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Kettensägen, Koffer voll Äpfel Kettensägen, Koffer voll Äpfel: Diese kuriosen Dinge landen im Flughafen-Fundbüro

Von Vanessa Kokoschka 29.01.2018, 10:33
Verrückt, was Reisende am Flughafen vergessen: Rike Krüger, stellvertretende Leiterin des Fundbüros am Flughafen Frankfurt, zeigt eine Kettensäge. 
Verrückt, was Reisende am Flughafen vergessen: Rike Krüger, stellvertretende Leiterin des Fundbüros am Flughafen Frankfurt, zeigt eine Kettensäge.  dpa

Frankfurt - Die Mail kam aus Florida. Neben einer verzweifelten Nachricht enthielt sie ein Foto des Vermissten: ein kleiner, gelb-brauner Stoff-Affe. Ein Kind hatte das Tier vor dem Abflug am Frankfurter Flughafen liegenlassen und seitdem schmerzlich vermisst, wie Rike Krüger berichtet, die stellvertretende Leiterin des Fundbüros. Nun hockt der Affe in einem der Regale und wartet auf die Wiedervereinigung mit seiner Familie.

Ob verloren, vergessen oder verlegt: Im Fundbüro des Frankfurter Flughafens landen all die Gegenstände, die herrenlos aufgelesen oder vom Bodenpersonal bei Sicherheitskontrollen entnommen werden. Hier treffen verzweifelte Eigentümer auf ehrliche Finder - und im besten Fall auf ihre vermissten Gegenstände.

Kettensägen sind im Fundbüro schon Klassiker

Der Stoff-Affe ist nur einer von 22.000 Objekten, die jährlich ihren Weg ins Fundbüro finden. Hier lagern die geliebten Kuscheltiere neben sperrigen Küchengeräten und hochwertige Uhren neben miefigen E-Zigaretten. Während an den Garderobenstangen die üblichen Verluste wie Jacken und Westen hängen, tummeln sich in den Regalen Kuriositäten.

Krüger deutet auf den zusammengeklappten Rollstuhl: „Manche Gäste lernen bei uns anscheinend wieder Laufen.“ Mittlerweile spinne sie sich keine Geschichten mehr zusammen. „Nach einer gewissen Zeit fragt man nicht mehr nach dem „Warum““, sagt sie.

Eine Antwort auf diese Frage zu finden, erscheint angesichts mancher Kofferinhalte schwierig. Da sind die Passagiere, die ihr Gepäckstück bis zum Rand mit Äpfeln füllen. Bei manchen geht die Liebe zum Werkeln so weit, dass sie ohne ihr Werkzeug nicht in den Urlaub wollen. „Unser Klassiker sind die Kettensägen“, sagt Krüger, „besonders im Sommer haben wir viele da.“ Diese landen anschließend aber nicht in den offenen Regalen, sondern im Gefahrgutschrank im Nebenraum. „Die Schränke verschließen sich von alleine, wenn sich in ihnen etwas entzündet“, erklärt Krüger die Vorsichtsmaßnahme.

Drei Monate Zeit, sich im Fundbüro zu melden

Ebenfalls ein Sicherheitsvorkehrung hat der verschließbare Raum mit den Wertgegenständen. Nach Monat und Datum sortiert beherbergen die einzelnen Kisten die in diesem Zeitraum gefundenen Uhren und Schmuckstücke. In Druckverschlussbeutel verpackt und sorgfältig etikettiert, warten sie auf ihre Besitzer. Auch Smartphones und alte Tastenhandys liegen hier. „Als vor einigen Jahren das iPhone 5 rauskam, hatten wir das Modell noch vor dem offiziellen deutschen Verkaufsstart hier“, sagt Krüger. Vermutlich habe ein amerikanischer Passagier das Gerät am Flughafen verloren.

Insgesamt drei Monate Zeit haben die Eigentümer, um sich im Fundbüro zu melden - sofern sie nicht vorher vom Personal kontaktiert werden. „Bei identifizierenden Gegenständen wie Adresskärtchen im Koffer, melden wir uns direkt bei den Eigentümern“, sagt Krüger. Nach Ablauf der Frist werden persönliche Objekte und Daten vernichtet. „Einmal wurde bei uns ein Hochzeitsalbum abgegeben“, erinnert sich Krüger, „da blutet einem das Herz, wenn man das entsorgen muss.“

Übrig gebliebene Fundsachen werden versteigert

Falls sich der Eigentümer innerhalb der Frist meldet, prüfen die Mitarbeiter die angegeben Daten genau. „Bei Laptops und Handys checken wir die Seriennummer und das Passwort“, sagt Krüger. Bei anderen Fundstücken gehen die Kollegen nach einer detaillierten Beschreibung vor: Aussehen, Farbe, Marke. Das müsse alles stimmen, erst dann bekomme der Eigentümer seinen Gegenstand zurück.

Die Fundsachen, die dann noch übrig bleiben, gehen an ein Auktionshaus in Darmstadt. Bei jährlich bis zu acht Versteigerungen finden die einst herrenlosen Objekte dort einen neuen Besitzer. „Es gibt nichts, was nicht unter dem Hammer weggeht“, weiß Birgit Wendt. Sie ist die Inhaberin des Unternehmens und führt seit 30 Jahren Protokoll bei den Versteigerungen.

Je länger gelagert, desto teurer die Gebühren

Technische Gegenstände seien, anders als viele dächten, nicht der absolute Renner bei den Auktionen. „Viele Produkte sind sicherheitsgesperrt, so dass sie nur noch als Ersatzteillager dienen“, sagt Wendt. Größerer Beliebtheit erfreuen sich Designerstücke. Besonders Schnäppchenjäger hoffen auf ein günstiges Angebot. Für einen Louis Vuitton Rucksack sei Wendt extra in die Frankfurter Innenstadt gefahren, um den Preis abzugleichen. „Unfassbar, dass so ein kleiner Rucksack 1800 Euro kostet“, sagt sie und schüttelt den Kopf.

Solch hochpreisige Gegenstände lagert das Fundbüro auch mal über die dreimonatige Frist hinaus. „Wenn die Gegenstände sehr wertvoll sind, heben wir sie bis zu sechs Monate auf“, sagt Krüger. Die Aufbewahrung ist aber nicht umsonst: Je wertvoller das Produkt und je länger es gelagert wird, desto teurer werden die Gebühren. Hinzu kommt unter Umständen ein Finderlohn. „Weil wir aber laut dem Gesetz unter eine öffentliche Verkehrsgesellschaft fallen, hat der Finder nur einen Anspruch auf seinen Lohn, nicht aber auf den Gegenstand selbst“, erklärt Krüger.

Oftmals bleiben die hochpreisigen Funde aber eher zurück, als die vermeintlich Wertlosen. Denn für den ideellen Wert seien die meisten bereit, auch mal tiefer in die Tasche zu greifen. Wie im Fall des kleinen Äffchens. Für ihn geht es demnächst auf Reisen: Per Versand wird der tierische Freund zu seinem Besitzer in die USA geschickt. (dpa)