MZ-Leserforum Nach dem Schlaganfall: Der Weg zurück ins Leben
Ein Schlaganfall ist ein gravierendes Ereignis. Danach ist oftmals Geduld nötig, um die Folgen zu meistern. Was können Rehas dabei bewirken und welche Ansprüche auf ambulante Versorgung gibt es? Experten geben am Telefon Antworten.

Menschen, die einen Schlaganfall erleiden, werden zunächst in der Akutklinik versorgt, bevor sie eine mindestens dreiwöchige Reha beginnen. Wenn sie nach Hause zurückkehren, stehen sie vor der großen Herausforderung, ihr Leben neu zu organisieren.
Je nach Schwere des Schlaganfalls gehört dazu neben der weiterführenden medizinischen Behandlung auch die Sicherstellung der finanziellen Versorgung oder die Organisation einer pflegerischen Betreuung. Wie es nach einem Schlaganfall weitergeht, dazu haben Experten der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe am MZ-Lesertelefon informiert.
Mein Mann ist noch in der Reha – was müssen wir organisieren, bevor er nach Hause kommt?
Wichtig ist, schnell einen Termin beim Hausarzt zu machen. Sind weitere Therapien oder Hilfsmittel notwendig, sollten Sie schon jetzt Kontakt zu einer Praxis oder einem Sanitätshaus aufnehmen. Bei Wohnraumanpassungen helfen die kostenlosen Wohnberatungsstellen der Kommunen oder Kreise. Besprechen Sie all diese Fragen mit dem Sozialdienst in der Klinik.
Übernimmt mein Hausarzt die Nachsorge nach einem Schlaganfall oder soll ich mich an Fachärzte wenden?
In der Regel sollte die Hausarztpraxis die weitere Versorgung übernehmen. Ist die Schlaganfall-Ursache noch nicht gefunden oder bestehen weiterhin neurologische Defizite, sollten Kardiologen oder Neurologen hinzugezogen werden.
Mein Vater wird in Kürze seine Reha nach einem Schlaganfall beenden. Wie finden wir jetzt die richtigen Therapeuten für ihn?
Voraussetzung sollte sein, dass die Praxis Erfahrung in der Behandlung neurologischer Patienten hat. Für die Rehabilitation des Ganges sollte sie über ein Laufband verfügen. Gerätegestützte Therapie ist kein Muss, hilft aber auch in der Armrehabilitation. Ganz wichtig: Die Chemie zwischen Arzt und Patienten sollte stimmen. Schauen Sie sich die Praxis vorher an.
Meine Frau hatte vor zwei Jahren einen Schlaganfall. Mittlerweile macht sie kaum noch Fortschritte. Wie bekommt sie eine weitere stationäre Reha?
Eine stationäre Reha wird auf Antrag beim Sozialleistungsträger bewilligt, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Erstens: Die Rehafähigkeit – der Patient kann die Rehamaßnahme durchführen. Zweitens: Die Rehaprognose – das beabsichtigte Rehaziel wird in einem bestimmten Zeitraum erwartet. Dabei reicht die Erwartung, das Ziel muss nicht zwingend erreicht werden.
Drittens muss die medizinische Notwendigkeit bestehen. Das heißt: Ambulante Maßnahmen reichen nicht aus, um das mit stationärer Reha verfolgte Ziel zu erreichen. Ein Arztbericht zum Antrag, der dies bestätigt, ist sinnvoll.
Es bleibt dabei, dass die Basistherapie aus Physio- und Ergotherapie unersetzlich ist.
Meine Hausärztin sagt, ich sollte mich mehr bewegen. Gibt es spezielle Angebote für Schlaganfall-Patienten?
Grundsätzlich sollten Sie unabhängig von Angeboten darauf achten, sich ausreichend zu bewegen. Da können tägliche Spaziergänge schon ein guter Anfang sein. Für Schlaganfall-Patienten gibt es zusätzlich in vielen Regionen spezielle Rehasport-Gruppen. Rehasport wird vom Arzt verordnet und die Krankenkassen übernehmen nach vorheriger Genehmigung die Kosten.
Nach Angeboten können Sie sich beim Deutschen Behindertensportverband oder bei den jeweiligen Landessportverbänden der Bundesländer erkundigen. Einen Überblick über Anbieter von Rehasport im Land gibt es unter anderem auf der Homepage des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbands Sachsen-Anhalt unter www.bssa.de.
Vor zwei Wochen bin ich aus der Reha gekommen. Wo kann ich mich über Möglichkeiten der Unterstützung beraten lassen?
Medizinische oder therapeutische Fragen sollten Sie mit ihren Behandlern besprechen. Mit rechtlichen oder organisatorischen Fragen können Sie sich an Ihre Kranken- beziehungsweise Pflegeversicherung oder einen der Pflegestützpunkte oder Pflegeberatungsstellen Ihres Wohnortes wenden.
Auch die Deutsche Schlaganfall-Hilfe unterstützt Sie sehr gerne. Vielen hilft der Besuch einer Selbsthilfegruppe – dort erhalten Betroffene wichtige Tipps. Informationen und Adressen finden Sie auf der Website der Stiftung unter www.schlaganfall-hilfe.de.
Manche Praxen oder Therapiezentren bieten sogenannte Intensivtherapien an. Was ist davon zu halten?
Studien haben erwiesen, dass Patienten mit einer hohen Therapiedichte auch längere Zeit nach dem Schlaganfall noch Fortschritte machen können. Allerdings übernehmen die Krankenkassen in der Regel nicht die Kosten dieser Intensivtherapien. Sprechen Sie mit der Praxis darüber, welche Möglichkeiten es gibt.
Vor sechs Monaten hatte ich einen Schlaganfall und bekomme jetzt zweimal pro Woche ambulante Ergotherapie. Habe ich die Möglichkeit, häufiger Therapien zu erhalten?
Ergotherapie erfolgt abhängig vom jeweiligen Einzelfall auf ärztliche Verordnung, also immer nach dem individuellen Krankheitsbild und soweit der konkrete Bedarf nach Therapieform, Frequenz und Menge aus medizinischer Sicht sinnvoll und notwendig ist. Der Heilmittelkatalog gibt pro jeweiliger Ergotherapieform die orientierende Behandlungsmenge, Frequenz und Höchstverordnungsmenge pro Verordnungsfall vor.
Was genau ist die Aufgabe von Schlaganfall-Lotsen?
Schlagfanfall-Lotsen beraten und begleiten Betroffene und ihre Angehörigen durch das erste Jahr nach ihrem Schlaganfall, bis diese in der Lage sind, ihre weitere Versorgung selbst zu organisieren. Sie achten darauf, dass Patienten in allen Lebensbereichen gut versorgt sind, vermitteln notwendige Hilfen und unterstützen bei der Prävention eines wiederholten Schlaganfalls.
Gibt es ein Schlaganfall-Lotsen-Projekt in meiner Nähe?
Noch gibt es Lotsen nur in einzelnen Modellregionen. Informationen dazu findet man auf der Website der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe.
Wer kann Unterstützung leisten, wenn kein Schlaganfall-Lotse verfügbar ist?
Wo es keine Lotsen gibt, würde ich Patienten empfehlen, sich an den Pflegestützpunkt beziehungsweise die Pflegeberatungsstelle ihres Wohnortes zu wenden. Auch ehrenamtliche Schlaganfall-Helfer oder Selbsthilfegruppen geben wertvolle Tipps. Allgemeine Beratung erhält man in den Partnerbüros der Schlaganfall-Hilfe.
Mein LDL-Cholesterin ist zu hoch, mein Arzt will mir deshalb Medikamente verschreiben. Gibt es keine andere Möglichkeit?
Ein gesunder Lebensstil ist immer die Basis der Behandlung von erhöhtem Cholesterin. Sie sollten auf eine gefäßgesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung achten. Bei genetisch bedingtem erhöhte LDL-Wert kann es notwendig sein, zusätzlich Cholesterinsenker einzunehmen, weil der Lebensstil allein nicht zu einer ausreichenden Senkung des Cholesterinspiegels führt.
Nach meinem Schlaganfall wurde bei mir ein Vorhofflimmern im Herzen festgestellt. Heißt das wirklich, dass ich lebenslang Medikamente einnehmen muss?
Es gibt weitere Behandlungsmöglichkeiten wie etwa die sogenannte Katheterablation oder eine Operation. Ob diese Optionen infrage kommen, muss in einer Facharztpraxis für Kardiologie geklärt werden. Üblicherweise kommt man allerdings nicht um eine Dauermedikation herum, um einen weiteren Schlaganfall zu verhindern. Doch es gibt inzwischen gut verträgliche Medikamente.
Trotz häufiger Physiotherapie werden die Verkrampfungen meines Armes immer schlimmer. Was kann ich tun?
Es bleibt dabei, dass die Basistherapie aus Physio- und Ergotherapie unersetzlich ist. Möglicherweise kommt für Sie eine erneute Rehabilitation infrage. Zusätzlich kann eine Versorgung mit Hilfsmitteln wie einer Orthese erfolgen. Auch die medikamentöse Behandlung, zum Beispiel die lokale Anwendung von Botulinumtoxin, sollte geprüft werden. Meist lassen sich mit einem multimodalen Therapiekonzept noch signifikante Erfolge erzielen.
Cannabis soll jetzt legalisiert werden. Ich habe gelesen, es helfe auch bei Spastik. Stimmt das?
Für eine pauschale Beantwortung der Frage ist die Studienlage aktuell noch nicht ausreichend. Die Therapie mit Cannabinoiden ist ein spannender Ansatz und muss weiter geprüft werden. Generell sollte man immer neuen Therapieoptionen gegenüber offen sein, jedoch muss für eine Empfehlung auch die Evidenz ausreichend sein.
Anika Würz notierte die Fragen und Antworten.