Umfrage zeigt Umfrage zeigt: Flugbegleiterinnen werden erschreckend oft sexuell belästigt

Köln - Die Zahlen sind erschreckend: Mehr als zwei Drittel der Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter haben in ihrer Karriere schon sexuelle Belästigung erlebt. Das geht aus einer Umfrage der US-Gewerkschaft des Flugpersonals, Association of Flight Attendants-CWA (AFA), hervor.
An der Untersuchung nahmen mehr als 3500 Crew-Mitglieder teil, die bei 29 verschiedenen US-Airlines tätig sind. 80 Prozent waren Frauen, 20 Prozent Männer.
Passagiere baten Flugpersonal um „sexuelle Gefallen“
68 Prozent der Befragten gaben demnach an, dass sie während ihrer beruflichen Laufbahn schon sexuelle Belästigung erfahren haben. 35 Prozent von ihnen wurden erst im vergangenen Jahr verbal von Passagieren belästigt, 18 Prozent erlebten im gleichen Zeitraum sogar physische Übergriffe durch Fluggäste.
Die befragten Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter erklärten im Falle der verbalen Belästigungen hätten die Passagiere sich nicht nur in zweideutigen oder anrüchigen Kommentaren geäußert. Teilweise seien sie auch explizit von Fluggästen um „sexuelle Gefallen, pornographische Videos und Bilder“ gebeten worden.
Berührungen am Hintern, an den Brüsten und im Schrittbereich
Betroffene, die körperliche Übergriffe erlebt hatten, berichteten „am Hintern, an den Brüsten und im Schrittbereich“ berührt, betatscht oder befummelt worden zu sein. Die Passagiere griffen ihnen demnach auch unter die Uniform. Teilweise lauerten die Fluggäste den Crew-Mitgliedern auf, um sie darauf zu umarmen, zu küssen oder sich an ihnen zu reiben.
Die meisten Betroffenen versuchten dem übergriffigen Fluggast daraufhin aus dem Weg zu gehen. Eine kleinere Gruppe sprach den Passagier auf sein Fehlverhalten an und noch weniger ignorierten es einfach.
Nur sieben Prozent teilten die Übergriffe ihren Vorgesetzten mit
Nur sieben Prozent der Betroffenen teilten die Übergriffe ihren Vorgesetzten mit. Trotz der Debatte um #MeToo hätten 68 Prozent bei ihrem Arbeitgeber keine Bemühungen bemerkt, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz anzusprechen, heißt es in der Mitteilung der Gewerkschaft über die Studie.
„Flugbegleiter müssen sich darauf verlassen können, dass die Führungskräfte der Fluggesellschaften sie unterstützen, wenn sie auf Belästigungen von Besatzungsmitgliedern und Passagieren reagieren und Belästigungen melden", sagte Sara Nelson, AFA-Gewerkschafts-Präsidentin.
„Erschreckend viele deutsche Crewmitglieder berichten von Übergriffen“
Nun beziehen sich die Zahlen der Umfrage ausschließlich auf Flugpersonal bei US-amerikanischen Fluggesellschaften. Die Frage ist, wie es bei deutschen Linien aussieht?
„Es gibt leider keine offiziellen Zahlen zu sexuellen Übergriffen auf deutsches Flugpersonal“, sagte Nicoley Baublies, Vorsitzender der Industriegewerkschaft Luftverkehr (IGL) dieser Zeitung. „Es gibt aber erschreckend viele Crewmitglieder, die von verbalen aber auch physischen Übergriffen berichten. Dies geschieht nicht nur durch Passagiere, sondern es gibt auch Vorfälle durch Kollegen oder Vorgesetzte“, erklärte der Gewerkschafts-Sprecher.
„Klaps auf den Hintern der Stewardess ist keine Seltenheit“
„Der Klaps auf den Hintern der Stewardess ist keine Seltenheit“, so das Vorstandsmitglied der Unabhängigen Flugbegleiter-Organisation (UFO). „Leider glauben manche Passagiere, auch in den oberen Klassen, dass sie mit dem Flugticket für noch etwas mehr bezahlt haben“, so Baublies. Einige Betroffene müssen nach Gewerkschaftsangaben auch psychologische Hilfe in Anspruch nehmen.
Bei der Lufthansa hieß es auf Anfrage, dass interne Statistiken zu diesem Thema nicht veröffentlicht würden. Auch anonyme Beispiele wolle man aus Datenschutzgründen nicht preisgeben, sagte eine Sprecherin. „Egal, wo und in welchem Umfeld es zu Belästigung kommt – wir unterstützen unsere Mitarbeiter, sich in Fällen von sexueller Belästigung Hilfe zu suchen. Je mehr Mitarbeiter dies tun, desto geringer wird die Hemmschwelle für andere Betroffene, sich ebenfalls zu äußern“, so die Lufthansa-Sprecherin.
Flugbegleiter werden im Umgang mit sexueller Belästigung geschult
Die Flugbegleiter würden regelmäßig für den Umgang mit sexueller Belästigung an Bord geschult. „Bei Vorfällen an Bord wird jeder gemeldete Vorfall überprüft und der Passagier muss, neben einer Anzeige, im Einzelfall auch damit rechnen von Lufthansa-Flügen generell ausgeschlossen zu werden.“
Ein ähnliches Vorgehen sieht die Fluggesellschaft Condor bei gemeldeten Übergriffen vor, wie eine Sprecherin auf Anfrage mitteilte. „Unsere Crews werden auch in der Nachbereitung von sämtlichen Vorfällen an Bord von geschulten Kräften betreut, soweit es gewünscht ist.“