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Familie Familie: Manche Vornamen verhindert Vater Staat

10.04.2002, 08:28

Leipzig/dpa. - Lange bevor der Nachwuchs das Licht erblickt, hat er schon für abendfüllende Diskussionen gesorgt. «Wie soll unser Kind bloß heißen?» - das fragen sich werdende Eltern schon Monate im voraus. Und in den seltensten Fällen werden sich Vater und Mutter auf Anhieb einig.

Thomas oder Stefanie - Namen dieser Art scheiden meist von vorneherein aus, denn allzu verbreitet soll der Vorname nicht sein. Dann doch lieber «Giovanna», «Maurice» oder «Thor», die internationale Auswahl ist groß. «Leon», «Alexander» und «Maximilian» - das waren 2001 die drei beliebsten Jungennamen. Bei den kleinen Mädchen setzten viele Eltern eher auf Klassisches: «Marie», «Sophie» und «Maria» wurden am häufigsten gewählt, wie eine Untersuchung des Namenforschers Wilfried Seibicke in Heidelberg bei repräsentativ ausgewählten Standesämtern ergab.

Einigen Eltern geht allerdings die Phantasie durch: «Porsche» und«Champagner» - auch das wurde schon beantragt. Doch da spielt das Standesamt nicht mit. «Generell ist alles erlaubt, solange das Wohl des Kindes berücksichtigt wird», sagt Jochim Tryba. Zuerst schaut der Standesbeamte aus Frankfurt am Main in das Internationale Handbuch der Vornamen. Aber längst nicht alle Namen sind dort verzeichnet, denn das Buch ist auf dem Stand von 1986. Dann haben die Eltern ein Problem. Sie müssen nämlich beweisen, dass der Vorname wirklich einer ist. Beispiel «Hanuta» - auch dieser Namenswunsch wurde schongeäußert: «Das ist ja eigentlich ein schöner Name», sagt Trybaschmunzelnd, «er steht aber nicht in meinem Buch».

Ein Fall für Gabriele Rodriguez. Immer wenn die Standesbeamten inDeutschland einen Vornamen nicht in ihrem schlauen Büchlein finden,klingelt bei ihr das Telefon. Bis zu 350 Anfragen verzweifelterEltern bekommt die Sprachwissenschaftlerin jeden Monat, denn sieleitet an der Universität Leipzig Deutschlands einzige Stelle fürNamensberatung. Rodriguez recherchiert, ob der von den Elterngewünschte Name existiert und ob er eintragungsfähig ist. Ist diesder Fall, schreibt sie eine Empfehlung für das Standesamt.

Die Beamten halten sich in der Regel an diese Vorgabe. Aber auchdie Namensforscherin hat strenge Kriterien. «Hanuta», eine werblicheAbkürzung für «Haselnusstasche» - nein, das gehe nicht. Genauso wenigwie «Crazy Horse», «Borussia» und «Ariel» - Namen, die sie allesamtabgelehnt hat. «Der Vorname darf keinen Anlass zum Spott geben»,erklärt Rodriguez. Zudem müsse der Name als solcher erkennbar undgeschlechtseindeutig sein. «Und man darf mit ihm kein Markenproduktoder einen Sportverein verbinden», ergänzt die Expertin.

Es gibt aber auch Freiräume bei der Namensgebung.Geschlechtsneutrale Namen wie «Luka» oder «Charlie» müssen lediglichum einen eindeutigen Jungen- beziehungsweise Mädchennamen ergänztwerden. Zudem haben die Eltern ein Namensfindungsrecht, «wenn derName den übrigen Kriterien entspricht», erläutert der StandesbeamteTryba. Eine Neuschöpfung wie «Keron» - gebildet aus den elterlichenNamen «Kerstin» und «Ron» - wurde nach einem positiven Gutachten vonRodriguez akzeptiert. «Auch ausländische Namen sind kein Problem»,sagt Tryba.

Selbst ein Familienname kann Vorname sein - allerdings nur alsZweitname. In solchen Fällen müssen die Eltern ihren Wunschallerdings gut begründen können. «Birkenfeld», zum Beispiel, hatNamensforscherin Rodriguez zur Eintragung empfohlen - eine Ausnahme,die den verstärkten Wunsch nach Individualität zeigt.

«Die Eltern wollen später nicht einen von fünf Andreas in derSchulklasse sitzen haben», ist Rodriguez' Erfahrung. Aus diesem Grundsei Internationalität angesagt. So würden neben schwedischen oderitalienischen Namen auch indische, afrikanische und arabischeVornamen immer populärer.

Informationen: Gabriele Rodriguez, Gesellschaft für Namenkunde,Universität Leipzig (Tel: 0341/973 74 64); Internet:http://www.vornamen.com; http://www.kindername.de;http://www.dufa.de.