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Caminito del Rey Caminito del Rey: Trauen Sie sich auf den "gefährlichsten Weg der Welt"?

Von Philipp Laage 04.11.2015, 09:23
Da legt mancher doch lieber seine Hand auf das Geländer: Die Überschreitung der Schlucht über die Hängebrücke aus Stahl ist eine luftige Angelegenheit.
Da legt mancher doch lieber seine Hand auf das Geländer: Die Überschreitung der Schlucht über die Hängebrücke aus Stahl ist eine luftige Angelegenheit. Philipp Laage/ dpa-tmn Lizenz

Jürgen Nolle will den Touristen ihre Furcht nehmen: „Wenn Sie Höhenangst haben, kein Problem. Ich habe auch Höhenangst“, erzählt der Guide seinen Gästen über den Caminito del Rey, den Königspfad in der Provinz Málaga in Andalusien. Dem Pfad durch eine enge Schlucht eilt der Ruf als „gefährlichster Weg der Welt“ voraus, weil dort mehrere Menschen abstürzten und starben.

Der Weg war 15 Jahre lang gesperrt, erst im März 2015 wurde er wieder für Besucher geöffnet. Jetzt sind gefahrlose Ausblicke möglich. Höhenangst ist aber immer noch ein schlechter Begleiter.

Die morgendliche Herbstluft wärmt sich hier im Süden Spaniens schnell auf, Pinienduft steigt in die Nase. Bis zum offiziellen Startpunkt des Caminito del Rey ist es vom Parkplatz hinter dem Örtchen Ardales aus ein kurzer Fußweg von 30 Minuten. Dort wird jeder Besucher registriert und bekommt einen Helm, Steinschlag ist schließlich möglich.

„Sicher ist sicher“, sagt Jürgen Nolle. Der 43-jährige Touristenführer wuchs in den Niederlanden auf. Seit sechs Jahren wohnt er in Málaga. Die Stadt liegt eine Dreiviertelstunde mit dem Auto entfernt an der Costa del Sol. Viermal ist Nolle den Königsweg schon gelaufen.

Dass durch die unwegsame Klamm überhaupt ein Pfad führt, hatte wirtschaftliche Gründe: Ende des 19. Jahrhunderts wurde ein System aus Talsperren, Rohren und Kraftwerken entworfen, um einen Teil des Wassers aus dem Fluss Guadalhorce für die Energieversorgung der Region zu nutzen. Dazu baute man auch einen Kanal durch die Schlucht. Um diesen warten zu können, wurde der Steig angelegt - der damals noch kein sicherer Wanderweg war. Nur Hirten waren zuvor in diesen Bergen unterwegs. Der Bau begann 1901 und war nach fünf Jahren fertig. Als der damalige König Alfonso XIII. den Weg 1921 abschritt, erhielt er seinen Namen: Caminito del Rey, der Königspfad.

Über die Jahre verfiel der Steig jedoch und wurde zunehmend gefährlicher. Als im Jahr 2000 noch einmal drei junge Menschen in der Schlucht starben, wurde der Weg dichtgemacht - für einige Jahre. Doch man beschloss bald, einen neuen Pfad zu bauen und den Caminito del Rey wiederzueröffnen. Einer der ersten Besucher war der spanische Schauspieler Antonio Banderas.

Es dauert nicht lange, bis die Wanderer mitten in die Schlucht gelangen. Der Weg führt dann über einen vergitterten Boden, der den Blick nach unten zulässt - bis zu 100 Meter geht es in die Tiefe. Trotz des Geländers bewegt sich mancher Besucher nur äußerst zögerlich vorwärts. Jürgen Nolle schreitet mutig voran. So schlimm kann es mit der Höhenangst bei ihm nicht sein, denkt man.

Nächste Seite: Der spektakuläre Höhepunkt mit Hängebrücke

Der Schwindel schwindet bei den meisten schnell. Schon bald weitet sich die Schlucht wieder, und vorerst geht es über einen Wanderweg weiter voran. Der Blick fällt auf die Eisenbahnstrecke auf der anderen Seite der Schlucht. Dort fährt mehrmals täglich ein Zug am Hang entlang und durch Tunnel.

Der Caminito del Rey ist samt Zustieg knapp acht Kilometer lang. Das heißt, schon zur späten Mittagszeit kann sich der Wanderer in einem gemütlichen Gasthaus einfinden. Doch das große Finale wartet am Ende: die spektakuläre Hängebrücke mit Blick auf die Talsperre.

Nolle nennt den Ausgang der Schlucht „la garganta“, den Hals. Hier türmen sich die Felswände noch einmal besonders imposant auf. Und sie fallen besonders steil ab. Hier hat der Wanderer auch die ganze Zeit den verfallenen alten Weg unter sich. Rostige Eisenstreben, viele Löcher. Zum Glück sieht der neue Weg so topmodern aus! Dann nähert sich die Brücke, der viele Begeher des Königspfads mit großer Ehrfurcht begegnen. Etwa 15 Meter ist sie lang - und bewegt sich spürbar. Auch auf ihr kann man durch das Gitter nach unten schauen.

Wer seine Höhenangst bisher nicht überwunden hat, gerät auf der Hängebrücke noch einmal ins Schwitzen. Alle anderen genießen den luftigen Standpunkt und den Ausblick: auf der einen Seite die felsigen Steilhänge, auf der anderen Seite das grüne Tal mit dem Wasserspeicher. Und neben der Brücke rieselt ein Wasserfall in die Schlucht. Ob der Caminito del Rey früher wirklich der „gefährlichste Weg der Welt“ war? Das ist unerheblich. Heute ist er gesichert - und unbedingt sehenswert.

Der Caminito del Rey

Reiseziel: Der Caminito del Rey liegt in der Provinz Málaga in Andalusien im Süden Spaniens. Die Begehung samt Transfers ist als Tagestour von Málaga aus möglich.

Anreise: Mehrere Airlines wie Air Berlin, Vueling oder Easyjet fliegen Málaga von verschiedenen deutschen Flughäfen aus direkt an. Von dort ist es etwa eine Dreiviertelstunde mit Auto oder Bus bis Ardales, wo der Zugang zum Weg beginnt.

Übernachtung: Tagestouristen übernachten in der Regel in einem der Badeorte an der Küste. Wer sich mehr Zeit nehmen will, kann das Hinterland erkunden und dort vornehmlich in kleineren Gasthäusern und Hostels übernachten, zum Beispiel in Álora.

Formalitäten: Nur 800 Touristen dürfen den Caminito del Rey pro Tag begehen. Davon sind 600 Tickets im freien Verkauf erhältlich. Die Anmeldung ist auf www.caminitodelrey.info möglich. Allerdings ist die Begehung oft auf viele Wochen im Voraus ausgebucht. Es lohnt sich also, sofort zu buchen, wenn ein Kontingent an Tickets freigeschaltet wird. Reiseveranstalter organisieren den Besuch des Caminito del Rey für ihre Kunden. Der Weg kann nur in eine Richtung begangen werden.

Shuttle-Busse bringen Touristen, die mit eigenem Wagen anreisen, wieder zum Ausgangspunkt der Route zurück. Montags ist der Weg geschlossen, Öffnungszeiten im Winter: 10 bis 14 Uhr.

Informationen: Spanisches Fremdenverkehrsamt, Myliusstraße 14, 60323 Frankfurt (Tel.: 069/725033, www.spain.info/de).

(dpa)

Höhepunkt einer Begehung des Caminito del Rey ist die Hängeblücke am Ausgang der Schlucht. Links fällt ein Wasserfall in die Schlucht hinab, im Hintergrund sieht man die Talsperre.
Höhepunkt einer Begehung des Caminito del Rey ist die Hängeblücke am Ausgang der Schlucht. Links fällt ein Wasserfall in die Schlucht hinab, im Hintergrund sieht man die Talsperre.
Philipp Laage/ dpa-tmn Lizenz
Blick in die Tiefe: Der Königspfad führt immer an der Schlucht entlang. Wer Höhenangst hat, dem wird an der ein oder anderen Stelle durchaus schummrig.
Blick in die Tiefe: Der Königspfad führt immer an der Schlucht entlang. Wer Höhenangst hat, dem wird an der ein oder anderen Stelle durchaus schummrig.
Philipp Laage/ dpa-tmn Lizenz
Der Caminito del Rey ist zwar kein gefährlicher Weg mehr - doch zuviel Trubel muss auch nicht sein. Deshalb dürfen derzeit immer nur maximal 50 Personen alle halbe Stunde aufbrechen.
Der Caminito del Rey ist zwar kein gefährlicher Weg mehr - doch zuviel Trubel muss auch nicht sein. Deshalb dürfen derzeit immer nur maximal 50 Personen alle halbe Stunde aufbrechen.
Philipp Laage/ dpa-tmn Lizenz
Jürgen Nolle führt Touristen über den Caminito del Rey - obwohl er nach eigener Aussage selbst Höhenangst hat.
Jürgen Nolle führt Touristen über den Caminito del Rey - obwohl er nach eigener Aussage selbst Höhenangst hat.
Philipp Laage/ dpa-tmn Lizenz
Vom neuen Königspfad fällt der Blick auf den alten, maroden Weg. Er führt teils direkt unter dem Neubau entlang - und hat furchteinflößende Löcher.
Vom neuen Königspfad fällt der Blick auf den alten, maroden Weg. Er führt teils direkt unter dem Neubau entlang - und hat furchteinflößende Löcher.
Philipp Laage/ dpa-tmn Lizenz
Nach der ersten schmalen Passage weitet sich das Tal wieder, dort geht es eine Weile über einen soliden Wanderweg weiter. Technisch schwierig ist der Caminito del Rey an keiner Stelle.
Nach der ersten schmalen Passage weitet sich das Tal wieder, dort geht es eine Weile über einen soliden Wanderweg weiter. Technisch schwierig ist der Caminito del Rey an keiner Stelle.
Philipp Laage/ dpa-tmn Lizenz
Kurz vor der Hängebrücke macht der Weg noch einmal einen Knick. Hier sind die Felswände fast senkrecht.
Kurz vor der Hängebrücke macht der Weg noch einmal einen Knick. Hier sind die Felswände fast senkrecht.
Philipp Laage/ dpa-tmn Lizenz