Rechte und Pflichte von Jugendlichen Rechte und Pflichte von Jugendlichen: Große Frage: Wann darf ich was?

Wuppertal/Hannover/dpa. - Dass der Führerschein in Deutschland erst zum 18. Geburtstag ausgehändigt wird, ist bekannt. Doch davon abgesehen wissen viele jüngere Teenager nicht, was sie in ihrem jeweiligen Alter von Gesetzes wegen dürfen - oder manchmal auch müssen. Von welchem Lebensjahr an müssen beispielsweise die Eltern nicht mehr grünes Licht geben, wenn ein Junge oder ein Mädchen eine eigene Wohnung beziehen möchte? Und muss die Mutter zustimmen, bevor der Frauenarzt einem Mädchen ein Rezept für die Pille ausstellt?
Gerade wenn es um Sexualität geht, haben Jugendliche mehr Rechte, als viele von ihnen wissen. So dürfen sich Mädchen selbstständig die Pille verschreiben lassen. «Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass der Arzt die Eltern darüber informieren muss», sagt Esther Caspary, Fachanwältin für Familienrecht in Berlin. Im Gegenteil: Die Mediziner unterliegen auch bei Jugendlichen der Schweigepflicht - im Prinzip gilt das auch bei Schwangerschaftsabbrüchen.
Etwas anders sieht es dagegen aus, wenn der Arzt den Eindruck hat, dass ein junger Patient die Lage, in der er sich befindet, nicht überblicken kann. «Merkt ein Arzt, dass die junge Frau mit der Situation völlig überfordert ist, muss er sich an die Eltern wenden», so Caspary. Grundsätzlich sind sexuelle Kontakte zu Gleichaltrigen auch schon 13- oder 14-Jährigen erlaubt. Mit Genehmigung des Familiengerichts darf ab 16 sogar geheiratet werden, wenn der Partner volljährig ist und die Eltern keine triftigen Einwände haben.
Eine zentrale Rolle im Alltag von Jungen und Mädchen spielt das Thema Taschengeld. Daher dürfte es für sie ernüchternd sein, wenn zum Beispiel das Jugendamt der Stadt Nürnberg im Internet darüber informiert, dass Jugendliche rechtlich gar keinen Apruch auf die Zahlungen ihrer Eltern haben. Dennoch empfiehlt das Amt, Kindern monatlich einen festen Betrag zur Verfügung zu stellen, der bei 14- bis 18-Jährigen zwischen etwa 23 und 62 Euro im Monat liegen solle.
Jungen und Mädchen, die in der Ausbildung Geld verdienen, sollten nach Auskunft des Jugendamts in Nürnberg möglichst etwa ein Drittel des Einkommens in der Freizeit ausgeben dürfen. Das Kindergeld ist dagegen nicht ausnahmslos für die Erfüllung kindlicher Bedürfnisse gedacht, sondern soll die Eltern allgemein entlasten. Wozu die Erwachsenen es tatsächlich ausgeben, ist gesetzlich nicht festgelegt. Jugendliche bekommen das Kindergeld nur dann persönlich ausgezahlt, wenn ihre Eltern gegen die Unterhaltspflicht verstoßen.
Wer finanziell nicht mehr völlig von den Eltern abhängig sein möchte, darf sich sein Taschengeld nach Auskunft des Deutschen Kinderhilfswerks in Berlin bereits mit 13 Jahren selbst verdienen - jedoch nur im Geschäft oder landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern. Ab 15 darf an Samstagen und in den Ferien gejobbt werden, 16-Jährige können drei bis vier Tage, 17-Jährige fünf Tage pro Woche arbeiten, sofern sie nicht mehr schulpflichtig sind. Die Vollzeit-Schulpflicht beträgt je nach Bundesland neun oder zehn Jahre.
Im Alter von 16 Jahren dürfen Jugendliche nicht nur bis 24.00 Uhr in der Kneipe oder Disco bleiben, sondern auch in der eigenen Wohnung leben. Mitunter steckt dahinter der Wunsch nach mehr Selbstständigkeit, manchmal aber auch pure Not - wenn es zu Hause Probleme gibt oder der Vater sogar hin und wieder zuschlägt.
«Jugendliche können zwar keinen Antrag stellen, von ihren Eltern getrennt zu werden», sagt Klüs Völlmecke, Abteilungsleiter der pädagogischen Dienste des Jugendamts Köln. «Wenn sie aber nachweisen können, dass sie vernachlässigt, geschlagen oder missbraucht werden, kann das Jugendamt eingreifen und einen Antrag beim Familiengericht stellen, den Vormund zu wechseln.» Betroffene Jungen und Mädchen können sich direkt an das zuständige Jugendamt oder an Dienste wie die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Kinder- und Jugendtelefon wenden, so Sven Zirnité, BAG-Sprecher in Wuppertal.
Wer etwas ausgefressen hat und dabei die Grenzen des gesetzlich Erlaubten überschritten hat, muss schon als 14-Jähriger mit einer Bestrafung rechnen - von diesem Alter an sind Jugendliche in Deutschland strafmündig. «Das Strafmaß ist allerdings abhängig von der persönlichen Reife», sagt Anwältin Caspary. Das gilt auch für die so genannten Heranwachsenden bis 22, für die je nach Entwicklungsstand mildernde Umstände geltend gemacht werden können.
Informationen: Eine kostenlose und anonyme Beratungsmöglichkeit bei Problemen verschiedenster Art ist «Die Nummer gegen Kummer» unter 0800/111 03 33. Die Telefone sind montags bis freitags von 15.00 bis 19.00 Uhr besetzt.