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Mode aus Hanf - Comeback eines alten Textilstoffes

Von Petra Albers 02.08.2007, 07:47

Kleve/dpa. - Die Jeans ist nicht besonders grob, das T-Shirt kratzt nicht auf der Haut: Auf Kleidung aus Hanf setzt ein deutsch-niederländisches Projekt, das in Kleve vorgestellt worden ist.

Ob Röcke, Anzüge oder Taschen, ob Freizeitkleidung oder elegante Abendgarderobe - Hanf als Textilfaser feiert am Niederrhein ein Comeback. Landwirte im Grenzgebiet bauen den Hanf an, Bekleidungsfirmen verarbeiten ihn. «Berauschend» ist die Kleidung übrigens höchstens wegen ihres Aussehens: Der Rauschmittelgehalt des Nutzhanfs ist so gering, dass er niemanden süchtig macht. Mit höchstens 0,05 Prozent liege er deutlich unter dem erlaubten europäischen Grenzwert von 0,2 Prozent des Rauschmittels THC, sagt Marcel Toonen von der Universität Wageningen (Niederlande).

Der Niederländer hat mit seinem Team bereits vor einigen Jahren die Hanfsorte «Chamaeleon» entwickelt, die sich besonders gut für Textilien eigne. «Sie hat weichere, feinere Fasern und ist dadurch einfacher zu verarbeiten als andere Sorten», sagt Toonen. Die daraus gewebten Textilstoffe werden zurzeit allerdings noch mit Baumwolle gemischt, da für eine Kleiderproduktion aus reinem Hanf noch die technischen Voraussetzungen fehlen.

Ende April bauen die niederrheinischen Landwirte den Hanf an. Wenn die Pflanzen im August eine Höhe von drei bis vier Metern erreicht haben, werden sie mit einem umgebauten Maishäcksler geerntet. «Der Anbau ist sehr umweltfreundlich», betont Erwin Reijngoudt von der Projekt-Koordinierungsstelle BRUT. «Man braucht beim Anbau keine Pestizide und der Hanf benötigt wenig Wasser.» Nach dem Trocknen der Pflanzen werden die holzigen Teile mit einer Maschine von den Fasern getrennt. Mit einem speziellen Dampfdruckverfahren werden die Fasern dann in ihre feineren Bestandteile aufgespalten, so dass sie wie Baumwolle verarbeitet werden können.

Im Vergleich zu Baumwolle hat Hanf nach Angaben der Projektpartner eine Reihe von Vorteilen. Er nehme Feuchtigkeit besser auf, so dass man nicht so schnell schwitze. Deshalb sei Hanfkleidung besonders für leichte Sommerkollektionen, aber auch für Sport- und Berufsbekleidung gut geeignet. Außerdem verschleiße Hanfstoff nicht so schnell und sei auch bei Nässe noch drei Mal reißfester als Baumwolle. Für Menschen mit Hautallergien sei die Kleidung aus Naturtextilien gut verträglich.

Hanffasern wurden schon vor mehr als 1000 Jahren zur Herstellung von Kleidung genutzt. Im 19. Jahrhundert aber zog Baumwolle in der Verbrauchergunst am Hanf vorbei, die Entwicklung von Kunstfasern drängte ihn vollends ins Abseits.

Das seit 2005 noch bis zum Ende dieses Jahres laufende Hanf-Projekt der Euregio Rhein-Waal wird mit fast einer halben Million Euro gefördert, die Hälfte des Geldes kommt von der EU. Am 30. Juli wurde es von der Standortinitiative «Land der Ideen» ausgezeichnet, die unter Schirmherrschaft von Bundespräsident Horst Köhler zukunftsgerichtete Wirtschaftsprojekte unterstützt.

«Unser großer Wunsch ist es, die Hanfproduktion professionell auszubauen», sagt Reijngoudt. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. Die Anschaffung der nötigen Maschinen würde rund zehn Millionen Euro kosten, schätzt Rudolf Röhrl von der Klever Wirtschaftsförderungsgesellschaft. «Wir hoffen, dass wir Investoren finden.» Sollte das gelingen, könne die Massenproduktion in fünf bis acht Jahren ernsthaft starten. Für die Landwirte und die Textilindustrie würde der Hanfanbau neue Perspektiven bieten, meint Röhrl. In der Region könnten so 400 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

«Ziel ist es, 2000 Hektar Hanf anzubauen», sagt Toonen von der Uni Wageningen. «Das ergibt fünf Millionen Jeanshosen, wenn man den Hanf mit Baumwolle mischt, oder 2,5 Millionen, wenn man die Jeans aus purem Hanf herstellt.»