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Miami, Florida Miami, Florida: Zwischen Opernhaus, Graffiti - und dem Bauhaus

Von Alexander Baumbach 07.06.2018, 13:38
Gerade Miami Beach ist von der klassischen Moderne geprägt.
Gerade Miami Beach ist von der klassischen Moderne geprägt. Baumbach

Miami - Welch unglaubliche Energie in dieser Stadt steckt, das ist überwältigend. Rund 130 Jahre alt ist Miami, die südliche Metropole Floridas. Miami Beach, auf der Sandbank hinter der Biscayne Bay, sogar noch jünger. Dort hat man gerade den hundertsten Geburtstag gefeiert. Und irgendwie erfindet sich dieses Ballungszentrum mit mehr als fünf Millionen Einwohnern in der wohl unamerikanischsten aller Gegenden der USA aller zehn Jahre neu.

In den 1920er und 30er Jahren kamen die ersten Urlauber an die Mangrovensümpfe. Im Krieg wurden die Hotels mit Soldaten gefüllt, die dann im Frieden mit ihren Kindern an die Strände zurückkehrten. In den 1970er Jahren setzten sich die Alten aus der Generation Baby Boom in Florida zur Ruhe - und während mehr und mehr Umsiedler aus der Karibik und vor allem Kuba in die USA strömten, verkam Miami immer mehr zur Drogen- und Mafia-Hochburg.

Seit der Jahrtausendwende kommen die Künstler erneut in den karibischen Teil der Vereinigten Staaten. Dort, wo sich am Anfang die Erben der Bauhaus-Meister architektonisch austobten und heute ein nahezu ganzer Stadtteil im Art-Déco-District von South Beach unter Denkmalschutz steht, lockt jedes Jahr im Dezember die amerikanische Ausgabe der „Art Basel“ kunstsinniges (und zahlungskräftiges) Klientel ins Convention Center – nur einen Steinwurf entfernt vom „Wolfsonian“.

Das Museum versteht sich dabei selbst als Forschungsstätte des erfinderischen und provokativen Charakters der Moderne – und versucht anhand von Objekten und Design darzustellen, wie Geschichte die Gegenwart und Zukunft formt. Bis August läuft hier noch eine Ausstellung über Propaganda-Plakate in der UdSSR zwischen den Weltkriegen - mit viel Material aus der ehemaligen DDR.

Musik und Design

Daneben steht die New World Symphony. Hier wird nicht nur der musikalische Führungsnachwuchs der internationalen Klassik-Musikszene auf den Berufsalltag vorbereitet. Es wird auch auch über ein riesiges System von Projektoren und Lautsprechern ein Ort geschaffen, an den selbst Otto Normalbürger samstags hingeht, um beim Picknick mit der Familie im Park kostenlos Konzerte zu erleben. An anderen Tagen nutzt die Stadtverwaltung die Fläche und zeigt hier, ebenfalls kostenlos, aktuelle Kinofilme.

Wie Kunst und Kultur eine Stadt zum Besseren wandeln können, sieht man am besten in Wynwood. Das Viertel nördlich von Downtown galt jahrelang als Problemzone: Industrie und Lagerhallen, offene Kriminalität. In den vergangenen zehn Jahren hat auch hier das Häuten eingesetzt. Die riesigen, fensterlosen Flächen an Hausfassaden und Grundstücksmauern sind heute Freiluftgalerie für Graffiti-Künstler.

Wer Rang und Namen in der Szene hat, kommt aus der ganzen Welt nach Wynwood, um dort eine Fläche zu „bomben“ oder seine kreative Vision zu „burnen“. Und auch hier ist Miami wieder gut für eine Überraschung: Während in der Scheinwelt von Ocean Drive und South Beach am liebsten nur Glitter und Party zelebriert wird, in den Malls von Downtown König Dollar regiert, wird hier in Wynwood Kunst politisch. Sogar die Bürgersteige werden als Leinwand genutzt.

Graffiti und Hochkultur

Vom ganz speziellen Chic der Wynwood Walls ist es wiederum nur ein Katzensprung in Richtung Norden, und man steht mitten im Design District. Eingerahmt von Louis Vitton, Rolex und Armani kommt man hier direkt ins Zentrum zeitgenössischer Kunst: dem Institute of Contemporary Art. Geheimtipp, wenn man eh schon in der Gegend ist: einen Kaffee im St. Roch Market. Die „food hall“ hat neben 15 verschiedenen Küchen auch ein großes Bücherregal.

Wer sich nicht davor scheut, in farblich (!) geordneten Büchern zu wühlen, darf sein Exemplar über Malerei, Fotografie oder Architektur nicht nur mit zum Tisch nehmen, sondern sogar mit heim. „Wir haben vor der Eröffnung einen Posten mit tausenden Büchern unter dem Stichwort ,Design’ gekauft. Wir haben da noch einige im Lager, um die Lücken zu ersetzen“, erzählt einer der Angestellten.

Flüge nach Miami starten in Deutschland meist in Düsseldorf, Frankfurt oder München. Eurowings etwa fliegt mittwochs, freitags und sonntags ab Düsseldorf (Flugzeit etwa zehn Stunden).

Einreisebestimmungen für die Vereinigten Staaten checkt man am besten bei der US-Botschaft (https://de.usembassy.gov/de/). Für rund 12 Euro bekommt man vor Reiseantritt hier auch die elektronische Reise-Autorisierung ESTA. Diese trägt man am besten bis zum Boarding ausgedruckt bei sich, so dass man sie ungefähr ein Dutzend Mal zeigen kann.

Das Sicherheitspersonal am Flughafen Miami ist sehr entspannt. Nach dem Empfang des Gepäcks konnte der Autor den Flughafen nach etwa 15 Minuten verlassen.

Übernachten kann man in den verschiedensten Kategorien von Unterkünften, vom Hostel bis zum Luxus-Ressort. Wer es gern gemütlich mag, findet im The Standard Spa (www.standardhotels.com/miami) auf Belle Isle, einer der künstlichen Inseln in der Biscayne Bay zwischen Miami und Miami Beach, eine ruhige, relaxte Herberge mit Badewanne auf der Veranda, großem Poolbereich und Sonderleistungen wie einem geführten „sunrise yoga“ oder Horoskop-Session bei der Hexe des Hauses.

Exklusiver geht es im East Miami (www.east-miami.com) zu. Dafür gibt es aber auch einen atemberaubenden Blick über Downtown und die Bay von der Badewanne mit Fenster oder den Glasbalkon in schwindelerregender Höhe - und für die Nachtvögel unter den Gästen eine eigene Dach-Bar mit internationalem Flair. Mit südamerikanischer Küche lockt das Restaurant Quinto La Huella direkt im Haus.

Wer etwas jugendlicher unterwegs und auf der Suche nach einem Hostel ist, findet im Freehand (www.freehandhotels.com/miami)in Miami Beach eine Herberge, die vom normalen Zimmer über Achtbettzimmer bis zum Bungalow einiges in petto hat.

Wer im Standard Spa übernachtet, probiert am besten gleich den Lido Bayside Grill neben dem Pool, direkt an der Biscayne Bay aus. Hier gibt es neben toller Küche auch einen atemberaubenden Blick über Miami – vor allem, wenn hinter der Großstadt die Sonne untergeht.

In Miami Beach lockt die Bodega Taqueria y Tequila mit Tacos und Burritos. Die gute Küche – in einem alten Wohnwagen untergebracht – steht dabei in krassem Kontrast zum Äußeren der Lokalität, die von außen wie eine Autowerkstatt wirkt. Aber auch wenn es mit dem Speisen etwas später wird, muss man die Location nicht wechseln. Hinter der Wohnwagenküche lockt ein Saloon mit ausgiebiger Barlandschaft – und einem echten Geweih-Kronleuchter.

Nach der ausgedehnten Graffiti-Tour durch Wynwood wird man im 1-800-Lucky wieder satt. Geheimtipp: Barkeeper Michael mixt ein paar echt geführliche Cocktails. Abends geht man ein paar Meter weiter und landet fast automatisch in der No. 3 Social rooftop bar. Dort ist nicht nur die Bar bezaubernd, sondern auch die Livemusik und der Blick über die hell leuchtende Millionenmetropole.

Zurück in Downtown wartet noch ein „kleiner“ Campus auf den Reisenden in Sachen Kultur: Das Frost Science Center, neu gebaut und auf sechs Stockwerken ausgedehnt, lockt mit riesigen Aquarien und einem vollwertigen Planetarium (inklusive Lasershow). Direkt nebenan ist das „Pérez Art Museum Miami“ ein weiteres Kunstmuseum, das sich eher der Moderne verschreibt.

Nur mal so zur Einordnung: Der chinesische Dissident und Künstler Ai Weiwei stellte hier 2014 aus, zur Sammlung gehören unter anderem Werke von John Baldessari, Ólafur Elíasson und Dan Flavin. Und wer dann den Abend noch musikalisch beschließen möchte: Ganz in der Nähe findet man das Adrienne Arsht Center für darstellende Künste.

Durch den Trend zum Zweit-Konzertsaal (das Arsht-Center hat einen mit 2200 Sitzen und einen zweiten mit 2400) kann das Zentrum auf eine beeindruckende Anzahl von fast 500 Veranstaltungen im Jahr verweisen: Die Palette reicht hier von Konzert über Oper bis zum Tanzabend. (mz)