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Spezialitäten Spezialitäten: Die jüdische Küche ist multikulturell

Von Andreas Heimann 02.07.2004, 18:56

Frankfurt/Main/dpa. - Längst gibt es auch in deutschen Großstädten wieder jüdische Restaurants - und so manchen Klassiker wie den Bagel inzwischen an jeder Straßenecke. «Das Interesse an jüdischer Kultur hat im Vergleich zu vor 20 Jahren zugenommen», sagt Nina Reitz vom Jüdischen Museum in Berlin. Damit ist auch der Appetit auf jüdische Spezialitäten größer geworden - Kochbücher mit entsprechenden Rezeptsammlungen sind in den vergangenen Jahren gleich eine ganze Reihe erschienen.

Was viele Hobbyköche verunsichern mag, sind die jüdischen Speisegesetze. Sie legen für strenggläubige Juden fest, wie das Essen zubereitet werden muss: «Als koscher gilt zum Beispiel nur das Fleisch von Säugetieren, die vier Füße haben und Wiederkäuer sind, also Lamm, Rind, Kalb und Ziege», erläutert Regina Schneider, Food-Expertin aus Frankfurt, «aber nicht Schweine, Pferde oder Kaninchen.» Und Fleisch und Milchprodukte gleichzeitig zu servieren, ist streng verboten.

Nun ist es mit religiösen Vorschriften im Judentum nicht anders als in anderen Religionen: Die einen befolgen sie strikt, die anderen etwas lässiger. Und so kommt es, dass Restaurants mit jüdischer Küche nicht automatisch koscher sind - und viele, die zu Hause jüdische Gerichte ausprobieren, auch nicht unbedingt darauf achten, was ein strenger Rabbi dazu sagen würde. «Koscher style» nennt sich das auf Neudeutsch.

«Dabei sind viele der Speisevorschriften hochmodern», sagt Regina Schneider, die zusammen mit ihrer jüdischen Bekannten Rachel Heuberger gerade ein Buch über jüdische Küche verfasst hat. «Sich an Regeln zu halten, hilft bewusst zu essen.» Auch die große Bedeutung von Gemüse in der jüdischen Küche sei durchaus etwas Positives. «Wenn man Spaß am Kochen hat, kann man von jüdischen Rezepten einiges lernen - es schmeckt und ist gesund.»

Weil Juden seit Jahrhunderten in Ländern aller Kontinente zu Hause sind, ist die jüdische Küche von «schwindelerregender Vielfalt», so die britische Autorin Clarissa Hyman, die selbst in einer jüdischen Familie in Manchester aufgewachsen ist. Die Gemüsesuppe Bortsch aus Osteuropa gehört ebenso dazu wie Fisch mit Zitrone und Knoblauchzehen aus Ägypten oder Kartoffel-Tomaten-Curry aus Bombay - «110 Rezepte und Geschichten aus aller Welt» hat Hyman in einem gerade veröffentlichten Buch über jüdische Küche zusammengefasst.

«Das ist ja der Charme der jüdischen Küche, dass sie aus allen Kulturen das Beste mitgenommen hat», sagt Regina Schneider. «Vieles davon ist ohne großen Aufwand zuzubereiten. Jüdische Küche ist relativ bodenständig und nicht so hochgeschraubt». Blinis zum Beispiel - Pfannkuchen nach traditionell jüdischer Art - oder gehackter Hering: «Das ist lecker und einfach zu machen.»

Viele Klassiker sind längst weit verbreitet: «Falafel ist typisch für die israelische Küche», sagt Nina Reitz. «Oder Bagel, die gibt es heute in jedem Café, in dem man frühstücken kann» - und in vielen Bagel-Shops wie dem «BagelPark» in Hamburg. «Wir waren vor vier Jahren der erste der Stadt», erzählt Inhaber Gunnar Stockmann. «Inzwischen beliefern wir auch Hotels und bieten Catering an.» Die Bagels gibt es in etlichen Varianten: klassisch mit Cream Cheese oder Lachs, aber auch mit Tomate-Mozzarella. Typisch für die jüdische Küche - Einfallsreichtum ist ausdrücklich gefragt.