Neuerungen 2010 Neuerungen 2010: Viele haben mehr Geld
Halle/MZ. - Das neue Jahr bringt für die Bundesbürger wieder eine Reihe von Veränderungen. Die MZ gibt einen Überblick:
SOZIALVERSICHERUNG: Besserverdiener werden monatlich etwa 18 Euro mehr an Sozialabgaben zahlen müssen. Das bringt die zum Jahreswechsel übliche Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen mit sich. Sie folgen der Entwicklung der Einkommen. In der Renten- und Arbeitslosenversicherung steigt die Beitragsbemessungsgrenze um jeweils 100 Euro auf monatlich 4 650 Euro im Osten. In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung wird die Grenze einheitlich um 75 Euro auf 3 750 Euro nach oben verschoben. Oberhalb dieser Grenzen werden keine Sozialabgaben auf das Einkommen fällig.
KRANKENKASSEN: Die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung steigt von 48 600 Euro auf 49 950 Euro pro Jahr. Wer drei Jahre lang oberhalb dieser Schwelle verdient, kann in die private Krankenversicherung wechseln. Alle Krankenkassen können von 2010 an pleitegehen - auch Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK) und andere regionale Kassen. Bislang waren nur Kassen unter Bundesaufsicht - wie Barmer und DAK - insolvenzfähig. Bei einer Pleite haften die anderen Kassen der jeweiligen Kassenart.
PFLEGE: Die finanziellen Leistungen der Pflegeversicherung steigen. Pflegehilfe: Pflegestufe 1 von 420 auf 440 Euro, Stufe 2 von 980 auf 1040 Euro, Stufe 3 von 1 470 auf 1 510 Euro. Pflegegeld: Stufe 1 von 215 auf 225, Stufe 2 von 420 auf 430, Stufe 3 von 675 auf 685 Euro. Vollstationäre Versorgung: Stufe 3 von 1 470 auf 1 510 Euro, Härtefälle von 1 750 auf 1 825 Euro. Kurzzeitpflege: 1 470 auf 1 510 Euro.
BESTEUERUNG: Die bei Ehegatten wegen hoher Abschläge unbeliebte Steuerklasse V wird entschärft. Von 2010 gilt für Doppelverdiener-Ehepaare ein freiwilliges "Faktorverfahren". Konkret sollen Ehepaare mit unterschiedlich hohem Einkommen nicht nur die Kombination der Steuerklassen III und V wählen, sondern - optional - gemeinsam nach Steuerklasse IV mit Faktor besteuert werden können. Dabei wird der Steuervorteil des Ehegattensplittings bei beiden Eheleuten schon bei der monatlichen Lohnauszahlung und nicht erst später beim Steuerjahresausgleich berücksichtigt. Damit soll sichergestellt werden, dass geringer verdienende Ehegatten nicht mehr so hoch belastet werden wie in der Steuerklasse V.
ABSETZBARKEIT: Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung können in größerem Umfang als bisher steuerlich abgesetzt werden. Arbeitnehmer werden damit um rund 9,5 Milliarden Euro pro Jahr entlastet. Der Steuerbonus fällt für Geringverdiener sogar großzügiger aus als zunächst geplant. So sind Beiträge für die Arbeitslosen-, Haftpflicht-, Unfall- und Berufsunfähigkeits-Versicherung auch künftig absetzbar - aber nur, wenn die künftigen Höchstbeträge für Vorsorgeaufwendungen durch die Kranken- und Pflegekassenbeiträge noch nicht ausgeschöpft sind. Die Höchstgrenzen betragen 1 900 Euro (für Arbeitnehmer und Beihilfeberechtigte) und 2 800 Euro (für Steuerpflichtige, die ihre Krankenversicherung allein tragen). Darüber hinaus können mindestens die tatsächlich geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung angesetzt werden.
GRUNDFREIBETRAG: Der steuerliche Grundfreibetrag steigt zum Januar von jährlich 7 834 Euro auf 8 004 Euro für Alleinstehende. Wer unter diesem Einkommen liegt, muss keine Steuern zahlen. Der erste Steuersatz für Ledige mit 14 Prozent beginnt also bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen ab 8 005 Euro.
Eine gewisse Steuerentlastung gibt es auch, weil alle Eckwerte in der Tarifkurve nochmals nach rechts verschoben werden. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent etwa greift dann also erst ab 52 882 Euro und nicht - wie zuletzt - bereits ab 52 552 Euro.
KINDERGELD: Pro Kind gibt es 20 Euro Kindergeld monatlich mehr: für die ersten beiden 184 Euro, für das dritte 190 Euro und für jedes weitere 215 Euro. Dabei dürfen Kinder in Ausbildung bis zum 25. Lebensjahr 8 004 Euro selbst verdienen, ohne dass dadurch der Kindergeldanspruch berührt wird.
Der Kinderfreibetrag steigt von 6 024 auf 7 008 Euro. Damit geht eine monatliche Steuerentlastung von bis zu 38,92 Euro pro Kind einher, die also fast doppelt so hoch ist wie die Kindergelderhöhung. Profitieren können hiervon nur Gutverdiener. Die Finanzämter rechnen automatisch aus, ob Kindergeld oder Kinderfreibetrag günstiger für einzelne Familien kommt.
MEHRWERTSTEUER: Zum 1. Januar gilt für Übernachtungen im Hotel- und Gaststättengewerbe der reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent.
UNTERNEHMENSSTEUER: Elemente der Unternehmenssteuerreform von 2008 werden korrigiert. Zum Beispiel wird die "Zinsschranke" - der Aufwand für Zinsen bei der Berechnung der Steuerlast - gelockert. Sanierungsübernahmen werden erleichtert.
ERBSCHAFT: Erbschaften an Geschwister, Neffen, Nichten, Tanten und Onkel werden geringer besteuert. Oberhalb des Freibetrags von 20 000 Euro und bis zu 75 000 Euro sinkt der Steuersatz von 30 auf 15 Prozent, zwischen 75 000 und 300 000 Euro von 30 auf 20 Prozent und für größere Erbschaften von 50 auf 43 Prozent. Die gleichen Sätze gelten für Schenkungen.
Schenkungen vor dem Tod des Erblassers wirken nicht mehr so stark erbmindernd. Bisher wurden Schenkungen, die der Erblasser in den zehn Jahren vor seinem Tod gewährte, voll auf den Erbanteil des Erbnehmers angerechnet. Dies gilt nun nur noch für Schenkungen im letzten Lebensjahr. Schenkungen zwei Jahre vor dem Tod werden zu 90 Prozent angerechnet, aus dem dritten Jahr zu 80 Prozent und so weiter.
Pflegende Kinder, Enkel und Urenkel werden bei Erbschaften begünstigt. Sie erhalten künftig zehn Prozent des Erbes zusätzlich, auch wenn sie hierfür nicht ihre Berufstätigkeit aufgaben oder Pflegezeit nahmen, was bisher Voraussetzung war. Beispiel: Die Tochter pflegt ihre Mutter, nach deren Tod die Tochter zehn Prozent des Erbwertes von 100 000 Euro, also 10 000 Euro, erhält. Die Übrigen 90 000 Euro teilt sie sich mit ihrem einzigen Bruder: Jeder bekommt 45 000 Euro. Unterm Strich bleiben der Pflegenden 55 000 Euro.
Für Firmenerben wird die Jobauflage zur Steuerbefreiung gelockert.
EINKOMMENSNACHWEIS: Die alte Steuerkarte verschwindet. Mit dem elektronischen Entgeltnachweis ("Elena") will die Bundesregierung lästigen Papierkram für Wirtschaft und Verbraucher abschaffen. Rund 3,2 Millionen Arbeitgeber erstellen jährlich etwa rund 60 Millionen Bescheinigungen über Einkommen und Beschäftigung ihrer Mitarbeiter. Diese werden bisher ausgedruckt und von Ämtern zur Bewilligung von Sozialleistungen später wieder per Hand eingegeben. Elena startet zwar erst 2012. Die Arbeitgeber müssen aber bereits vom 1. Januar 2010 an monatlich Daten an eine zentrale Speicherstelle senden.
BLEIBERECHT: Das Bleiberecht für Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis auf Probe wird zum 1. Januar um zwei Jahre bis Ende 2011 verlängert. Ohne diesen Beschluss der Innenminister von Bund und Ländern hätte Anfang 2010 etwa 30 000 Flüchtlingen der Rückfall in die Duldung und damit möglicherweise eine Abschiebung gedroht.
KURZARBEITER: Kurzarbeitergeld wird bei Neuanträgen bis zu 18 Monaten bewilligt. Die Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge durch die Bundesanstalt für Arbeit läuft aber am 31. Dezember 2010 aus.
AUTO: Für eine bestandene Abgasuntersuchung am Fahrzeug gibt es ab dem Jahreswechsel keine sogenannte AU-Plakette mehr. Der sechseckige Sticker wird beim nächsten Prüftermin entfernt und entfällt ersatzlos. Hintergrund ist, dass die Abgasuntersuchung künftig immer Bestandteil der Hauptuntersuchung (HU) ist. Die HU-Plakette am hinteren Kennzeichen des Fahrzeuges signalisiert dann, dass sowohl die Haupt- als auch die Abgasuntersuchung bestanden wurde. MZ / DPA