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Stolberger "AndersWelt-Theater" Stolberger "AndersWelt-Theater": Erlebnisreich im Fachwerk

Von Ernst Krziwanie 16.04.2015, 09:36
Die Kleinkunstbühne liegt mitten im Fachwerk-Ensemble.
Die Kleinkunstbühne liegt mitten im Fachwerk-Ensemble. Ernst Krziwanie Lizenz

Stolberg - Auf den ersten Blick unterscheidet sich das Haus Am Markt Nr. 2 in Stolberg kaum von seinen Nachbarn. Fachwerk wohin man blickt. Etwa 450 jahrhundertealte Gebäude stehen dicht gedrängt. Manche mit gekrümmtem Gebälk schmiegen sich aneinander, als wollten sie sich gegenseitig stützen. Doch die Mehrzahl ist bunt und saniert. Eilenden Schrittes geht kaum ein Gast des Harzstädtchens an ihnen vorbei.

Als Denkmal vor dem Rathaus seiner Geburtsstadt hat Thomas Müntzer gute Sicht auf viel Sehenswertes. Auch auf das dreistöckige Haus Nr. 2 mit den schlichten grauen Gefachen und Fensterreihen unter historischer Balkenzierde. Etwa 530 Jahre ist es alt. Noch in Kinderschuhen steckt das „AndersWelt-Theater“, das in ihm seit vier Jahren Besucher empfängt. Christiane und Mario Jantosch betreiben das Kleinkunsttheater. Zuvor kannte das Künstlerehepaar nur größere Bühnen. Christiane Jantosch war als Sopranistin engagiert, ihr Ehemann lenkte einige Jahre als Intendant die Geschicke des Bergtheaters Thale und Stolberg war für beide Heimatort geworden.

Zufall und Neubeginn

Ein „glücklicher Zufall“ wollte es, dass aus dem Wohn- auch ein Spielort mit dem „AndersWelt-Theater wurde. „Ein befreundeter Gastronom“, erzählt Mario Jantosch, „fragte uns, ob wir in seinem Restaurant nicht ein kleines Programm mit Musik und Schauspiel gestalten könnten. Der Zuspruch war so gut, dass wir darin eine berufliche Neuausrichtung sahen.“ Das geeignete Haus wurde gefunden und drei Etagen für das „AndersWelt-Theater“ hergerichtet. Die Namensidee hatte Christiane Jantosch. „Wir möchten, dass die Zuschauer, jüngere wie ältere, bei uns begeistert, berührt und verzaubert werden, märchenhafte Momente erleben, Fantasie entwickeln und in eine andere Welt eintauchen. Was lag da näher, als dieser Name für unser Theater?“ Einen Vorgeschmack darauf geben Szenenfotos und kleine Videos auf der Internetseite.

Das Programm der beiden Protagonisten lehnt sich jedoch nicht nur an Märchen an. Sie nehmen ihre Gäste mit auf die Harzreisen von Goethe, Heine und Fontane. Beim Edgar-Allan-Poe-Abend werden „Geschichten aus der Gruft des Dichters“ erzählt, mit Ringelnatz verwandelt sich die Bühne in eine „Hafenkneipe“. Zille, Tucholsky, Loriot, Vergnügliches und Nachdenkliches umfasst der Spielplan.

Die „Kiebitzensteiner“ aus Halle sind mit Kabarettabenden Dauergäste. Schauspieler und Musiker aus Berlin, Bremen, Regensburg und anderen Orten haben ihr Herz für das Spiel in einem der kleinsten Theater Sachsen-Anhalts entdeckt, das pro Vorstellung 40 Besuchern Platz bietet.

Kunst und Kochen handgemacht

Dessen Besonderheit ist jedoch nicht allein das musikalische und literarische Vergnügen auf der intimen Bühne im 1. Stock. Jedes Stück im „AndersWelt-Theater“ bedeutet auch Gaumenfreuden. Dafür wurde die untere Etage in ein elegant-gemütliches Theaterrestaurant verwandelt. Ob Goethe, Grusel oder Grimm - alle Menüs werden themenbezogen zubereitet und angerichtet. Das Entrée gibt es vor dem Spiel, den Hauptgang in der Pause, ein Dessert beschließt das künstlerisch-kulinarische Vergnügen. „Alles ist handgemacht, die Kunst und das Kochen“, so Mario Jantosch.

Ein wenig Kopfzerbrechen bereitet noch das Menü für die nächste Premiere. Nur fast zufällig fällt sie auf den 1. Mai mit „Im Kessel: Buntes“, der Kurioses, Heiteres und Musik aus 40 Jahren Ostkultur bieten wird. Für den Magen wären da HO-Schnitte, Steak mit Würzfleisch und rote Grütze denkbar.

Bedingt durch dieses Spielplangebot ist es ratsam, Tickets vorab zu reservieren. Die Theaterkasse öffnet 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn. Wer etwa vegetarische Speisen bevorzugt, kann das auf der Internetseite unter „Bemerkungen“ eintragen, spezielle Wünsche werden berücksichtigt. Das „AndersWelt-Theater“ kann für private und betriebliche Feiern verpflichtet werden und ist mit Gastspielen an historischen Orten der Harzregion zu erleben. Auch im Schloss Stolberg, das nach langem Verfall nun in eine Krone über der Fachwerkstadt verwandelt wird.

Nicht als Krönung, doch „als Glücksfall für Stolberg“ bezeichnet Claudia Hacker, Chefin des Tourismusbüros, die Kleinkunstbühne. Eine Bereicherung sei das „AndersWelt-Theater“. Für Ortsansässige, vor allem aber für jene, die nach Stolberg kommen, um in eine andere Welt einzutauchen. (mz)

Mario und Christiane Jantosch auf „ihrer“ Bühne.
Mario und Christiane Jantosch auf „ihrer“ Bühne.
Ernst Krziwanie Lizenz