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Pflanzenwelt Pflanzenwelt: F1-Hybriden auf dem Vormarsch

Von Eva Neumann 22.03.2007, 08:47
F1-Hybriden können unter anderem besonders widerstandsfähig sein - günstig ist das zum Beispiel bei Sommerastern, die schnell der Asternwelke zum Opfer fallen. (Foto: dpa)
F1-Hybriden können unter anderem besonders widerstandsfähig sein - günstig ist das zum Beispiel bei Sommerastern, die schnell der Asternwelke zum Opfer fallen. (Foto: dpa) Marion Nickig

Berlin/Bonn/dpa. - Was sich dahinter verbirgt, ist aber vielen nichtbekannt: Nach Einschätzung von Alexander Haubensak, Präsident desVerbandes Deutscher Garten-Center in Bonn, weiß nur etwa jeder zehnteKunde, was «F1-Hybride» sind. Dabei lohnt es sich, genau hinzusehen.

Die Abkürzung «F1» steht für «Filialgeneration», beschreibt alsodie erste Tochtergeneration. «Hybriden» sind das Ergebnis vonKreuzungen zweier Elternlinien. Sie sind genetisch ganz neue,eigenständige Individuen, vereinen jedoch die Eigenschaften beiderEltern in sich. «Mit "F1-Hybriden" bezeichnet man Pflanzen, die ineinem oder in mehreren Merkmalen besonders gut ausgeprägteEigenschaften ihrer Eltern besitzen», erklärt Haubensak. Sie zeichnensich etwa durch hohe Erträge, beeindruckende Blüten, eine bestimmteWuchsform oder auch hohe Toleranz gegenüber Krankheiten oderSchädlingen aus. Der Genetiker spricht vom Heterosiseffekt.

Die Züchtung solcher besonders leistungsstarker Exemplare ist mithohem Aufwand und langen Versuchsreihen verbunden. Die Elternlinienmüssen gezielt ausgewählt und über Generationen ausgelesen werden,damit sie reinerbig sind. Erst wenn das Erbmaterial von Mutter undVater bestimmte Eigenschaften aufweist, ist ein Erfolg garantiert.Die durch die Kreuzung der beiden Eltern entstehenden F1-Hybridenzeigen dann alle einheitlich die gewünschten Merkmale.

«Entsprechend sind sowohl Samen als auch Jungpflanzen vonF1-Hybriden deutlich teurer als die von Wildpflanzen», sagt BarbaraSchön, Referentin für Gemüsebau an der Sächsischen Landesanstalt fürGartenbau in Dresden. «Wenn ich mir nicht sicher bin, ob es mirgelingt, Pflanzen aus Saatgut zu ziehen, sollte ich deshalb beimGärtner Jungpflanzen besorgen. Sonst ist es schade um die recht hoheInvestition in das Saatgut.» An Pflanzung und Pflege stellenF1-Hybriden dieselben Ansprüche wie Wildpflanzen.

Im Privatgarten sind die Super-Züchtungen überall dort vonBedeutung, wo ein bestimmtes Erscheinungsbild, zum Beispiel eineWuchsform, gefragt ist oder wo bestimmte Pflanzen besonders häufigkrank oder von Schädlingen befallen werden.

Wenn die Tomatenkultur alljährlich vor der Ernte durch Braun- undKrautfäule zusammenbricht, sind beispielsweise die Sorten 'FantasioF1', 'Harzfeuer F1' oder die Cherrytomate 'Philovita F1' interessant.Leiden Gurken immer unter Mehltau, so können etwa 'Mertus F1 RZ' insGewächshaus einziehen. Steht für die Zucchini nur eine begrenzteFläche zur Verfügung, so kommt die rankende F1-Hybride 'Black ForestF1' in Frage. Und sollen Möhren vor allem zum Naschen verlocken, soist die glatte, süße Sorte 'Sugarsnax 54 F1' ein Favorit.

«Bei den Zierpflanzen sind F1-Hybriden zum Beispiel beiSommerastern beliebt, die leicht der Asternwelke zum Opfer fallen»,sagt Wagner. Ansonsten stehen hier Blüte und Wuchs im Vordergrund:Die halbhängende Petunie 'Double Cascade F1' beeindruckt durch ihregigantisch gefüllten Blüten in zarten Farben.

Auch das einjährige Hängelöwenmaul 'Lampion F1' eignet sich gutfür Ampeln. «Ein schönes Beispiel ist die Stiefmütterchensorte 'ViolaF1 Cats': jede Blüte hat eine wunderschöne Zeichnung, wie dieSchnurrhaare der Katze», sagt Haubensak. Besonders interessant sinddie Hybriden überall dort, wo mehrere Pflanzen zusammengesetzt werdenund ein einheitliches Erscheinungsbild gewünscht ist.

F1-Hybriden sind zwar nicht steril, doch es lohnt nicht, sie zuvermehren. «Dann spalten sich die ursprünglichen Eigenschaften derEltern wieder auf, die guten Eigenschaften gehen verloren und derErtrag lässt in den Folgejahren nach», erklärt Schön.

Für den Hobbygärtner heißt das: Wenn er im Folgejahr dieselbeSorte pflanzen will, muss er Samen oder Jungpflanzen neu erwerben. Erhat also nicht nur einmal höhere Investitionskosten, dafür spart eran anderer Stelle. «Die Pflanzen bleiben zum Beispiel gesünder oderhaben höhere Erträge, so dass von vornherein weniger Pflanzenangebaut werden müssen. Ausfälle müssen dann nicht durch Mehranbaukompensiert und weniger Fläche muss bewirtschaftet werden», rechnetHaubensack vor. Auch Pflanzenschutzmittel oder Gemüsenetze erübrigensich in der Regel.

«Allerdings ist auch eine F1-Hybride keine Zauberwaffe und keinErfolgsgarant», warnt Wagner. Wenn der Standort nicht stimmt, dasKlima oder der Witterungsverlauf in einem Jahr nicht mitspielt oderdie Pflege fehlt, können auch 'Fantasio' oder 'Harzfeuer' vonBraunfäule befallen werden. Deshalb ist es sinnvoll, sich nichtallein auf Hybridzüchtungen zu verlassen, sondern auch zu schauen,welche alten, in ihrer genetischen Stabilität robuste Sorten es gibt,die in der Region heimisch sind.