Senf Senf: Vom Heilmittel zur feinen Zutat
Koblenz/dpa. - Denn Senf gilt Feinschmeckern als universelle Delikatesse, wenn er mit Fingerspitzengefühl verwendet wird. Für Kochbuchautorin Renate Kissel aus Koblenz ist die würzige Paste bei vielen Gerichten das Tüpfelchen auf dem «I». «Ein qualitativ guter Senf ist frei von Konservierungsstoffen und wird schonend hergestellt. Und so sollte er auch in der Küche behandelt werden.» Sie rät, den Senf nicht mitzukochen, sondern möglichst erst zum Schluss hinzugeben, um das flüchtige ätherische Öl zu erhalten.
Die Expertin verfeinert die Sauce zu Wildlachs mit einem milden Kräutersenf oder schmeckt den Kartoffelsalat mit Honigsenf ab. Zu Wild reicht sie Beerensauce angereichert mit körnigem Senf und zu gegrillten Garnelen einen Papaya-Senf-Dipp. Auch empfiehlt die Koblenzerin, einen guten Grundsenf selbst mit Kräutern und Gewürzen abzuwandeln. Allerdings ist Senf nicht ewig haltbar. Mit der Zeit baut sich seine Schärfe ab. Licht und Wärme schaden ihm.
Wie vielfältig Senf schmecken kann, stellen Merit Schambach und ihr Mann Christoph in ihrem «SenfSalon» in Berlin-Kreuzberg unter Beweis. In ihrer kleinen Manufaktur rühren die beiden inzwischen rund 30 verschiedene Sorten an. Dann wird aus schwarzer und brauner Senfsaat der so genannte Zarensenf. Ihr Bananensenf hat mittlerweile Kultstatus. Nach einem Erdbeersenf als sommerlicher Delikatesse wird für den Herbst ein Birnensenf kreiert.
Der durchschnittliche Senfesser greift nach Angaben von Gerhard Weber vom Verband der Essig- und Senfindustrie in Bonn vorwiegend zum Delikatess- oder Tafelsenf. Er wird hauptsächlich aus Gelbsenfsaaten gewonnen. Ein mehr oder weniger hoher Anteil an braunen Samen sorgt für eine milde oder mittelscharfe Note. An zweiter Stelle rangiert scharfer Senf, gefolgt von der süßen Variante aus Bayern.
Für die gelb-braune Paste werden nur drei Senfarten verwendet: Der scharfe Schwarze Senf (Brassica nigra), der Braune oder Sarepta-Senf (Brassica juncea) und der milde Gelbe Senf (Sinapsis alba). Die in Schoten heranwachsenden 1,5 bis 2,5 Millimeter großen Samen sind als Gewürzkorn begehrt. Der einfache und daher kostengünstigere Anbau des Sarepta-Senfs hat den Schwarzen Senf zurückgedrängt.
«Ausschlaggebend für die typische Schärfe ist das Allylsenföl, das in braunen Senfkörnern stärker enthalten ist als in den gelben Samen», erklärt Werksleiter Marc Gebauer von Löwensenf in Düsseldorf. Seine Wirkung entfalte das ätherische Öl jedoch erst beim Zermahlen.
Bei der Verarbeitung werden je nach Farb- und Geschmackswünschen die Saaten gemischt, zwischen Walzen geschrotet, je nach Bedarf entölt und vermischt mit Salz, Essig oder Most sowie Gewürzen in Wasser eingelegt, sprich eingemaischt. Um eine gleichmäßige Verbindung von Schrot oder Senfmehl mit den flüssigen Bestandteilen zu erreichen, wird die Maische je nach Senfsorte noch einmal grob oder fein vermahlen.
Literatur: Renate Kissel, Senf - eine kulinarische Verführung, Umschau, 24,90 Euro, ISBN 3-8295-6430-9.