Ökoanbieter Lichtblick liefert auch Atomstrom
Hamburg/dpa. - Der Ökostrom-Anbieter Lichtblick liefert entgegen der eigenen Werbung auch Atom- und Kohlestrom an seine Kunden. Das hat das Unternehmen laut einem Medienbericht eingeräumt. Verbraucher können wegen dieser Praxis jedoch kein Geld zurückfordern.
Das Unternehmen hat nach Informationen der «Financial Times» Strom am Spotmarkt an der Leipziger Strombörse European Energy Exchange (EEX) eingekauft. Laut Lichtblick sei dies nötig, da es bei der Versorgung «Abweichungen zwischen Kurzfristprognose und zum Teil langfristig im Voraus vertraglich gesicherten regenerativen Strommengen» gebe. An der EEX wird vor allem konventioneller Strom etwa aus Atom- und Kohlekraftwerken gehandelt. Lichtblick wirbt jedoch damit, man verzichte «vollständig auf Strom aus Atom-, Kohle- und Ölkraftwerken».
Der «FTD» zufolge hat Lichtblick im Dezember 2006 und von Oktober 2007 an zeitweise knapp 4000 Megawattstunden täglich von der EEX bezogen. Insider bezifferten die eingekaufte Menge im Jahr 2007 auf rund 20 Gigawattstunden, schreibt die Zeitung. Dies entspreche rund zwei Prozent der Strommenge, die das Hamburger Unternehmen an seine Kunden abgab. Anfang 2008 habe Lichtblick weiterhin an der EEX eingekauft. Der Versorger machte dies öffentlich nicht bekannt. Auch die konkreten Mengen wollte Lichtblick nicht bestätigen.
Wer sich von seinem Ökostrom-Lieferanten getäuscht fühlt, weil dieser auch Atomstrom eingekauft hat, hat als Kunde keine Ansprüche. «Das ist so wie bei irreführender Werbung: Verbraucherschützer und Wettbewerber können für die Zukunft Unterlassung fordern und abmahnen. Ein solcher Fall löst aber keine individuellen Ansprüche von Kunden aus», sagte Günter Hörmann von der Verbraucherzentrale Hamburg. Sie können also zum Beispiel nicht ihr Geld zurückfordern. Der Anbieterwechsel zu den üblichen Bedingungen sei für enttäuschte Kunden aber möglich.
Auch der Bund der Energieverbraucher sieht in dem Fall schlechte Karten in den Händen der Verbraucher. Ansprüche entstünden nicht, da kein materieller Schaden vorliegt. «Das wäre nur ein ideeller Schaden», sagt Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher im rheinland-pfälzischen Unkel. Er macht anlässlich des Falls auf einen grundsätzlichen Zusammenhang aufmerksam: «Ich würde auch als Ökostromkunde nicht erwarten, dass ich zu 100 Prozent mit Ökostrom beliefert werde.» Denn es sei nicht so, dass Ökostrom-Bezieher aus ihrer Dose nur Energie aus regenerativen Quellen bezögen - es gebe keine verschiedenen Leitungen für Öko- oder Atomstrom.
«Alle Stromkunden in Deutschland beziehen den Strom, den alle Kraftwerke in Deutschland produzieren. Die Erwartung, die Ökostrom-Bezieher haben dürfen, ist lediglich die, dass ihr Geld zum Teil in neue Ökostrom-Projekte gesteckt wird», sagt Peters.
Website des Anbieters mit Stellungnahme zu den Vorwürfen: www.lichtblick.de