Produktveredler Textil Produktveredler Textil: Färben am laufenden Band
Eschborn/Bonn/dpa. - Seine Firma färbt und veredelt Materialien für Oberbekleidung sowie technische Stoffe wie Brillenputztuch oder Abdecktücher, die in Operationssälen zum Einsatz kommen. «Das verlangt viel Präzision und hochmoderne Maschinen», sagt Dolinschek. Er würde gern einen Produktveredler Textil ausbilden, der den Maschinenpark fachgerecht einrichtet und kontrolliert, Qualitätsprüfungen vornimmt und die Veredlungs-Rezepturen berechnen kann. Aber viele Bewerber sind schon an einfachen Rechenaufgaben, wie «3 mal 17» gescheitert. Vom Prozentrechnen und Kreisberechnungen ganz zu schweigen. «Dann ist es zwecklos», so der Geschäftsführer.
Produktveredler Textil müssen nicht nur rechnen können. Sie sollten auch Spaß an Naturwissenschaften, besonders an Chemie und an Technik mitbringen, betont Dietmar Fries, Referatsleiter für Berufsausbildung beim Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie in Eschborn (Hessen). «Die Textilveredlung ist sehr wissensintensiv.» Es gehe um Hochtechnologie, um Dämmstoffe, Antiflammausrüstung oder Beschichtungsprozesse für Flugzeugträger: «Wir denken schon lange nicht mehr an T-Shirts. Die werden im Ausland doch viel billiger produziert.»
Das wissen auch die Auszubildenden. Das Image der Textilindustrie ist angekratzt. «Wenn Textil vorne steht, bekommt der Beruf bei den Jugendlichen gleich einen negativen Touch», sagt Christiane Reuter, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn. In der Neuverordnung der Berufsausbildung ist daher aus dem Textilveredler ein Produktveredler Textil geworden. Und aus der früheren Stufenausbildung ein durchgängiger dreijähriger Ausbildungsberuf: «Früher wurden oft nur die ersten zwei Jahre ausgebildet und dann bei Eignung eventuell um ein Jahr verlängert.»
Jetzt sei mehr Qualifikation und selbstständiges Arbeiten gefragt, ergänzt Fries. Der Verbandsvertreter hofft, dass die Betriebe dadurch noch mehr junge Leute ausbilden. Dabei gab es schon in der Vergangenheit rund 500 Stellen - erste und zweite Stufe zusammengerechnet - jährlich, die nicht einmal alle besetzt werden konnten. Schichtarbeit, Chemie und Maschinenberuf schrecken viele ab: «Jeder will Kaufmann werden – oder gleich Designer», bedauert Fries. Dabei sind die Berufschancen in der Produktion besser als angenommen werde: «Gute Fachleute werden händeringend gesucht», sagt Christiane Reuter. In Färbereien, Druckereien, in der Appretur und Beschichtung tragen sie die Verantwortung für eine reibungslose Produktion, die Pflege und Wartung der Maschinen und für den Umweltschutz. Der Verdienst liege im guten Mittelfeld und ist in den Bundesländern unterschiedlich tarifvertraglich geregelt, so Referatsleiter Fries. Zum Grundgehalt kommen Schichtzulagen und individuelle Prämien hinzu. «Das variiert bei uns zwischen 2300 und 2500 Euro», sagt Theo Dolinschek.
Kurz vor Ausbildungsbeginn hat der Textilunternehmer doch noch einen Bewerber mit Mathematikkenntnissen gefunden – und dann gleich wieder an einen Augenoptikbetrieb verloren: «Anderen in die Augen schauen, das hört sich bequem an», stichelt Dolinschek. Dabei sei auch die Veredlung nicht mehr der Knochenjob, der er früher einmal war. «Unsere Mitarbeiter arbeiten in Halbschuhen und T-Shirt.»
Der Geschäftsführer bedauert, dass die Chancen auf eine breite Ausbildung so oft ausgeschlagen werden. Und auf einen Beruf, mit dem man nicht nur in der Welt, sondern auch in anderen Bereichen herumkommen kann: «Ich kenne eine Produktveredlerin, die beim Bundeskriminalamt in der Faseranalyse gelandet ist.»
Informationen: Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie, Frankfurter Straße 10-14, 65760 Eschborn (Tel: 06196/96 62 58, E-Mail: [email protected])