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Mutterschutz Mutterschutz: Überstunden für Schwangere tabu

Von Nadia-Maria Chaar 15.11.2009, 21:31

Köln/Essen/dpa. - Nachtarbeit und Überstünden müssen sie nicht leisten. Um das heranwachsende Kind zu schützen, sollten die Frauen daher sobald als möglich ihren Chef von der Schwangerschaft in Kenntnis setzen. Viele warten Experten zufolge damit aber immer länger.

«Laut Gesetz sollen Frauen die Schwangerschaft mitteilen, sobald diese bekannt ist», sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeits- und Sozialrecht in Köln. Sollen heißt aber nicht müssen. «Manche Frauen warten bis kurz vor der Geburt», sagt Walter Dolff, Frauenarzt in Essen. Der stellvertretende Landesvorsitzende Nordrhein des Berufsverbands der Frauenärzte vermutet die Angst vor Repressalien als Grund für den indirekten Verzicht auf Schutzrechte.

Geregelt sind sie im Mutterschutzgesetz. Und sie gelten für alle Arbeitnehmer, auch für 400-Euro-Kräfte und Auszubildende, erläutert Oberthür, die auch Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein in Berlin ist. Frauen sollen durch die Schwangerschaft keine finanziellen Nachteile entstehen. Mutter und Kind sollen geschützt werden, dafür ist das Recht da.

So profitieren Frauen auch im Mutterschutz von Lohnerhöhungen und bekommen das 13. Monatsgehalt. Daneben regelt das Gesetz Umfang und Grenzen der Arbeit, Beschäftigungsverbote, den eigentlichen Mutterschutz und den Kündigungsschutz. Dolff rät daher, den Chef zu informieren, «sobald das Kind im Ultraschall gut und gesund zu sehen ist» - spätestens aber nach den kritischen ersten drei Monaten.

«Ist die Schwangerschaft bekannt, sind Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Überstunden verboten», erklärt Oberthür. Für die Dienstplangestaltung etwa kann es also wichtig sein, dem Chef die Nachricht zu überbringen. «Ausnahmen bestehen in den ersten vier Monaten in der Gastronomie, in der Landwirtschaft und im künstlerischen Bereich», sagt Tjark Menssen, Fachanwalt für Arbeitsrecht beim Rechtsschutz des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) in Frankfurt/Main. Um die Erholung der Arbeitnehmerin sicher zu stellen, müsse allerdings ein Ruheraum für Schwangere eingerichtet werden.

Grundsätzlich dürfen Schwangere maximal 8,5 Stunden täglich oder 90 Stunden pro Doppelwoche arbeiten. Ob eine Frau mehr arbeiten will, spielt keine Rolle: «Der Arbeitgeber ist an die Arbeitszeitbegrenzung gebunden», erläutert Oberthür. Verstöße gegen Beschäftigungsverbote könnten sogar zu Gefängnisstrafen führen.

«Nur Behörden können Ausnahmen genehmigen», fügt Menssen hinzu. Gesetzlich verboten sind schwere körperliche Arbeiten oder solche mit Krankheitserregern, Chemikalien oder Strahlen. Unzulässig ist auch, die werdende Mutter Staub und Gas, Hitze, Kälte oder Erschütterungen und Lärm auszusetzen. Fließband- oder Akkordarbeit ist tabu, und nach dem dritten Monat dürfen Frauen nicht mehr auf Beförderungsmitteln eingesetzt werden. Sie dürfen also weder Taxi fahren noch im Bus Tickets kontrollieren. Vom fünften Monat an dürfen sie nicht mehr länger als vier Stunden stehen.

«Im Extremfall darf eine Frau ihren Job nicht mehr ausüben, bekommt aber das volle Gehalt», erläutert Oberthür. In Betracht kommt aber auch eine Versetzung. Das müssen Betriebe intern regeln: Menssen schlägt etwa vor, dass die Pilotin in der Schwangerschaft statt im Flugzeug in der Zentrale eingesetzt werden kann.

«In keinem Fall darf der werdenden Mutter gekündigt werden», betont Sigrid Dörpinghaus-Phiemann, Sozialberaterin bei der Pro Familia in Wuppertal. Das gilt auch in der Probezeit. Der Kündigungsschutz gelte während der Schwangerschaft und vier Monate nach der Entbindung. «Voraussetzung für den Kündigungsschutz ist, dass die Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Kündigung besteht», erklärt Menssen. Außerdem muss der Chef allerspätestens «zwei Wochen nach der Kündigung über die Schwangerschaft informiert sein», so Oberthür.

Erfährt die Frau selbst erst später, dass sie schon während der Kündigung schwanger war, reiche es, wenn sie dies dann unverzüglich mitteilt, fügt Menssen hinzu. Befristete Verträge können allerdings auslaufen. Steht die Verlängerung an, rät Pro Familia, unter Umständen mit der Bekanntgabe der Schwangerschaft zu warten. Sechs Wochen vor dem Geburtstermin beginnt der Mutterschutz. «Dann muss gar nicht mehr gearbeitet werden», so Oberthür. Resturlaub kann vor und nach dem Mutterschutz genommen werden oder im folgenden Jahr.

Infos zum Thema Mutterschutz (Stichwort «Themenlotse», «Mutterschutz»): www.bmfsfj.de