Neue Anwaltsgebühren Neue Anwaltsgebühren: Honorare und Gerichtskosten sind im Juli angestiegen

Berlin/dpa. - Den Gang vor den Kadi sollte man sich künftig noch besser überlegen: Am 1. Juli werden die Rechtsanwaltsgebühren erhöht. Und auch die Gerichtskosten steigen zu diesem Zeitpunkt. Werfür den Fall der Fälle vorsorgen möchte, kann eine Rechtsschutzversicherung abschließen. Zwar werden auch hier diePrämien ansteigen - allerdings erst mit einiger Verzögerung.
Möglich werden die neuen Rechtsanwaltsgebühren durch dasKostenrechtsmodernisierungsgesetz, dem der Bundesrat am 12. Märzzugestimmt hat. Damit kann das Gesetz Anfang Juli in Kraft treten. Es sieht eine umfassende Reform der Rechtsanwaltsvergütung vor. Wiestark die Erhöhung der Gebühren im Schnitt ausfällt, darüber streiten sich die Experten noch: Das Bundesjustizministerium geht von einerdurchschnittlichen Anhebung um 14 Prozent aus. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin rechnet mit einerErhöhung um 21 Prozent.
Dabei fallen die Erhöhungen unterschiedlich aus: «Teurer wird vor allem die außergerichtliche Einigung», erklärt Johannes Plott, Redakteur der in Berlin von der Stiftung Warentest herausgegebenen Zeitschrift «Finanztest». Die Bundesregierung wollte damit diese Formder Konfliktlösung fördern, weil sie so für Anwälte finanziellinteressanter wird. Diesen Ansatz begrüßt Helga Heidemann-Polser vomVerbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in Berlin: «Insgesamtscheint die Reform maßvoll zu sein», sagt die Juristin.
Auch Swen Walentowski, Sprecher des Deutschen Anwaltvereins (DAV) in Berlin ist mit dem neuen Gesetz zufrieden. Immerhin handele es sich um die erste Erhöhung seit zehn Jahren. «Die Löhne der Kanzleimitarbeiter, Mieten und sonstigen Kosten sind in den vergangenen Jahren ja auch angestiegen.»
Die Stiftung Warentest hat die Kostenerhöhung für einen Modellfall berechnet: Das eigene Auto ist von einem anderen Verkehrsteilnehmer bei einem Unfall beschädigt worden. Die Reparaturkosten betragen 2500 Euro. Will man diese Summe vor dem Amtsgericht einklagen und sic dabei von einem Anwalt vertreten lassen, musste man bisher derRechnung zufolge insgesamt 662,92 Euro an den Advokaten bezahlen. Nach dem 1. Juli kostet der gleiche Prozess demnach 877,70 Euro. In diesem Fall also eine satte Erhöhung um knapp ein Drittel.
Löst man den Verkehrsrechtsstreit außergerichtlich mit Hilfe eines Anwaltes, muss man nach altem Recht 163,72 Euro bezahlen. Nach dem 1. Juli darf der Rechtsanwalt für die gleiche Leistung 265,99 Euro nehmen - ein Anstieg um immerhin 65 Prozent. Trotzdem bleibt dieaußergerichtliche Einigung weit billiger als der Gang vor Gericht.
Von Mitte 2006 an sind Anwälte und Mandanten bei deraußergerichtlichen Vertretung gar nicht mehr an die Gebührenordnung gebunden. Dann können sie das Anwaltshonorar für diesen Bereich freiaushandeln. Verbraucherschützerin Heidemann-Polser empfiehlt, dieseMöglichkeit zu nutzen: «Da sollte man verstärkt verhandeln und sichauch bei der Konkurrenz umsehen.»
Nicht nur die Vergütung für Rechtsanwälte ändert sich: Auch dieGerichtskosten wurden teilweise neu festgesetzt: Legt der geschädigteAutofahrer in dem Beispiel-Fall Berufung beim Landgericht ein, muss er von Juli an nur noch 324 Euro an die Staatskasse zahlen, bislang sind es 364,50 Euro. Mehr Geld sollen künftig ehrenamtliche Richter und Schöffen sowie Zeugen für ihr Engagement bekommen.
Wer sich vor hohen Gebühren durch Gerichte und Anwälte schützenmöchte, kann eine Rechtsschutzversicherung abschließen. Allerdingsist eine solche Police Verbraucherschützern zufolge für die meistenMenschen verzichtbar. «Die Rechtsschutzversicherung ist eine derweniger wichtigen Versicherungen», sagt Frank Braun, Geschäftsführerdes Bundes der Versicherten in Henstedt-Ulzburg (Schleswig-Holstein).
Ein Rechtsstreit trete nicht wie andere Versicherungsfälleunvorhergesehen ein, so Braun: «In der Regel entscheidet man selbst,ob man sich streiten will oder nicht.» Eine Geldstrafe oder eineZahlung, zu der man im Straf- oder Zivilprozess verurteilt wird,übernehme die Rechtsschutzversicherung ohnehin nicht. In vielenBereichen - etwa bei Bauvorhaben, in Steuersachen oder vorVerfassungsgerichten - zahlen die Versicherungen ebenfalls nicht.
«Es ist zu erwarten, dass die Rechtsschutzversicherung teurerwird», sagt GDV-Sprecher Stephan Schweda. Mit einer Prämienanpassungsei allerdings noch nicht zum 1. Juli, sondern frühestens im Jahr2006 zu rechnen. Dies hängt laut Schweda mit dem komplizierten undlangwierigen Verfahren bei der Beitragsanpassung zusammen.
Teurer wird es künftig für Angeklagte im Strafverfahren. Siemüssen mehr an ihren Verteidiger bezahlen. Bei der Vertretung inBußgeldverfahren hingegen wird es für den Mandanten günstiger. Undauch scheidungswillige Paare, die sich im gegenseitigen Einvernehmentrennen, können sich freuen: Sie müssen nach dem neuen Gesetz einengeringeren Gebührensatz an ihre Anwälte zahlen.