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Skiken Skiken: Von der Rolle

Von Antonie Städter 04.11.2011, 17:39

Halle (Saale)/MZ. - Sie sind etwa 60 Zentimeter lang, zwei Kilo schwer, erinnern ein wenig an Inlineskates und lösen bei Spaziergängern gerne einmal eine Mischung aus Erstaunen und Ratlosigkeit aus: Wenn der Hallenser Christoph Kießling mit seinen Skikes an den Füßen unterwegs ist, dann schauen Unbeteiligte meist zweimal hin. Und haben wohl nur eine Frage im Kopf: Was ist das denn?

Mit zwei Stöcken gleichzeitig stößt sich der Skike-Trainer darauf ab, setzt die Füße nacheinander in einer Technik wie beim Schlittschuhfahren ein, gleitet geschmeidig den Weg entlang und schiebt sich dann wieder mit den Armen ab. Diese Skating-Bewegung sieht ein wenig aus wie Skilanglauf ohne Schnee. Und genau als solches wird das Cross Skating, wie diese Sportart genannt wird, auch gerne genutzt: von Wintersportlern, die auch ohne Schnee wie auf Skiern fahren wollen - und dabei nicht nur auf Asphalt. Inzwischen aber, so Kießling, sind immer mehr Freizeitsportler auf den Rollen unterwegs, die etwas Neues probieren möchten. "Cross Skating erfreut sich eines wachsenden Zulaufs."

Von Halle nach ganz Europa

Dass dafür hin und wieder auch das Wort "Skiken" verwendet wird, liegt an einer Firma mit dem Namen Skike, die Cross Skates herstellt und den Sport in Deutschland bekannter gemacht hat. Ihr Vertrieb, die Four Ace Europe GmbH, hat ihren Sitz im Süden von Sachsen-Anhalt: "Von Halle aus wird der Sportfachhandel in ganz Europa beliefert", erzählt Europa-Managerin Jana Teschner. Vor sechs Jahren seien die ersten Cross Skates der Marke industriell in Serie gefertigt worden. Hergestellt werden sie in China. Erfunden hatte die Skikes Ende der 90er Jahre ein Österreicher. Der größte Markt in Europa sei heute Deutschland, gefolgt von Skandinavien. Gerade in Süddeutschland gebe es viele Fans.

Da sich Anfänger - gerade, wenn sie keine Skilangläufer sind - oft mit der Handhabung und den Bewegungsabläufen zunächst etwas schwer tun, habe man ein Netz von Ausbildern aufgebaut, berichtet Jana Teschner. "Dabei kooperieren wir mit der Abteilung Breitensport des Deutschen Skiverbandes." Bei Kursen können Interessierte den Sport mit Leihausrüstungen ausprobieren. Immerhin kostet das Einsteigermodell der Skikes, die praktischerweise mit den eigenen Schuhen (etwa Outdoor- oder festen Straßenschuhen) statt mit integrierten getragen werden, nach Angaben der Europa-Managerin etwa 200 Euro. Benötigt werden außerdem Stöcke sowie ein Kopfschutz, zum Beispiel ein Fahrradhelm. Mancher trägt zudem Knie- und Ellenbogenschützer.

"Dort, wo der Asphalt aufhört, macht es erst richtig Spaß", schwärmt Christoph Kießling, der Anfängern bereits seit drei Jahren das Rollen auf Cross Skates beibringt. Denn mit ihren luftgefüllten, etwa 15 Zentimeter Durchmesser großen Rollen vor und hinter dem Schuh sind diese nicht nur auf Asphalt, sondern gerade auch im Gelände einsetzbar. Neben festen Park- und Radwegen eignen sich etwa auch Waldwege für den Sport.

Anfangs sind aber ebene Strecken am günstigsten. Christoph Kießling, der beruflich als Sporttherapeut tätig ist, macht mit seinen Kursteilnehmern zu Beginn freihändige Gleit- und Rollübungen. Gleich darauf wird der rhythmische Einsatz der Stöcke dazu trainiert. Und natürlich das Stoppen. Das ist viel einfacher, als mancher Einsteiger denkt: "Die Bremsen der Skikes werden ausgelöst, indem man das Körpergewicht leicht nach hinten verlagert beziehungsweise die Knien durchdrückt", erklärt der Trainer, der selbst Wintersportler, Mountainbiker und Orientierungsläufer ist.

Mehr Action als Nordic Walking

Zum Skiken kam er, als er - damals noch als Selbstständiger - eine Sportart an der frischen Luft für seine Kunden suchte, "die aber actionreicher als Nordic Walking sein sollte". Das Cross Skating, das auch Nordic Skating genannt wird, überzeugte ihn nicht nur wegen des Bezugs zum Wintersport - sondern auch, weil dabei ein Großteil der Muskeln beansprucht werde. "Man kann damit einen großen konditionellen und auch koordinativen Trainingseffekt erzielen", sagt er. Durch die Gleitbewegungen geschieht das auf gelenkschonende Art. "Dieser Sport ist für Jedermann geeignet", sagt auch Jana Teschner. Kindern werde er ab acht Jahren empfohlen. Nach oben ist die Grenze offen: Es gebe Aktive, die 80 Jahre alt sind. Nur: "Ein bisschen Kondition braucht es."

Hobby-Sportler Falk Wenzel, der das Skiken bei Christoph Kießling gelernt hat, ist begeistert: "Man ist superflexibel mit den Dingern, weil man damit jedes Gelände benutzen kann." Zudem bewege man sich darauf sicherer als etwa auf Inlineskates, weil man nicht auf den Rollen steht. Auch die längere Schiene und die Stöcke sorgen für mehr Halt. Wegen des höheren Rollwiderstands durch die Luftbereifung werden die Cross Skates auch nicht so schnell wie Inlineskates. Das Trainingstempo liegt auf der Straße bei knapp 15 Kilometern pro Stunde. Wer rasant unterwegs sein will, muss mit Armen und Beinen richtig Gas geben.

Training für den Skilanglauf

Jetzt im Herbst fährt Falk Wenzel besonders häufig mit dem rollenden Sportgerät - "als Trainingseinheit für den Skilanglauf", so der 41-jährige Hallenser. Seiner Meinung nach der einzige Nachteil: "Es kann passieren, dass man einen Platten hat." Deshalb empfehle es sich, sagt Christoph Kießling, gerade bei längeren Touren immer ein Ersatzrad dabei zu haben.