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Rechtsanspruch Niederlande Rechtsanspruch Niederlande: So ist das Home Office in Deutschland geregelt

Von Annika Leister 14.04.2015, 18:41
Am eigenen Schreibtisch arbeiten? In Deutschland liegt die Entscheidung vor allem beim Chef. (Symbolbild)
Am eigenen Schreibtisch arbeiten? In Deutschland liegt die Entscheidung vor allem beim Chef. (Symbolbild) dpa Lizenz

Sind die Niederlande das neue Arbeitnehmer-Paradies? Seit Juli 2015 haben die Niederländer in einigen Fällen einen Rechtsanspruch auf Home Office – in Deutschland gibt es das bis jetzt jedoch nicht.

Einen Antrag auf Heimarbeit müssen niederländische Arbeitnehmer nach wie vor stellen. Der Arbeitgeber darf den Wunsch nun aber nur noch ablehnen, wenn er schwerwiegende betriebliche Gründe anführen kann. Dafür muss er nachweisen können, dass die Arbeit von zu Hause aus dem Betrieb finanziell schadet, die Dienstplanung unmöglich macht oder ein Sicherheitsrisiko darstellt.

Zwölf Prozent Home Office in Deutschland

Laut einer Untersuchung des wissenschaftlichen Instituts für Mobilitätspolitik stieg in den Niederlanden der Anteil der Angestellten in Heimarbeit zwischen 2008 und 2012 von 27 auf 32 Prozent. In Deutschland dagegen nimmt ihre Zahl ab. Der Anteil liegt laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zurzeit bei zwölf Prozent.

„In Deutschland gibt es keinen Rechtsanspruch auf Heimarbeit“, erklärt der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Oliver Fröhlich. Hierzulande bilde der Paragraf 106 der Gewerbeordnung die Grundlage: „Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.“

Ein „Nein“ des Chefs braucht keine Begründung

Konkret bedeutet das: Der Chef kann in Deutschland einen Antrag auf Heimarbeit jederzeit ablehnen – ohne Begründung. Eine Zusage kann er hingegen mündlich sowie schriftlich geben, beides gilt rechtlich als Erlaubnis. Experte Fröhlich empfiehlt allerdings die schriftliche Form. „Im Streitfall erleichtert das den Nachweis.“

Vorteile sieht Fröhlich bei der Heimarbeit vor allem auf Seiten der Arbeitnehmer: Man könne in den eigenen vier Wänden flexibler arbeiten, die Work-Life-Balance verbessern und zum Beispiel Familie und Job oder die Pflege für einen Angehörigen besser miteinander vereinbaren.

In einigen Branchen kann es jedoch Regelungen im Tarifvertrag geben. Wer Home Office beantragen will, sollte deshalb im ersten Schritt dort nachgucken, ob es entsprechende Klauseln gibt. Ist das nicht der Fall, bleibt nur die Möglichkeit, den Chef davon zu überzeugen.

Vor allem Akademiker und Beamte bleiben daheim

Für Arbeitgeber, glaubt Fröhlich, könne durch die Heimarbeit vor allem die Bindung, Zufriedenheit und Motivation des Mitarbeiters von Vorteil sein. Eine repräsentative Befragung des Bürodienstleisters Regus ergab, dass Mitarbeiter sogar länger arbeiten, wenn sie ihren Job in den eigenen vier Wänden erledigen.

Aber es gibt auch Nachteile: Das Unternehmen müsse einen Vertrauensvorschuss erbringen, so Fröhlich, und gibt Kontrolle ab – grundsätzlich erhöhe sich so für Firmen die „Missbrauchsanfälligkeit“. Ein Grund, warum vor allem qualifizierte Arbeitnehmer mit Job-Alternativen die Chance auf Heimarbeit erhandeln können. Laut DIW sind es vor allem Akademiker und Beamte, die zu Hause bleiben.

In Nachbarländern und in den USA ist die Heimarbeit beliebter als in Deutschland. Doch auch hier gibt es Firmen, die zur Präsenzkultur zurückkehren: Yahoo pfiff seine Heimarbeiter 2013 zurück ins Büro. Auch Experten haben keine plausible Erklärung für die niedrigen Heimarbeits-Zahlen in Deutschland. Oliver Fröhlich sieht „Modewellen“ als Grund – die Heimarbeit befinde sich nach dem ersten Digitalisierungs- und Vernetzungs-Hype in Deutschland wieder im Abschwung.