MZ-Leserforum MZ-Leserforum: Blind im Berufsleben

Halle(Saale)/MZ - Angelika N., Weißenfels: Welche Kriterien gibt es eigentlich dafür, dass ein Mensch als blind oder sehbehindert bezeichnet wird?
Antwort: Ein Mensch ist sehbehindert, wenn er auf dem besser sehenden Auge selbst mit Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr als 30 Prozent von dem sieht, was ein Mensch mit normaler Sehkraft erkennt (Sehrest ≤ 30 Prozent). Ein Mensch ist hochgradig sehbehindert, wenn er auf dem besser sehenden Auge selbst mit Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr als 5 Prozent von dem sieht, was ein Mensch mit normaler Sehkraft erkennt (Sehrest ≤ 5 Prozent). Und blind ist ein Mensch, wenn ihm das Augenlicht vollständig fehlt oder er auf dem besser sehenden Auge mit Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr als 2 Prozent von dem sieht, was ein Mensch mit normaler Sehkraft erkennt (Sehrest ≤ 2 Prozent).
Paul K., Halle: Mein Bekannter hat gesagt, er könne weniger als fünf Prozent sehen. Was muss ich mir darunter vorstellen?
Antwort: Das kann bedeuten, dass Ihr Bekannter einen Gegenstand erst aus fünf Metern Entfernung erkennt, den ein normal sehender Mensch bereits aus 100 Metern Abstand erkennt. Ein Sehrest von weniger als fünf Prozent kann aber auch bedeuten, dass ein Mensch wie durch einen Tunnel nur ein auf 5 Grad eingeschränktes Gesichtsfeld sieht.
Siglinde F., Zeitz: Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, um das Merkzeichen „Bl“ im Schwerbehindertenausweis zu bekommen?
Antwort: Der Anspruch auf die Zuerkennung des Merkzeichens „Bl“ besteht, wenn ein Mensch auf dem besser sehenden Auge mit Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr als 2 Prozent von dem sieht, was ein Mensch mit normaler Sehkraft erkennt oder wenn ihm das Augenlicht vollständig fehlt. In aller Regel sind die Betroffenen in ihrem Sehvermögen so eingeschränkt, dass sie sich in vertrautem Umfeld nicht ohne fremde Hilfe zurechtfinden können.
Brigitte K., Merseburg: Welche Vorteile bringt das Merkzeichen „Bl“?
Antwort: Zu den Nachteilsausgleichen gehören die Befreiung von der Kfz-Steuer und erhöhte Einkommensteuer-Pauschbeträge. Des Weiteren ist man mit dem Merkzeichen „Bl“ von der Rundfunkgebührenpflicht befreit, man hat Parkerleichterungen, genießt Portofreiheit bei Blindensendungen, kann Platzreservierungen und eine unentgeltliche Beförderung erreichen, die im Fernverkehr eine Begleitperson beziehungsweise einen Blindenhund einschließt.
Karla P., Freyburg: Wie hoch ist derzeit das Blindengeld in Sachsen-Anhalt?
Antwort: Das Blindengeld in Sachsen-Anhalt beträgt momentan 350 Euro monatlich, für Minderjährige 250 Euro. Allerdings plant die Landesregierung zurzeit Kürzungen. Voraussetzung ist, dass einem Menschen das Augenlicht vollständig fehlt oder er auf dem besser sehenden Auge mit Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr als 2 Prozent von dem sieht, was ein Mensch mit normaler Sehkraft erkennt. Wird ein Mensch als hochgradig sehbehindert eingestuft, kann er Sehbehindertengeld erhalten, das liegt in Sachsen-Anhalt bei 41 Euro.
Paul W., Saalekreis: Ich bin regelmäßig beim Augenarzt, weil meine Augen immer schlimmer werden. Von dem Blindengeld habe ich jetzt erst von Bekannten erfahren. Mein Arzt sagte mir davon nichts. Wie und wo kann ich das Geld beantragen?
Antwort: Das Blindengeld beantragen Sie beim Landesverwaltungsamt. Es ist dasselbe Formular wie das für den Schwerbehindertenausweis. Bei dem Antrag müssen Sie lediglich Ihren Augenarzt angeben. Das Landesverwaltungsamt holt sich dann die Befunde zu Ihrer Sehschärfe und Ihrem Gesichtsfeld ein, diese sollten nicht älter als drei Monate sein. Im Anschluss wird Ihr Anspruch auf Sehbehinderten- oder Blindengeld geprüft. Die Formulare finden Sie im Internet unter www.landesverwaltungsamt.sachsen-anhalt.de, Sie können sich diese auch zuschicken lassen, die Adresse lautet: Landesverwaltungsamt, Ernst-Kamieth-Straße 2 in 06112 Halle, Telefon 0345/5140.
Klaus K., Merseburg: Ich bin nicht blind, sondern als hochgradig sehbehindert eingestuft. Habe ich damit Anspruch auf das Blindengeld?
Antwort: Sie sollten Ihren Anspruch auf Sehbehindertengeld prüfen lassen. Das beträgt im Monat 41 Euro. Stellen Sie dafür einen Antrag auf Blindengeld beim Landesverwaltungsamt.
Christa D., Halle: Wofür erhalten Blinde das Blindengeld?
Antwort: Blinde erhalten zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen Blindengeld. Das Einkommen und das vorhandene Vermögen spielen dabei keine Rolle. Blindengeld erhalten auch Blinde, die in einem Heim leben, allerdings nicht, wenn sie dauerhaft im Ausland leben. Die Blindheit muss dauerhaft sein. Besteht die massive Sehstörung nur vorübergehend, etwa sechs Monate lang, gibt es kein Blindengeld. Die Grundvoraussetzungen sind die gleichen wie für das Merkzeichen „Bl“ im Schwerbehindertenausweis.
Fred S., Halle: Seit kurzem bekomme ich Pflegegeld, und nun soll mein Blindengeld gekürzt werden. Ist das rechtens?
Antwort: Ja, Leistungen aus der gesetzlichen oder auch einer privaten Pflegekasse werden auf das Blindengeld angerechnet.
Helga F., Bernburg: Ich gehe gern zu Konzerten, muss aber meist einen hohen Preis bezahlen, weil ich weit vorne sitzen muss. Warum gibt es da keine Ermäßigungen?
Antwort: Weil Sie unter anderem für solche Aufwendungen Blindengeld bekommen. Der Gesetzgeber zahlt Blindengeld zum Ausgleich blindheitsbedingter Mehraufwendungen und Nachteile.
Steffi K., Halle: Meine Tochter (4) sieht schlecht und ich frage mich schon jetzt, welche Schule sie einmal besuchen sollte.
Antwort: Letztlich wird Ihr Wunsch ausschlaggebend sein, aber Sie sollten eine Frühberatung im Landesbildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte (LBZ) in Anspruch nehmen. Die bietet das LBZ in Halle, Oebisfelder Weg 2. Mit Hilfe eines sonderpädagogischen Gutachtens wird geklärt, wie sich die Sehbehinderung auf das Lernen Ihres Kindes auswirkt, welche Bedingungen für das Lernen notwendig sind und welche Fördermaßnahmen Ihr Kind benötigt. Eine Einschulung in der wohnortnahen Grundschule beziehungsweise spezielle Förderschule ist möglich.
Hannelore A., Halle: Ich habe etwas von einem schulvorbereitenden Kurs am LBZ gehört. Kommt das für meinen vierjährigen Sohn in Frage?
Antwort: Ja, der schulvorbereitende Kurs in kleinen Lerngruppen richtet sich an blinde und sehbehinderte Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren und findet einmal in der Woche im LBZ statt. Gefördert werden dabei visuelle Wahrnehmung und Konzentration, es werden feinmotorische Fertigkeiten geschult sowie Schreib- und Leselernprozesse vorbereitet. Ferner gibt es eine Bewegungstherapie.
Ursula R., Halle: Beteiligt sich die Krankenkasse an Hilfen für Sehbehinderte im Alltag?
Antwort: Im Einzelfall sollten Sie Ihre Kasse befragen. In aller Regel müssen Sie für ein Farberkennungsgerät, eine Geldscheinschablone oder dergleichen selbst mit Ihrem Blindengeld aufkommen. Einen Langstock beispielsweise übernehmen meistens aber die Krankenkassen.
Eva D., Aschersleben: Gibt es heute noch die Blindenerholungsheime?
Antwort: Es gibt Hotels und Pensionen, die sich besonders auf die Bedürfnisse von Sehbehinderten eingestellt haben. Sie tragen meistens den Begriff „Aura“ im Namen.
Olaf D., Bitterfeld: Ich bin blind und habe bereits eine Umschulung im Berufsförderungswerk Halle absolviert. Wie kann ich nun eine Arbeit in meiner Nähe finden?
Antwort: Wenn Ihre Bemühungen bisher leider erfolglos geblieben sind, wenden Sie sich bitte an das Reha- und Integrationsmanagement des Berufsförderungswerkes. Die Mitarbeiter betreuen Sie über Ihre Reha hinaus und begleiten Sie auf der Suche nach einer Einstellung. Sie treten auch mit potenziellen Arbeitgebern in Kontakt und helfen, mögliche Barrieren zu beseitigen.
Regine W., Halle: Ich bin berufstätig, merke aber, dass meine Sehbehinderung immer stärker wird und ich meine Arbeit immer schlechter ausüben kann. Mein Arbeitgeber kann mir nicht helfen. Was tun?
Antwort: Sie sollten sich an das Integrationsamt Halle beim Landesverwaltungsamt bei vorliegender Schwerbehinderung oder an Ihren Rentenversicherer wenden und einen Antrag auf die sogenannte Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben stellen. Auf Ihren Wunsch können Experten vom Berufsförderungswerk dann ihren Arbeitsplatz begutachten. Sie selbst sollten an einer sogenannten berufsbezogenen Sehhilfenerprobung teilnehmen. Am Ende wird ein Gutachten erstellt, ob und welche Hilfsmittel Sie gegebenenfalls benötigen und ob ein Weiterbildungsbedarf besteht. Entsprechend der Einschätzung können Ihnen dann Hilfsmittel bewilligt werden und Sie können eine Schulung damit direkt bei Ihnen am Arbeitsplatz erhalten.
Karsten M., Naumburg: Als Sehbehinderter habe ich einen geschützten Arbeitsplatz, habe aber das Gefühl, dass er nicht optimal ausgestattet ist. Wer kann mir helfen?
Antwort: Sie sollten sich an Ihr zuständiges Integrationsamt wenden. Das vermittelt Sie möglicherweise dann an das Berufsförderungswerk in Halle. In dem Kompetenzzentrum rund um das Sehen werden Sie ausführlich über einen ergonomischen Arbeitsplatz und über das breite Angebot an möglichen Hilfsmitteln beraten.
Elke T., Köthen: Ich bin Mitte 40 und stark seheingeschränkt. Derzeit bin ich arbeitslos, habe aber einige Jahre Berufserfahrung vorzuweisen. Ich würde sehr gerne wieder arbeiten. Wo kann ich mich hinwenden?
Antwort: Das Berufsförderungswerk Halle, das für ganz Ostdeutschland zuständig ist, bietet sogenannte Anpassungs- und Integrationsmaßnahmen an. Diese richten sich vor allem an Menschen wie Sie, die nicht mehr ganz jung sind und bereits Berufserfahrung mitbringen. Die Maßnahme dauert insgesamt zehn Monate. Vorrangiges Ziel ist es, Grundfertigkeiten und die Beherrschung von Hilfsmitteln zu vermitteln, aber auch bei der Suche nach Arbeitsplätzen zu helfen. Außerdem gehört ein fünfmonatiges Praktikum dazu. Während der gesamten Zeit werden Sie vom Berufsförderungswerk betreut. Vereinbaren Sie doch einen Schnuppertag und melden Sie sich dafür bei Herrn Küchler unter Tel. 0345/1334666 an. Dann können Sie ausprobieren, ob dies etwas für Sie ist.
Fragen und Antworten notierten Kerstin Metze und Kornelia Noack.