen, was bei modernen Frauen aber nicht immer so gut ankommt», sagt Schaumann.
Nina Deissler rät dennoch zu Gelassenheit: «Ein Kompliment ist ein kleines Geschenk und sollte auch als solches behandelt werden», findet die Flirtexpertin aus Hamburg. Ein freundliches «Danke schön» und dazu ein nettes Lächeln seien meistens die beste Reaktion. «Schließlich ist nicht jeder ein guter Rhetoriker.»
Doch es kommt durchaus auf die Formulierung an. «Kleine Variationen in der Wortwahl veredeln die Aussage», erklärt Beck. «Nur» die blauen Augen zu loben, sei langweilig. Hier sei Sprachkompetenz gefordert, also das Bemühen, sich besser auszudrücken, zum Beispiel durch einen ungewöhnlichen Vergleich.
Doch was ist ein gelungenes Kompliment? «Das Problem ist doch, dass viele Komplimente formelhaft und wie auswendig gelernt dahergesagt werden», sagt Schaumann. Solche «süßen Worte» kämen nur in seltenen Fällen an und wirkten plump. «Toll ist es doch, wenn man mal etwas hört, was man noch nie gehört hat», sagt auch Deissler. Das allerdings erfordert besondere Aufmerksamkeit und Beobachtungsgabe - und die Zeit nehmen sich viele erst gar nicht.
«Bei einem gelungenen Kompliment kommt es darauf an, es dem Geschmack des anderen anzupassen, nicht seinem eigenen», erklärt Beck. Das sei so ziemlich die einzige Regel, die man bei Komplimenten anwenden könne. Alles andere lasse sich nicht verallgemeinern.
Literatur: Gloria Beck, Komplimente. Eine Gebrauchsanleitung, Eichborn, ISBN-13: 978-3-8218-5697-1, 19,95 Euro.