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Mallorca-Urlaub Mallorca-Urlaub: Brite versucht möglichst deutsch zu werden

Von Katharina Klöber 20.02.2015, 14:55
Adam Fletcher hat sich ausgiebig mit den Marotten und Skurrilitäten der Deutschen beschäftigt.
Adam Fletcher hat sich ausgiebig mit den Marotten und Skurrilitäten der Deutschen beschäftigt. privat/ Ullstein Verlag Lizenz

Adam Fletcher, Jahrgang 1983, ist Brite und lebt seit 2007 in Deutschland, zunächst kam er nach Leipzig, inzwischen ist Berlin zu seiner Wahlheimat geworden. Mit seinem Bestseller „Wie man Deutscher wird in 50 einfachen Schritten“ landete der Autor 2013 einen Überraschungserfolg. Während er in dem Buch als Außenstehender vermeintlich typisch deutsche Eigenschaften und Angewohnheiten beschreibt, wechselt er in seinem neuesten Werk „Make me German – Wie ich einmal loszog, ein perfekter Deutscher zu werden“ die Perspektive.

Adam stellt nämlich fest: „Beobachten und sich integrieren sind zwei ganz verschiedene Dinge. Zugucken heißt nicht machen. Berichten heißt noch nicht verstehen.“ Die Konsequenz für den 31-Jährigen: „Ich musste den nächsten Schritt tun und mich integrieren.“

Um endlich selbst ein richtiger Deutscher zu werden, holt sich Adam Hilfe bei seinen deutschen Freunden. Sie empfehlen ihm Tätigkeiten, die er unbedingt ausprobieren soll und erklären ihm, an welchen hierzulande allseits bekannten Bräuchen eine Teilnahme nicht vorbeiführt. Ganz so, wie es „richtige“ Deutsche eben tun.

Mallorca – das Deutscheste außerhalb Deutschlands

So besucht Adam zunächst mit seinem Freund Alex ein Schützenfest in der Nähe von Mönchengladbach, wäscht an einem Samstagnachmittag mit Hingabe sein Auto und bucht für sich und seine Freundin Annett einen Pauschalurlaub auf Mallorca.

„Wenn du das Deutscheste kennenlernen willst, das es außerhalb Deutschlands gibt, musst du nach Mallorca“, rät ihm sein Kumpel Christoph. Ohne Reise an den Ballermann werde niemand seine Integrationsbemühungen ernst nehmen. Seine „Recherchereise, um die deutschen Urlaubssitten zu studieren“, beginnt schon im Flieger. Hinter Adam und Annett sitzen drei Männer und drei Frauen, die fröhlich das Lied „Malle ist nur einmal im Jahr“ anstimmen. Brite Adam freut sich: Das Lied sei eine optimale Vorbereitung, schließlich sei der Song eine Art offizielle Hymne der deutschen Mallorca-Urlauber.

Das volle Programm: All inclusive, El Arenal, Oberbayern

Im Hotel angekommen, führt Adam und Annett ihre erste Urlaubshandlung an den Pool: „Wir hatten All-inclusive-Armbänder und zwei Lebern, die zum Abbau exzessiver Alkoholmengen bereitstanden.“ Und so tut der 31-Jährige alles, was ein richtiger deutscher Tourist auf Mallorca dem Klischee nach tut: So viel essen und trinken wie nur irgend möglich.

Ein Ausflug führt die beiden Urlauber ins Ortszentrum von El Arenal, „ein Mini-Deutschland mitten auf Mallorca“. Ein Besuch in der Disco Megapark lässt Adam und Annett verstört zurück: Wie ein „XXXL-Disneyland für besoffene Deutsche“ wirkt der Laden mit seinen leichtbekleideten Tänzerinnen und der monotonen Schlagermusik in Endlos-Schleife. Nach einer Stunde flüchten Adam und Annett zurück ins Hotel.

Wie Adam den Urlaub doch noch zum Erfolg führt und ob sein Integrationsversuch gelingt, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Doch ohne einmal richtig Party gemacht zu haben, wollen die beiden Berliner nicht wieder abreisen: „Am Abend des dritten Tages stellten wir fest, dass wir bisher zwar regelmäßig maßvoll getrunken hatten, aber noch keinen Absturz hingelegt hatten.[…] Das musste sich ändern.“ Adam nimmt seinen Mut zusammen und spricht im Hotel zwei jugendliche Brüder an, die den beiden zeigen sollen, wie man richtig feiert. Nach einigen Drinks an der Bar ziehen sie gemeinsam los ins berüchtigte Oberbayern. Wie es sich gehört, tanzt Adam zu Schlagern und singt lauthals mit. So wird der Urlaub doch noch zu einem Erfolg: Ihren letzten Tag auf Mallorca verbringen Adam und Annett verkatert am Strand.

Der Urlaub auf der Deutschen liebsten Insel ist jedoch nicht die letzte Prüfung, die Adam zu bestehen sich auferlegt. Er probiert sich zum Beispiel im neuen Volkssport Nordic Walking, weil es den „idealen Dreiklang deutscher Leidenschaften“ biete: Wandern, das Optimieren eines Prozesses und Spezialausrüstung. Außerdem testet er, wie es ist, statt mit der Deutschen Bahn („Ich wusste, wie genervt viele Leute von der Bahn sind – aber ich hatte das Ausmaß des Hasses unterschätzt“) mit der Mitfahrgelegenheit ans nächste Ziel zu kommen.

Anzeichen für eine gelungene Integration

Doch reicht all das, um am Ende auch das eigentliche Ziel, die Integration in die deutsche Kultur, zu erreichen? Adam zweifelt: „Jedes Mal, wenn ich etwas gelernt oder zum ersten Mal bewältigt hatte, wurde mir nur umso bewusster, wie viel ich noch nicht wusste.“ Trotzdem stellt er fest: ­„Je länger ich mich beobachtete, desto mehr untrügliche Integrationssymptome bemerkte ich. Ich begann, automatisch auf den Tisch zu klopfen, wenn ich die Kneipe betrat oder verließ. Ich ertappte mich dabei, intensiv über die Notwendigkeit eines Tageslichtbads zu diskutieren. Ich freute mich, wenn die Spargelsaison begann.“

Da scheint die Frage, die sich Adam stellt, berechtigt: „ Bin ich jetzt ein perfekter Deutscher? Sicher nicht!“, lautet seine Antwort. Aber immerhin: Etwas dazugewonnen habe er dennoch. „Ich habe gelernt, zu sparen. Ich beherrsche eine zweite Sprache. Ich bin viel effizienter und produktiver als früher.“ Und so bleibt doch ein positives Fazit: „Haben meine Jahre in Deutschland mich zu einem besseren, respektvolleren, zivilisierteren Zeitgenossen gemacht? Ja!“.

Informationen zum Buch

Adam Fletcher: Make me German – Wie ich einmal loszog, ein perfekter Deutscher zu werden/ One Ausländer's quest to become the perfect German: Zweisprachiges Wendebuch Deutsch/Englisch, erschienen im Ullstein Verlag, 400 Seiten, 9,99 Euro.

Buchcover Make me German by Adam Fletcher
Buchcover Make me German by Adam Fletcher
Ullstein Verlag Lizenz