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Pferdewirt Pferdewirt: Spaß am Reiten reicht nicht aus

Von DEIKE UHTENWOLDT 20.08.2010, 08:06

WARENDORF/DPA. - Schon mit sechs Jahren saß Denise im Sattel. Ihr Berufswunsch war früh klar: "Was mit Pferden machen". Die Eltern übersetzten das in "Pferdewirtin" und rieten zunächst ab: "Das ist kein Job für das ganze Berufsleben." Aber Denise ließ sich nicht beirren. Solche Leidenschaft ist wichtig in dem Beruf: Denn er verlangt eine große Einsatzbereitschaft und viel Liebe zu den Tieren.

Denise holte ihr Abitur nach und arbeitete stundenweise bei einem Gestüt in der Nachbarschaft - ein Job, der bald in eine Ausbildung zum Pferdewirt mit dem Schwerpunkt "Zucht und Haltung" umgewandelt wurde. Diese hat die 26-Jährige erfolgreich abgeschlossen und gleich ein weiteres Jahr für den Schwerpunkt Reiten drangehängt. "Fohlenschau, Aufzucht und Anlongieren sind Vorstufen. Ich aber wollte zum Pferdesport." Sie bewarb sich beim Deutschen Olympiade-Komitee für Reiterei in Warendorf, ritt vor und überzeugte.

Die Stadt im Münsterland gilt als die Hauptstadt der Reiterei. Auch der Dachverband des Pferdesports, die Deutsche Reiterliche Vereinigung, ist dort beheimatet. Die FN, so die international übliche Abkürzung für Fédération Equestre Nationale, hat sich dafür starkgemacht, das Berufsbild des Pferdewirts zu modernisieren. "Wir wollten praxisnäher werden und die Realität in den Betrieben abbilden", erklärt FN-Ausbildungsreferent Markus Scharmann.

In den vergangenen 40 Jahren hat sich die Zahl der Pferde in Deutschland nach FN-Angaben etwa vervierfacht. Drei bis vier Tiere ergeben einen Arbeitsplatz. Dabei geht es vor allem um die Ausbildung von Pferd und Reiter: "Die Bedeutung der Pensionspferdehaltung sowie der Reitausbildung hat enorm zugenommen", sagt Diplomtrainer Scharmann. Dem trage die modernisierte Ausbildung nun Rechnung. So wurde der erste Ausbildungsschwerpunkt von Denise in die neuen Fachrichtungen "Pferdehaltung und Service" und "Pferdezucht" aufgeteilt. Der zweite Schwerpunkt der jungen Pferdewirtin heißt jetzt "Klassische Reitausbildung".

Dass die klassische Reitlehre Eingang in den neuen Ausbildungsberuf gefunden hat, freut Gerd Heuschmann. Der Tierarzt aus Dülmen im Kreis Coesfeld setzt sich dafür ein, dass im Reitsport wieder mehr Ästhetik und Kunst statt Handwerk und Mechanisierung im Vordergrund stehen. Wie man ein Pferd führt, füttert und fördert, könne jeder Azubi lernen. "Das ist Handwerk. Aber um ein guter Reitlehrer zu werden, braucht es mehr: gute Pädagogik und Gefühl."

Die Fachrichtung Reitausbildung ist besonders beliebt. Auch wenn der Beruf formal für alle Anwärter offen ist, sind es in der Regel erfahrene Reiter, die sich dafür entscheiden. Genauer sind es meist Reiterinnen, die sich für die Traumbranche vieler kleiner Mädchen entscheiden: Von den gut 700 Azubis, die sich nach drei Lehrjahren zur Prüfung melden, sind gerade mal 150 männlich.

Bewerber müssen sich einsatzbereit und zuverlässig zeigen: "Die Tiere machen nicht um 16 Uhr Feierabend, sie wollen auch am Wochenende und Feiertags versorgt werden", erklärt Scharmann. Der Pferdewirtschaftsmeister spricht von einer Berufung: "Das ist kein Hobby, sondern Knochenarbeit und setzt eine strategische Karriereplanung voraus."

Die angehenden Pferdewirte müssten sich früh überlegen, ob sie angestellt bleiben oder später in die Selbstständigkeit wechseln wollen?