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Pflegereform bringt Entlastung für pflegende Eltern

Von Eva Neumann 20.05.2009, 07:22

Ulm/dpa. - Gelder aus der Pflegeversicherung bekommen nicht nur Senioren. Unter den mehr als zwei Millionen Leistungsempfängern sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes auch rund 78 000 minderjährige Kinder.

Fast alle von ihnen werden zu Hause von den Eltern betreut. Diese können die Dauerbelastung jedoch nur meistern, wenn sie ab und zu Kraft für den Alltag tanken. Das Sozialgesetzbuch sieht zwei Entlastungsformen für pflegende Angehörige vor: die Kurzzeitpflege und die Verhinderungspflege.

Für eine mehrtägige Verschnaufpause bietet sich eine vollstationäre Betreuung an - in Einrichtungen wie dem Aufschnaufhaus in Ulm. Die sechs Betreuungsplätze dort sind begehrt. «In den Ferienzeiten reichen die Plätze nicht aus», erzählt die stellvertretende Hausleiterin, Sandra Grimes. Tagesstätten, Behindertenschulen und -werkstätten sind dann wochenlang geschlossen. Berufstätige Eltern haben aber längst nicht genug Urlaubstage, um die Kinder zu betreuen.

Einrichtungen wie das Aufschnaufhaus, die sich auf die vorübergehende vollstationäre Betreuung von Minderjährigen spezialisiert haben, sind sehr selten. Und sie konnten in der Regel bis zum Inkrafttreten der Pflegereform im vergangenen Sommer nur im Rahmen der Verhinderungspflege genutzt werden. Um die Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen zu können, war bis zu diesem Zeitpunkt ein Versorgungsvertrag des Pflegeheims mit der Pflegekasse Bedingung.

Den hatten die allermeisten Kinderhäuser nicht. «Fast alle Einrichtungen der Kurzzeitpflege, die einen Versorgungsvertrag mit der Pflegekasse haben, sind auf die Pflege älterer Menschen eingerichtet», erläutert Jutta Pagel-Steidl vom Landesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte in Stuttgart. «Ihr Kind in ein solches Haus zu geben - das ist für Eltern eine unzumutbare Perspektive.»

Hier hat die Pflegereform eine wesentliche Verbesserung gebracht: Ist die Unterbringung eines minderjährigen pflegebedürftigen Kindes in einem zugelassenen Haus nicht möglich oder nicht zumutbar, darf das Kind die Kurzzeitpflege auch in einer nicht von der Kasse anerkannten Einrichtung in Anspruch nehmen.

«Pflegende Eltern sollten sich frühzeitig bei ihrer Pflegekasse vor Ort erkundigen, welche Einrichtungen anerkannt sind, und sich über diese informieren», rät Juliane Diekmann von der Barmer Ersatzkasse in Wuppertal. «Wenn kein Haus zur Verfügung steht, das auch den Bedürfnissen von Kindern gerecht wird, sollten sie fragen, welche stationären Einrichtungen es für Kinder in der Region gibt.»

Mögliche Ansprechpartner sind die Wohlfahrtsverbände oder auch die Lebenshilfe. Behindertenverbände haben Verzeichnisse von stationären Einrichtungen. Unterm Strich bleibt jedoch: «Es gibt bei weitem nicht genug Plätze», sagt Pagel-Steidl.

Zudem gibt es viele Eltern - vor allem Mütter -, die mehr als nur Freizeit brauchen. Frauen mit pflegebedürftigen Kindern litten in der Regel unter mehrfachen Belastungen, sagt Anne Schilling vom Müttergenesungswerk in Berlin. Für diese Frauen biete sich unter Umständen eine Kur zusammen mit dem pflegebedürftigen Kind an.

Ist eine pflegende Person wegen Krankheit, Urlaub oder aus anderen Gründen verhindert, so hat sie ein Recht auf Entlastung in Form von Verhinderungspflege (Paragraf 39 SGB XI) und Kurzzeitpflege (Paragraf 42 SGB XI). Bei beiden Formen wird der Pflegebedürftige bis zu 28 Tage im Jahr von einem ambulanten Pflegedienst oder in einer stationären Einrichtung versorgt. Die Pflegekasse zahlt dafür höchstens 1470 Euro. Voraussetzung für beide Leistungen ist, dass der Pflegebedürftige vor der erstmaligen Inanspruchnahme mindestens sechs Monate zu Hause gepflegt wurde. Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege können unabhängig voneinander genutzt werden und werden nicht miteinander verrechnet.