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Sekt Sekt: Winzersekt konkurriert mit Champagner

Von Heidemarie Pütz 06.09.2007, 20:16

Halle/MZ. - Die meisten Perlen im Glas sind deutsche Erzeugnisse. "Fast 80 Prozent der getrunkenen Flaschen kommen aus Deutschland", sagt Uwe Moll, Vorstandsmitglied der Sektkellerei Schloss Wachenheim (Pfalz). Den Löwenanteil decken dabei drei große Häuser ab: Rotkäppchen-Mumm, Henkell & Söhnlein und Wachenheim.

Deutscher Sekt ist allerdings in der Wirklichkeit nur teilweise deutsch. Denn beim Gros der Flaschen wird ausländischer Wein versektet. Lediglich "Premiumsekte" der Sektkellereien bestehen meist ganz aus deutschem Wein. "Damit wollen wir neue Kunden gewinnen", erklärt Moll. Der Trend, für höherwertigen Sekt etwas tiefer in die Tasche zu greifen, sei da.

Ein Kleinod in der deutschen Sektlandschaft sind Winzersekte. Was unter diesem Namen in die Flasche kommt, unterliegt etlichen Auflagen. "Winzersekt darf nur vom Winzer oder in dessen Auftrag von einer Lohnversektung hergestellt werden", sagt Dieter Schmahl, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Winzersekt in Sprendlingen (Rheinland-Pfalz). Auch müssen die Trauben für den Grundwein aus eigenen Weinbergen stammen. Ist auf der Flasche ein Jahrgang vermerkt, so müssen mindestens 85 Prozent des verwendeten Weines aus diesem Jahrgang sein. Das gilt auch für Rebsortensekt.

Winzersekt gärt nicht in großen Tanks. "Wie bei Champagner findet eine zweite Vergärung in der Flasche statt", sagt Volker Raumland vom Sekthaus Raumland aus Rheinhessen. Das Gesetz schreibt mindestens neun Monate vor. Aber so mancher lässt seinen Sekt länger auf der Hefe liegen, bisweilen - so wie große Champagnerhäuser - jahrelang. "Nach abgeschlossener Gärung zersetzt sich die Hefe und gibt dem Sekt interessante Aromen", so der Experte.

Je länger gelagert wird, desto stabiler ist letztlich die Kohlensäure - ein untrügliches Qualitätsmerkmal. "Im Glas zeigt sich das lange Lagern später als feine, lang anhaltende Perlung", erläutert Herbert Roth vom Wein- und Sektgut "Wilhelmshof" im pfälzischen Siebeldingen. Doch bis es soweit ist, muss kurz vor dem Verkauf die Hefe aus den fest mit einem Kronkorken verschlossenen Flaschen entfernt werden. Dazu werden sie kopfüber schräg nach unten in sogenannte Rüttelpulte gestellt. Täglich nach einer genau vorgeschriebenen Prozedur - meist per Hand - gedreht, setzt sich die Hefe langsam im Flaschenhals ab.

Nach dem Abrütteln sorgt ein kurzes Eintauchen der Hälse in ein Kältebad dafür, dass das Ferment gefriert. Das sogenannte Degorgieren, sprich Enthefen, ist nun ein Leichtes. Der Kronkorken wird entfernt, und der Eispfropf schießt mit Überdruck heraus. Bevor die Flaschen mit Champagnerkorken verschlossen werden, wird mit einer sogenannten Dosage aufgefüllt. Die Rezeptur bleibt Geheimnis des Hauses. Mit der Dosage bestimmt der Winzer die Geschmacksrichtung des Sektes wie extra brut, brut, trocken oder halbtrocken. Dabei entspricht ein trockener Sekt eher einem halbtrockenem Wein. "Denn die Kohlensäure mildert die Wahrnehmung von Süße", erklärt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Mainz.

Die Stärke des Winzersektes lag bisher vor allem in der Rieslingtraube. Immer mehr Hersteller verarbeiten jedoch wie ihre Kollegen in der Champagne Pinotsorten wie etwa Spätburgunder, Schwarzriesling oder Chardonnay und verschneiden sie zu Cuvées. Zu ihrer Palette gehört auch "Blanc de Noir", das ist Sekt aus weißem Wein von dunklen Trauben. Die besten Winzersekte brauchen den Vergleich zu ihren spritzigen Vorbildern aus Frankreich nicht zu scheuen - und nicht nur wegen ihres moderaten Preises.

"Auch wenn Winzersekt nicht die mondäne weite Welt des Champagners verkörpert, so ist er ihm in vielen Fällen qualitativ durchaus ebenbürtig", betont Roth und bedauert die gemessen an Champagner geringen Stückzahlen. Vielleicht gelingt es den deutschen Perlen dabei, den Ruf vergangener Zeiten zurückzugewinnen: Um 1900 waren deutsche Riesling-Sekte teurer als so mancher Champagner.