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Schüler studieren in Rostock auf Probe

Von Joachim Mangler 05.02.2010, 14:15

Rostock/dpa. - Als einer der ersten Schüler in Deutschland hat der 17-jährige Michel Richter in Rostock ein «Studium vor dem Studium» erfolgreich absolviert. «Es war viel, und manchmal hab ich mehrere Stunden dran gesessen.»

So fasst der Jugendliche seine Eindrücke vom Juniorstudium an der Universität der Hansestadt zusammen. Der Jugendliche aus Grimmen hat den Kurs «Abstrakte Datentypen» belegt, «sehr theorielastig», aber dank väterlicher Unterstützung hat er den Schein mit einer guten Note erhalten.

Die Universität Rostock bietet nach eigenen Angaben als bislang einzige Universität Deutschlands seit 2008 ein Online-Juniorstudium für Schüler an. Diese sollen damit schon während der Schule die Möglichkeit erhalten, den Universitätsbetrieb kennenzulernen, sagt der Initiator des Projekts, Informatikprofessor Djamshid Tavangarian. Es gibt Vorlesungen mit Inhalten der ersten beiden Semester aus den Fachbereichen Informatik, Geschichte, Chemie, Theologie, Mathematik, Biologie und Germanistik. Inzwischen haben sich 160 Schüler angemeldet, aktuell sind 70 eingeschrieben.

Zunächst war das Rostocker Online-Juniorstudium als Angebot für Schüler aus Mecklenburg-Vorpommern konzipiert. Dann aber seien Nachfragen aus anderen Bundesländern gekommen, berichtet Tavangarian. Die Uni reagierte, und inzwischen gibt es auch Juniorstudenten aus Baden-Württemberg oder Hessen. Eltern und Lehrer müssen bei der Anmeldung ihr Einverständnis erklären.

Die Schwerpunktlegung auf Online-Vorlesungen ist bedingt durch das einwohnerarme Flächenland Mecklenburg-Vorpommern. Auch andere Unis bieten Schnupper-Studiengänge an, diese seien aber hauptsächlich sogenannte Präsenzveranstaltungen. In Rostock müssen die jungen Leute nur an drei Veranstaltungen teilnehmen: der Einführung, dem einmaligen Treffen mit dem Tutor und der Prüfung am Ende.

Für die Schüler werden die Original-Vorlesungen aufgezeichnet und am selben Tag samt Folien oder anderen Lehrmaterialien ins Netz gestellt. «Das ist auch nicht anders, als wenn man ein Video anschaut. Da redet halt einer und man versucht, es zu verstehen», sagt Michel Richter, der mehrere Stunden pro Woche dafür investiert hat. Tavangarian betont, dass die Schüler vor allem ein gutes Zeitmanagement benötigen.

Genau dadurch zeichnet sich die 17-jährige Rostockerin Sandrina Kreutschmann aus, die sich im vergangenen Semester für die Einführung in die Informatik und Bibelkunde des Neuen Testaments eingeschrieben hat. Die Folge ist ein völlig anderes Freizeitverhalten als bei ihren Klassenkameraden. «Aber an der Universität bin ich näher dran an der Lebenswirklichkeit».

Es gibt gute Gründe, sich als Schüler für das Juniorstudien zu interessieren: Sie können schonmal sehen, ob sie für den einen oder anderen Studiengang genügend Interesse entwickeln. Sie sparen Zeit, weil sie die Scheine im späteren Hauptstudium anerkannt bekommen. Und sie merken, ob Studieren überhaupt etwas für sie ist. «Damit kann auch die Zahl der Studienabbrecher oder Studienfach-Wechsler verringert werden», meint Tavangarian.

Weitere Infos zum Thema Juniorstudium: dpaq.de/4dhgm