Psychologie Psychologie: Optimismus lässt sich erlernen

Köln/Zernien/ddp. - «Gerade bei alltäglichen Missgeschicken sollteman üben, nicht in eine negative Denkweise zu verfallen», sagt TaniaKonnerth, Autorin des Buches «Zum Glück Optimist». Dadurch wird einekaputte Tasse nicht wieder heil, aber Martin hätte sich seine guteLaune bewahren können. Das ist zwar leichter gesagt als getan, abernicht unmöglich: Optimismus kann man erlernen.
«Optimismus und Pessimismus sind eine Frage der Perspektive», sagtKonnerth. Sie vergleicht es mit dem veränderten Fokus, den vieleFrauen während der Schwangerschaft bekommen. Sie nehmen dann andereSchwangere und kleine Kinder in ihrer Umgebung wahr, die ihnen vorhernicht aufgefallen sind. «Insofern sollte man sich bewusstmachen, wieman die Welt betrachtet und üben, das Positive zu sehen», empfiehltdie Autorin. Damit sei keine rosarote Brille gemeint, durch die allesschön aussehe. Letztlich bleibe die Welt dieselbe: Es gebe Gutes undSchlechtes und ganz viel dazwischen.
Denn natürlich ist es möglich, dass Martin wegen seinesScherbenhaufens den Bus zur Arbeit verpasst. Er könnte sich dannerneut ärgern und sich ausmalen, dass er zu spät zur Arbeit kommt,deswegen mit dem Chef aneinander gerät, den Job verliert und nochviel mehr. «Damit macht er sich aber zusätzlichen Stress und beraubtsich wichtiger Energien», sagt Konnerth. Ein kurzes Hadern über einsolches Missgeschick sei menschlich. Dann sollte er die Lage abermöglichst nüchtern analysieren.
Vielleicht entscheidet Martin dann, dass er in der Firma anrufenund seine Verspätung ankündigen muss. Unter Umständen kann er dieZwangspause beim Warten auf den nächsten Bus auch zur Entspannungnutzen. Während er sich umsieht, fallen ihm zum ersten Mal die Blumenneben der Haltestelle auf. «Wenn sein Chef ihn in der Firma auf dieVerspätung anspricht, kann er gelassener reagieren, als wenn er sichdie ganze Zeit geärgert und negative Zukunftsszenarios entworfenhätte», sagt die Autorin.
Aufpassen sollte man auch, wie man eine Situation bewertet. Es istzum Beispiel ein großer Unterschied, ob man nach der fallengelassenenTasse «Das ist blöd gelaufen» denkt oder «So was passiert mirdauernd». «Das ist das berühmte halbvolle oder halbleere Glas», sagtHorst Conen, Lebens- und Berufscoach in Köln. Pessimisten würden dazuneigen, negative Einzelfälle zu verallgemeinern und daraus pauschaleUrteile über sich, die Welt und ihre Zukunftsaussichten abzuleiten.
Eine solche Einstellung werde leicht zu einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung. «Wenn ich zum Beispiel anderen Leutenmisstrauisch und abwartend gegenübertrete, werde ich nicht so nettbehandelt, als wenn ich offen und freundlich bin», berichtet Conen.Eine grundsätzlich positive Haltung hebe die eigene Stimmung undstecke oft andere Menschen an. In einer Situation, in der man sichwehren müsse, könne man sein Verhalten immer noch ändern.
Durch eine optimistische Grundhaltung werde auch das eigeneSelbstvertrauen gestärkt. »Dies hilft einem, nicht alle negativenDinge persönlich zu nehmen«, sagt Conen. Denn die Unfreundlichkeiteines Kollegen zum Beispiel muss man nicht automatisch auf sichbeziehen. Wer sich in einer solchen Situation fragen kann, ob derandere vielleicht nur schlecht geschlafen habe oder gestresst sei,brauche nicht zurückzumuffeln.
»Es geht nicht um die Haltung 'alles wird gut'«, erläutert derCoach, »denn natürlich machen auch Optimisten negative Erfahrungen.«Entscheidend sei, sich nicht von Problemen oder Schicksalsschlägenunterkriegen zu lassen. Im Laufe eines Lebens müsse man sich seineZuversicht und Hoffnung immer wieder zurückerobern oder neuerarbeiten. Denn so falle es einem leichter, bei Schwierigkeitenweiterzumachen oder nach einer Niederlage neu anzufangen.
Tania Konnerth schlägt vor, sich im Alltag mit kurzen Protokollenseine Einstellung bewusst zu machen. Darin könne man negative Gedanken aufschreiben und nach alternativen Sichtweisen oderLösungsmöglichkeiten suchen. Spätestens dann hätte auch Martin seinenMissgeschicken am Morgen gute Seiten abgewinnen können. Dennmöglicherweise hat seine Verspätung weder Chef noch Kollegen gestörtoder seine Partnerin hat ihn mit einem neuen Kaffeebecher getröstet.
Nach und nach könne man sich so auch an schwierige Themenherantasten. Denn pessimistische Einstellungen wie »Das schaffe ichohnehin nicht« lassen sich nicht über Nacht verändern. Dies führe zumBeispiel dazu, dass Menschen lieber im ungeliebten Job verharren alssich um ihren Traumberuf zu bemühen. »Als Optimist schätzt man dieLage nicht immer realistisch ein", sagt Horst Conen. Es mache einenaber zufriedener, etwas auszuprobieren und möglicherweise zuscheitern, als von vornherein zu resignieren.