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Mit Wölfen heulen

Von Irena Güttel 23.04.2010, 12:48

Dörverden/dpa. - Genüsslich verschlingt der Wolf seine Beute. Unter seinem Biss brechen die Knochen des toten Kaninchens mit lautem Knacken. Die Geräusche locken einen anderen Wolf an, ein stattliches Tier mit graubraunem Pelz.

Bedrohlich knurrend entreißt er dem anderen sein Abendessen. «Das ist 'Oblomow', unser Leitrüde», sagt Frank Faß. Der 35-Jährige beobachtet die Szene auf der anderen Seite des mehr als drei Meter hohen Zauns. Erst seit wenigen Tagen lebt das Rudel, drei Rüden und eine Fähe, in dem Gehege. «Sie haben sich schon gut eingelebt», sagt Faß.

Ihr neues Zuhause liegt auf einem stillgelegten Kasernengelände mitten im Wald nahe dem niedersächsischen Dörverden. Hier soll am 28. April das «Wolfcenter» eröffnen: Auf dem 5,2 Hektar großen Areal können Besucher europäische Grauwölfe künftig in zwei Gehegen beobachten - und wenn sie Glück haben, sogar mit ihnen heulen. Zudem soll es Vorträge, Schaufütterungen und eine interaktive Dauerausstellung geben. «Dort kann man nachempfinden, wie ein Wolf hört. Bei einem Quiz kann man seine Körpersprache entschlüsseln lernen, oder man kann eine Wolfshöhle besuchen», sagt Faß.

Ein Traum wird wahr

Für den gebürtigen Ostfriesen und seine Frau Christina wird damit ein Traum Wirklichkeit. Vor fünf Jahren hatten die beiden auf einer Reise durch Kanada ein ähnliches Wolfcenter besichtigt. Davon waren der Ingenieur und die Industriekauffrau so fasziniert, dass sie selbst eines gründen wollten. «Wir haben unser Haus verkauft und unsere Jobs aufgegeben», sagt Christina Faß. «Das ist ein großer Schritt.»

Seit einigen Jahren leben in Deutschland wieder Wölfe in freier Natur, zurzeit hauptsächlich in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Aber auch andere Bundesländer bemühen sich, die scheuen Raubtiere wieder Fuß fassen zu lassen. «Der Wolf ist in Niedersachsen willkommen», heißt es zum Beispiel beim Umweltministerium in Hannover. Viele Jäger und Viehzüchter sind allerdings anderer Meinung. «Jäger sehen in dem Wolf einen Konkurrenten und würden ihn am liebsten abknallen», erläutert Faß, der selbst aus einer Jägerfamilie stammt.

Damit dies nicht passiert, feilt das Umweltministerium in Hannover gerade mit Naturschützern, Jägern und Landwirten an einem Schutzkonzept. Es soll die Bevölkerung aufklären und Viehhaltern helfen, ihre Tiere zu schützen. Um Aufklärung geht es auch Faß. «Wenn man etwas über Wölfe erzählen will, muss man sie lebend zeigen.»

Dafür nimmt er auch in Kauf, die Tiere in Gehegen halten zu müssen. «Oblomow» und seine drei Geschwister kennen es nicht anders. Sie stammen vom Institut für Haustierkunde der Universität in Kiel und sind in Gefangenschaft geboren. «Einen wilden Wolf einzusperren, das würden wir nie machen», versichert Faß. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) hält das Wolfcenter für eine gute Idee. NABU-Experte Magnus Wessel sagt: «Es bietet die Möglichkeit, mehr über Wölfe zu lernen und sie direkt zu erleben. Denn in der freien Wildbahn wird man ihnen so gut wie nicht begegnen.»

Weitere Infos zum Wolfscenter: www.wolfcenter.de

NABU-Informationen zum Wolf: dpaq.de/QjwLe