Deutscher Reiseverband Deutscher Reiseverband: Tourismus von Terroranschlägen unbeeindruckt

Terror in Ägypten und Tunesien, der bewaffnete Konflikt zwischen Kurden und dem türkischen Staat, hunderttausende Flüchtlinge auf Seelenverkäufern im Mittelmeer, der Abschuss des russischen Ferienfliegers über dem Sinai, zuletzt noch die Anschläge in Paris: Die Zeiten sind unruhig, um nicht zu sagen beängstigend. Für die Reisebranche sind das gewiss keine guten Vorzeichen.Über Umsatzeinbrüche und Buchungsrückgänge müsste man sich jedenfalls nicht wundern.
Umso überraschender ist es daher, dass die deutsche Touristik 2015 auf ein weiteres Rekordjahr zusteuert. Und dass bisher alles für eine Fortsetzung dieses Trends auch im kommenden Jahr spricht. Die Reiselust der Deutschen, sie ist offenbar unerschütterlich.
Nach Angaben des Deutschen Reiseverbands (DRV) steigerten die Veranstalter ihren Gesamtumsatz im Geschäftsjahr 2014/15, das am 31. Oktober endete, um knapp vier Prozent auf mehr als 27 Milliarden Euro. Besonders gefragt waren Fernreisen, deren Anteil am Gesamtumsatz von 7,6 auf acht Prozent zunahm. Den höchsten Zuwachs verbuchte Kuba mit 25 Prozent. „Offenbar wollen viele deutsche Urlauber die Karibikinsel kennen lernen, bevor sie von US-Touristen überflutet wird“, sagte DRV-Präsident Norbert Fiebig während der Jahrestagung des Verband in Lissabon.
Jeder Fünfte verzichtet komplett auf Urlaubsreisen
Auch die Vereinigten Arabischen Emirate (plus 15 Prozent), die USA (elf Prozent) und die Dominikanische Republik (fünf Prozent) zählten mehr Gäste aus Deutschland als im Vorjahr. Insgesamt wurden 2015 erstmals mehr als 5,5 Millionen Fernreisen in Deutschland verkauft.
In eine ähnliche Richtung zielt der seit Jahren anhaltende Boom der Kreuzfahrten, mit denen 2015 in Deutschland mehr als drei Milliarden Euro umgesetzt wurden. Folgerichtig legten auch hochpreisige Reisen mit mehr als 2500 Euro pro Person nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung um acht Prozent zu. Auf der anderen Seite steht ein konstant hoher Bevölkerungsanteil, der sich aus finanziellen Gründen keinerlei Urlaubsreis leisten kann. Nach aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamts trifft dies auf rund 20 Prozent der Deutschen zu.
Vom Trend zu Kreuzfahrten und Fernreisen profitieren auch die stationären Reisebüros, die ihren Gesamtumsatz gegenüber 2014 um drei Prozent auf insgesamt 24 Milliarden Euro steigern konnten. Vier von fünf Kreuzfahrten werden im Reisebüro gebucht, ein ebenso hoher Anteil entfällt noch immer auch auf Pauschalreisen. Bei Fernreisen setzen viele Kunden ebenfalls auf persönliche Beratung. Infolge dessen nahm die Zahl der Reisebüros nach jahrzehntelangem Rückgang 2014 bundesweit um 100 und 2015 nochmals um 65 auf nunmehr 9900 zu.
Portugal und Türkei gewinnen an Popularität
Die Buchungen für den Winter sowie die Frühbuchungen für den kommenden Sommer lassen laut DRV 2016 ein Umsatzwachstum „im mittleren einstelligen Bereich“ erwarten. Fiebig rechnet nicht mit spürbaren Auswirkungen der jüngsten Terroranschläge auf die Reiselust der Deutschen. „Bisher haben Krisen, Seuchen und Terrorakte zwar zu einer Veränderung der Reiseströme geführt. Aber der deutsche Urlauber verzichtet deshalb nicht aufs Reisen, er entscheidet sich nur für andere Ziele.“
In der zurückliegenden Sommersaison profitierte davon vor allem Portugal, wohin 14 Prozent mehr Deutsche reisten als 2014, sowie die Türkei mit einem Plus von vier Prozent. Griechenland konnte das Niveau des Rekordjahres 2014 halten. Fiebig: „Wir werden mit der Bedrohung durch den Terror leben müssen und sind sicher gut beraten, uns und unsere Art zu leben hierdurch nicht allzu sehr einschränken zu lassen. Denn das wäre das völlig falsche Signal.“