Psychologie Psychologie: Wenn Männer in der Beziehung nicht reden

Hamburg/Köln/dpa. - Sie möchten reden, sich mit ihrem Partner austauschen -doch der antwortet nur knapp oder wird zum stillen Zuhörer. Damit dieBeziehung auf Dauer keinen Knacks bekommt, sind beide gefragt: Siesollte klar sagen, wenn sie reden möchte, und er darf sich nichtimmer verschließen.
«Liebling, jetzt sag' du doch mal was dazu!» fordert die Frauihren Mann auf. Doch der murmelt «Mmmh», lehnt sich zurück undschweigt. «Er spricht nicht mehr mit mir» - eine Klage, die Henningund Claudia Matthaei, Eheberater aus Hamburg, schon von vielen Frauengehört haben. «Wenn man nachfragt, wie lange die Sprachlosigkeitanhält, gibt es erschreckende Antworten. Bisweilen geht es umJahrzehnte.»
Eine einseitige Kommunikation prägt viele Beziehungen, weiß auchGünther Bergmann, Diplom-Psychologe bei der Katholischen Ehe-,Familien-, und Lebensberatungsstelle in Köln: «Nach der großenVerliebtheit ebbt im Laufe der Jahre die Bereitschaft zu intensivenGesprächen ab.» Ein weit verbreitetes Phänomen, trotzwissenschaftlichem Gegenbeweis: Laut einer Studie der University ofArizona sprechen Männer fast genauso viel wie Frauen. Zwei bis zehnTage lang zeichneten die US-Wissenschaftler jedes Wort der Probandenauf. Die Männer kamen im Durchschnitt auf 15 696 Wörter, lediglich500 Wörter weniger als die Frauen.
Doch wann reden Männer diese ganzen Wörter, mag sich so mancheFrau fragen. «Männer können reden wie ein Buch, wenn es um den Beruf,die Hobbys oder die Wirtschaftslage geht», erklärt Monika Barth,Kommunikationstrainerin aus Worms.
Doch Frauen möchten mit ihrem Partner nicht nur über Sport undFinanzstrategien sprechen. «Frauen sind sehr beziehungsbezogen undwollen sich über ihre Gefühle austauschen, dazu sind viele Männernicht in der Lage», sagt Bergmann. Für Frauen ist es eine großeErleichterung, sich die eigenen Probleme von der Seele zu reden -auch ohne eine Lösung zu finden. Männer hingegen machen ihre Problemeeher mit sich selbst aus und thematisieren diese nur ungern. DieGründe hierfür sieht Monika Barth in gesellschaftlichen Werten: «Auchheute steckt noch in vielen Köpfen, dass Männer, die über Gefühlereden, schwach sind.»
Damit die Beziehung nicht im Schweigen endet, sei die erste Regel,offen über die eigenen Bedürfnisse zu sprechen, sagt Bergmann. Wenndie Frau reden möchte, der Mann aber Zeit für sich braucht, muss erdas sagen: «Teilen Sie Ihrer Partnerin mit, dass Sie gerade nichtsaufnehmen können und vereinbaren Sie einen späteren Zeitpunkt für dasGespräch», rät der Psychologe. Dieser muss dann jedoch eingehaltenwerden.
«Als hilfreich haben sich regelmäßige Gesprächszeiten erwiesen»,sagt Bergmann. Statt jeden Abend vor dem Fernseher zu sitzen, solltenPaare Gelegenheiten für Gespräche schaffen. «Zeit zu zweit zuverbringen und einen intensiven Austausch aufrechtzuerhalten, ist dieKunst der Liebe», sagen auch Henning und Claudia Matthaei.
«Männer müssen vor allen Dingen lernen, zwischen den Zeilen zulesen und nachzufragen, wenn sie sich nicht sicher sind, was diePartnerin meinte», rät Bergmann. «Frauen sagen häufig nicht direkt,was sie denken, das sorgt für Missverständnisse», ergänzt Barth. Frauen hingegen können nicht darauf vertrauen, dass ihreverschlüsselten Botschaften beim Mann ankommen. Anstatt zu sagen: «Inder Stadt hat ein neues Lokal eröffnet» sollten sie ihren Wunschdirekt äußern: «Hast du Lust, mit mir in das neue Restaurant zugehen?»
Wenn die Kommunikation erst falsch läuft, entsteht schnell einTeufelskreis: «Anstatt miteinander, reden Paare aneinander vorbei»,beschreibt Barth das Problem. Jeder fühlt sich missverstanden. DieFolge: Gemeinsame Gespräche reduzieren sich auf ein Minimum. «Wernicht miteinander spricht, hat auch keinen Streit. Diese Unlösung istin den meisten Fällen zuerst für die Frau unerträglich. Tatsächlichkommt sie einer gefühlten Trennung recht nahe», beschreiben es dieHamburger Eheberater.
Paare, die es aus eigener Kraft nicht schaffen, an den Kern desProblems zu gelangen, sollten sich professionelle Hilfe suchen. Immeröfter seien es Männer, die Hilfe bei Eheberatern suchen, sagtBergmann. Doch: «Wenn Männer die Konflikte erkannt haben, ist es fürdie Rettung der Beziehung oft zu spät.»